K12

Website-Entwicklung: Den Nutzer verstehen – Eine (kleine) Einleitung

28. Mai 2014 · von Jörg Hoewner · 2 Kommentare

Das Verständnis des Verhaltens der Nutzer ist zentral für die Entwicklung eigener Kommunikatiosangebote im Netz: Dadurch, dass Nutzer selber bestimmen, welche Inhalte genutzt werden – das Internet ist ein „Pull“-Medium – besteht die Gefahr, dass Angebote nicht wahrgenommen werden, entweder, weil sie nicht auffindbar sind oder weil sie nicht als relevant erachtet werden.
Nicht auffindbar („Findability“): 99% der Onlinenutzer verlassen sich auf Suchmaschinen – hier vor allem Google – um gezielt nach Inhalten zu suchen. Suchmaschinen sind somit der Anlaufpunkt, auf dem Angebote zu finden sein müssen. Dabei nutzen die meisten Nutzer maximal die Suchergebnisse auf der ersten Ergebnisseite, nur in ganz seltenen Fällen Ergebnisse auf weiteren Ergebnisseiten. Das bedeutet: Entweder muss eine Website oder ein Informationsangebot zu einem Thema direkt hier auffindbar sein oder über eine Seite verlinkt sein, die via Suchmaschine gut auffindbar ist.
Nicht relevant: Nutzer entscheiden innerhalb weniger Augenblicke, ob ein Suchergebnis in einer Suchmaschine oder eine gefundene Website es wert ist, weiter genutzt zu werden. Im Klartext: Innerhalb dieser wenigen Augenblicke muss vermittelt werden, dass eine Angebot relevante und nützliche Informationen anbietet. Ein professioneller (= vertrauenswürdiger) Auftritt, die richtige Platzierung von visuellen und textlichen Informationen wie Schlüsselbegriffen sind dabei wichtige Anhaltspunkte, über die man sich vorher genau Gedanken machen sollte.
Um Angebote so aufzubereiten, dass die Chance wahrgenommen zu werden optimiert wird, ist ein Verständnis des Nutzerverhaltens wichtig. Und hierbei kann man sich in den grundlegenden Überlegungen daran orientieren, wie typische Nutzungssituationen – sogenannte Nutzungsszenarien.
Und so lassen sich bei den meisten Onlineangeboten die folgenden Nutzungsszenarien herauslesen:
  • Auf eine Website kommen Nutzer entweder über Suchmaschinen (ca. 20-60% der Nutzer), über die Direkteinabe einer Adresse (z.B. firma.de) oder über Links in anderen Websites, das können Verzeichnisse sein, redaktionelle Beiträge, Enzyklopädien wie Wikipedia und – zunehmend wichtig – Empfehlungen in Social Media wie Facebook. Hierbei lassen sich verschiedene Anlässe unterscheiden:
  • Bei „breiten“ Suchen – nach einem bestimmten Thema oder nach einem einzelnen Begriff – versuchen sich Nutzer einen Überblick zu verschaffen über ein Thema und Informationsquellen dazu. Sie suchen nach ersten Anhaltspunkten, um im nächsten Schritt die Recherche zu verfeinern. Und bleiben dann möglicherweise bei Angeboten, die sich in der Tiefe mit einem bestimmten Thema auseinandersetzen.
  • Nutzer, die einen Anbieter- oder Markennamen eingegeben haben, haben die ersten Schritte schon hinter sich. Sie wollen sich entweder gezielt über bestimmte Angebote informieren oder suchen Serviceinformationen.
  • Was gibt es Neues? Wiederkehrende Nutzer informieren sich häufig darüber, welche neuen Inhalte auf einer Seite zu finden sind oder ob es zu einem Thema was Neues gibt.
  • Manchmal wird auch nur ein Kontaktinformation, ein Ansprechpartner oder Adresse gesucht. Das Internet ist auch ein Adressbuch.
  • Nicht immer suchen Nutzer übrigens gezielt nach Informationen, manchmal lassen sie sich auch mehr oder weniger treiben und folgen Empfehlungen bzw. Links und treffen manchmal so auf interessante Informationen. Das ist wichtig, denn auch solche zufälligen Treffer können gefördert werden.
Fazit: Auffindbarkeit eines Angebots und der relevanten Inhalte auf einer Website sind Schlüssel dafür Nutzer auf die Website zu führen und dort zu halten. Ein Verständnis Ihrer Nutzer ist dafür nützlich.
Wie erfährt man mehr darüber, wie Nutzer Inhalte nutzen? 

Bei der Entwicklung einer Website wird ein Fehler besonders häufig gemacht: Es wird aus der Perspektive einer Organisation oder eines Unternehmens heraus gedacht, nicht aus der des Nutzers. Das führt zu weiteren Fehlern: Formulierungen, Überschriften, Menübezeichnungen erscheinen in Fachchinesisch und sind nicht verständlich. Die Struktur der Website mag Abteilungsstrukturen wiederspiegeln, aber sind dadurch aus Nutzersicht häufig nicht logisch.

