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Das Mitarbeitermagazin im Change-Prozess: Mission impossible?

26. November 2014 · von Katrin Greven · 3 Kommentare

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Leider werden immer noch zu viele Mitarbeitermedien in Deutschland als Propagandaorgan der Unternehmensführung missbraucht. Es wird zwar in der Theorie davon gesprochen, dass die Mitarbeiter „abgeholt“ und „mitgenommen“ werden müssen – ganz besonders natürlich in Veränderungssituationen. Was genau das aber heißt, wie der hehre Anspruch in die Tat umgesetzt werden kann, spielt oft nur eine untergeordnete Rolle. Vor einigen Jahren durfte ich für ein im Change Prozess aufgesetztes Mitarbeitermagazin schreiben, das mich ins Epizentrum dieses Konflikts führte.

Schöne neue Welt

„Die Fusion der Abteilungen muss viel positiver dargestellt werden“, so damals die Reaktion aus der Unternehmenskommunikation auf meinen letzten Artikel. Wieder mal zu wenig Euphorie! Die Zusammenlegung der beiden Units hatte zwar Stellen gekostet. Das aber solle bitte unter den Tisch gekehrt werden bei der neuerlichen Überarbeitung. Oder zumindest dezent „versteckt“ – zwischen all den guten Nachrichten. Es sollten bitte die kostbaren Synergien und die schöne neue Welt gefeiert werden.

Stell Dir vor es ist Change und keiner geht hin

Nicht ganz so begeistert über die Abteilungsfusion war der Mitarbeiter, mit dem ich kurz vor dem Feedback-Gespräch mit der Unternehmenskommunikation telefoniert hatte. Mein Draht zur Basis berichtete, dass er die Arbeit eines abgefundenen Kollegen zusätzlich übernehmen muss. Außerdem vermisse er ihn auch persönlich, schließlich habe man eine ganze Weile „an der selben Front gekämpft“. Schon am Sprachbild war zu erkennen, dass es offenbar klar getrennte Mannschaften gab. Zum einen die Mitarbeiter, die sich ausgeliefert fühlten und zum anderen das Management, das den Prozess schlecht oder unzureichend kommunikativ begleitete.

Kein Wunder also, dass sich Mitarbeiter nicht mehr begeistern können, wenn wieder mal eine frohe Veränderungsbotschaft durchs Unternehmen schallt. Das Gegenteil sei der Fall, meinte mein Kontakt: Die Angst, wer beim nächsten Mal den Schreibtisch räumt – bestenfalls für einen internen Umzug, wer Pech hat für immer – war mittlerweile Dauergast bei ihm und seinen Kollegen.

Dass ständig neue Change-Prozesse angestoßen wurden, machte meinen Ansprechpartner richtig ärgerlich: Drei Abteilungsumstrukturierungen habe er in den letzten fünf Jahren mitgemacht, nicht jede mit einem für ihn ersichtlichen Vorteil. Die letzte Umgestaltung habe die Prozesse in seinem Arbeitsalltag sogar erschwert. Mit Sicherheit kein Einzelfall, diese Geschichte aus meiner Berater-Vergangenheit: Als habe man noch nicht genügend verbrannte Erde hinterlassen, verlaufen viele der Change-Prozesse letztlich schlicht im Sand. Wie sollen Mitarbeiter die unbedingte Notwendigkeit von Veränderungen verstehen, mit tragen und gar vorantreiben, wenn selten eine Maßnahme sinnvoll zu Ende geführt wird?

Zwangsverschriebenes Hochgefühl

Manchmal mochte ich meinen Job nicht. Ich stellte mir dann vor, wie diese Menschen das Magazin, für das ich schrieb, aufschlagen und sich verraten fühlen. Ein Medium für Mitarbeiter, das nicht für sie da ist, sondern einzig als Sprachrohr des Managements dient. Als adaptierte Pressemeldung, die ausschließlich von Erfolgen und Gewinnen des Change spricht.

Viele der Leser sitzen noch im Tal der Tränen, ihnen ist mit einem zwangsverschriebenen Hochgefühl sicher nicht geholfen. So argumentierte ich häufig bei der Verteidigung meiner Artikel, selten mit Erfolg.