Daher ist es wichtig, mehr darüber zu erfahren, wie der Nutzer denkt bzw. was ihn interessiert.

Wie erfahre ich mehr darüber, was Nutzer interessiert? Die folgenden Quellen können sehr nützlich sein:

  • Nutzungsstatistiken (Web Metrics): Nutzungsstatistiken liegen eigentlich immer vor, fragen Sie Ihren Provider, Ihre IT oder Agentur danach. Wenn sie nicht vorliegt, sollten sie veranlassen, dass Nutzungsdaten gesammelt werden. Das ist meistens unaufwendig. Denn hier finden Sie Informationen, die besonders nützlich sind: Welche Begriffe geben Nutzer ein, bevor sie auf Ihrer Seite landen? Was sind die häufigst nachgefragten Inhalte? Welche anderen Websites haben Nutzer vorher gesucht? Läuft der Zugriff über ein Handy oder über einen PC? All das steht da drin!
  • Google Trends: Dieses Werkzeug sagt Ihnen, nach welchen Begriffen Nutzer allgemein in Google suchen, welche Suchkombinationen genutzt werden, ob es saisonale Auffälligkeiten gibt oder regionale Unterschiede im Suchverhalten.
  • E-mail und Kontaktanfragen: Wenn Sie Anfragen von Nutzern bekommen, lohnt es sich, genauer auf die Fragen zu schauen: Werden dort bestimmte Fragen / Themen wiederholt angesprochen?
  • Nutzerbefragungen: Befragen Sie Nutzer über eine Onlineumfrage. Einfach einzusetzende Mittel wie Surveymonkey helfen schon weiter.

Was machen Sie aus den so gewonnenen Erkenntnissen, wenn Sie vor der Aufgabe stehen, Onlinekommunikationsmaßnahmen wie eine Website zu entwickeln? Sie können daraus diese Fragen und die dazugehörigen Antworten ableiten:

  • Wen will ich erreichen? Welche Nutzergruppen lassen sich identifizieren?
  • In welchen Nutzungssituationen bewegt sich der Nutzer? Welche Inhalte sind für ihn wichtig?
  • Welche Inhalte kann ich anbieten? Gibt es Themen, die ich weiterentwickeln kann?
  • Wo muss ich verlinkt und auffindbar sein, damit ich meine Nutzer erreiche?

Das Verständnis für den Nutzer muss Ausgangspunkt jeder Überlegung für die Entwicklung eines Web-Angebots sein.

Wie Sie Nutzungsstatistiken und andere Datenquellen interpretieren können, lernen Sie unter anderem im media workshop „Online-PR Evaluation“.

 

Autor: Jörg Hoewner

Jörg Hoewner: Jg. 1969, ist Geschäftsführender Partner der K12 – Agentur für Kommunikation und Innovation und Consultant für moderne Unternehmenskommunikation in Düsseldorf. Seit 1995 berät er Kunden im Bereich Online Relations / Online-PR und war damit einer der ersten Berater in Deutschland auf diesem Feld. In den vergangenen 20 Jahren hat Jörg Hoewner zahlreiche Kunden beraten, viele Unternehmen (darunter DAX30-Unternehmen) und mehrere Verbände. Darüber hinaus ist er als Referent aktiv und Autor zahlreicher Fachbeiträge – online, in Zeitschriften und Büchern. Schwerpunktmäßig beschäftigt er sich mit dem Thema integrierte Kommunikation, deren Messbarkeit und der Auswirkung von Kommunikationstechnologien auf die interne und externe Unternehmenskommunikation. Kontakt: Jörg Hoewner (joerg.hoewner@k-zwoelf.com) – T. +49 (211) 5988 16 32.

2 Kommentare

  1. Sascha Tobias von Hirschfeld sagt:

    Danke für diesen Leitfaden Jörg ! — An der Notwendigkeit, den Nutzer zu verstehen wird auch der Trend in Richtung „Echtzeit“ Personalisierung von Content nichts ändern. Die Generierung von Leads im Netz steht und fällt mit einem tiefen Verständnis davon, wie Nutzer „ticken“.

  2. Gerade bei mittelgroßen Auftritten oder klassischen, nicht-ecommerce-zentrierten Web-sites sind Personalisierungstechnologien in den meisten Fällen overdone (IMHO).

    Und selbst, wenn sie eingesetzt werden, müssen auch inhaltliche Kategorien, die Nutzerführung usw. vom Nutzer her gedacht werden.

Schreibe einen Kommentar

Pflichtfelder sind mit * markiert.


3 × 3 =