Bitte investieren Sie jetzt: Hirnschmalz in die Change-Story

Natürlich soll die Mitarbeiterzeitschrift kein Ort sein, an dem sich die Belegschaft kollektiv im Kummer suhlt. Und ja, natürlich müssen Notwendigkeiten von Change Maßnahmen und deren Zielsetzungen thematisiert werden.

Aber man kann den Jubel etwas leiser tönen lassen und ein bisschen bedachter an die Mitarbeiter herantreten. Dabei immer wichtig: Kein Bullshit-Bingo. Hier ist – wie eigentlich immer – echter Content King. Eine belastbare Storyline muss her für den Change-Prozess, von der dann in alle Kanäle abgeleitet wird. In die Architektur dieser zentralen Geschichte sollte reichlich Hirnschmalz investiert werden. Wenn sich die Argumentation überzeugend liest, fällt es den Mitarbeitern leichter, den eingeschlagenen Weg mitzugehen.

Auch wichtig: Ein gutes Mitarbeitermagazin informiert umfassend und lässt nicht negative Aspekte unter den Tisch fallen, weil diese die Argumentationskette auf dem Weg zum Heil stören. Change Kommunikation will oft glaubwürdig sein, ohne dass sie die ganze Wahrheit sagt. Mission impossible! Natürlich gibt es immer kritische Details, die Mitarbeitern und damit auch der Öffentlichkeit nicht zugänglich gemacht werden können. Wer aber alles zurückhält, jeden kritischen Einschnitt feige verschweigt, wird profillos, langweilig und letztlich auch unglaubwürdig.

Neben der Glaubwürdigkeit ist insbesondere der Aufbau eines ehrlichen, authentischen Dialogs von Bedeutung. Gute Mitarbeiterkommunikation lässt beide Seiten zu Wort kommen. So ist ein Mitarbeitermagazin weder einseitiges Verlautbarungsorgan der Geschäftsführung, noch Kummerkasten der Mitarbeiter.

Operation gelungen, Patient tot?

Was zu guter Letzt über die Maßen hilfreich ist: Wenn ein Change-Prozess ausnahmsweise mal zu Ende gebracht wird. Nur so kann ein Unternehmen letztlich das verbrannte Vertrauen seiner Mitarbeiter wiedergewinnen. Ist der Patient schon tot, kann auch kluge Kommunikation keine Wunder mehr vollbringen.

Autor: Katrin Greven

Katrin Greven ist Senior Beraterin im Team Interne Kommunikation und Change bei K12 – Agentur für Kommunikation und Innovation in Düsseldorf. Ihre Passion für strategische Inhaltsentwicklung hat sie zuvor als Redaktionsleitung bei K12 und auf Stationen in den großen Agenturen der Stadt entwickelt. Sie berät Kunden in Veränderungsprozessen und erfolgskritischen Situationen.

3 Kommentare

  1. Nils Terborg sagt:

    Hallo Katrin!

    Aus Kommunikations- und Geistenswissenschaftlicher Perspektive finde ich alle Punkte, die du ansprichst eigentlich absolut nachvollziehbar…umso unverständlicher, dass das so selten in der Praxis funktioniert.

    Steckt da vielleicht das Klassendenken hinter, mit dem höhere Führungsetagen Fachkräfte für irgendwie „unmündig“ halten? Schön blöd….

    Viele Grüße,

    Nils

  2. […] Mitarbeiterzeitschriften sind also längst nicht zum Aussterben verdammt. Sie funktionieren auch in Zeiten des digitalen Wandels – wenn man es richtig anpackt: kritisches Hinterfragen statt oberflächlicher Berichterstattung, ein offener Dialog statt Top-Down-Kommunikation vom Vorstand, und ehrliche Antworten statt Floskeln. Sinn macht ein selbstbewusster Dialog, der etwas anstößt und nicht wirkungslos verpufft. Denn nichts turnt mehr ab als eine weichgespülte Vorstandspostille. […]

  3. […] es nicht bei Aufnahme des Echtbetriebs zur Schockstarre kommt. Zudem können die Regelformate wie Mitarbeiterzeitschriften, Intranet und Newsletter bespielt werden. Auch interne Roadshows sind ein Weg, um Mitarbeiter […]

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