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Infografiken: vom Trend zum Standard

16. September 2015 · von Julian Hanisch · 1 Kommentar

„Stirbt die Infografik langsam aus?“ fragte Jörg Hoewner in seinem letzten Blogbeitrag. Als Kommunikations-Designer antworte ich ganz klar: Nein! Infografiken sind wichtiger denn je. Unsere schnelllebige Zeit verlangt geradezu nach Infografiken, denn sie sind weit mehr als nur eine Alternative zur Text-/Bild-Ödnis vieler Online- und Offline-Veröffentlichungen.

Von abnehmender Relevanz keine Spur

Nimmt die Relevanz von Infografiken tatsächlich ab? Nein. Zwar wird der Suchbegriff „Infographic“ nicht mehr so oft bei Google verwendet wie noch vor einigen Jahren. Die Häufigkeit der Suchanfragen sagt jedoch nichts über die Relevanz des Mediums aus. Denn wer nach Informationen sucht, tippt in den seltensten Fällen Formate wie „Infografik“ in die Suchmaske, sondern vielmehr inhaltliche Schlagworte. Die richtige und sinnvolle SEO-Verschlagwortung von Infografiken hilft also dabei, den passenden Nutzer zu erreichen.

Übersättigung oder Verlangen nach Infografiken?

Der Markt ist noch lang nicht übersättigt: Immer mehr Infografiken, vor allem in kleinen Formaten, erscheinen im Netz. Gerade in unserer schnellen und digitalen Zeit – heute sind wir mit fünf Mal so vielen Informationen wie noch vor 30 Jahren (1) konfrontiert – ist es wichtig, Inhalte klar und präzise auf den Punkt zu bringen. Um in dieser Informationsflut nicht verloren zu gehen, müssen Unternehmen einen Weg finden, um ihre komplexen Themen für den Nutzer leicht verständlich und zur schnellen Aufnahme bereitzustellen.

„Kurz und knapp“ wird wichtiger

Unternehmen wie Twitter, Spotify und zuletzt noch Instagram steigen beispielsweise auf das Card-Design um. Card bezieht sich hier auf das Format, das der Größe einer Pokerkarte ähnelt. Darauf werden kleine, visuell aufbereitete Inhalte – Visual Micro Content – präzise zusammengefasst, was den Bedürfnissen der Nutzer entgegenkommt.

Millisekunden reichen zur Informationsaufnahme

Dass visuell aufbereiteter Content besser ankommt als reiner Text, kann jeder mit Facebook-Account bei den eigenen Posts verfolgen. Posts mit Bildern werden häufiger geliked, geshared und kommentiert als reine Text-Posts (2). Bei Blog-Artikeln verhält es sich ähnlich: Ein Leser liest im Durchschnitt kaum mehr als 28% aller Wörter (3). Innerhalb weniger Millisekunden können wir Piktogramme und Symbole verarbeiten und ihnen eine Bedeutung geben (4, 5). Infografiken, gerade im Card-Format, können hier klar punkten.

Vorteile von Infografiken

  • Komplexe und technische Sachverhalte sind leicht verständlich
  • Schnellere Informationsaufnahme als bei Texten (5)
  • Bleiben länger im Gedächtnis (6)
  • Crossmedial und transmedial einsetzbar
  • 80% höhere Chance gelesen zu werden (7)
  • Leicht zu teilen
  • Vielseitig einsetzbar
  • Kann interaktiv gestaltet werden
  • Animiert und als Bewegtbild einsetzbar

In seinem Blogbeitrag führt Jörg Hoewner noch einen weiteren Vorteil von Infografiken an: Sie seien unterhaltsam und kurzweilig. Dem stimme ich nur bedingt zu. Denn der „unterhaltsame“ Teil dient mit seiner visuell ansprechenden Art einem weiteren Zweck: 80% von dem, was wir sehen und tun, bleibt uns in Erinnerung – während wir nur 20% von gelesenem Inhalt wiedergeben können (6). Die visuelle Darstellung hilft somit dem Betrachter, die Inhalte langfristig im Gedächtnis zu behalten.

Die von Jörg Hoewner angesprochene lange Umsetzungsdauer von Infografiken ist häufig themenabhängig und mit Blick auf den Nutzen sinnvoll investiert. Wer effektive und gute Produkte will, sollte dafür die nötigen Mittel einplanen.

Anwendungsbeispiele

  • Prozess-Visualisierungen, z.B. bei Veränderungskommunikation
  • Produktvorstellungen / Produktdemonstrationen
  • Reports / Jahresberichte
  • Lagepläne
  • Chronologie und Zeitpläne
  • Organigramme

Warum Online-Tools sich selten lohnen

Für die Erstellung von Infografiken gibt es immer mehr Online-Tools, entweder kostenlos oder zu sehr günstigen Preisen. Diese sind für Unternehmen nur bedingt geeignet, denn sie lassen häufig keine Corporate Design konforme Umsetzung zu. Gerade bei Infografiken ist es jedoch wichtig, den Ersteller deutlich zu zeigen. So kann der Erfolg einer Infografik auf das Unternehmen zurückgeführt werden.

Hinzu kommt, dass Infografiken in unterschiedlichen Bereichen eingesetzt werden können. Hierfür werden meist verschiedene Dateiformate benötigt. Die Erstellung mit den branchenüblichen Programmen bietet Designern häufig eine größere Freiheit. Online-Tools können im privaten Bereich kostengünstig eingesetzt werden, im professionellen Umfeld sind sie aber kein Ersatz für Agenturen und Designer.

Vom Trend zum Standard

Wer als Unternehmen Informationen an den Mann oder die Frau bringen will, muss dem Nutzer entgegenkommen und Inhalte gut vorbereiten. Visual Micro Content in Form von Infografiken erlaubt es dem Nutzer, schnell die wichtigsten Informationen aufzunehmen. Die Relevanz von Infografiken nimmt daher zu und hat sich vom Trend zum Standard entwickelt.

 

Quellenangaben

  1. Alleyne, R. (11 Feb 2011). Welcome to the information age – 174 newspapers a day. The Telegraph.
  2. PAGE Ausgabe 09-2015
  3. Nielsen, J. (2008). How Little Do Users Read?
  4. Thorpe, S., Fize, D. & Marlot, C. (1996). Speed of processing in the human visual system, Nature, Vol 381.
  5. Holcomb, P. & Grainger, J. (2006). On the Time Course of Visual Word Recognition, Journal of Cognitive Neuroscience, Vol 18.
  6. Lester, P. M. (2006). Syntactic Theory of Visual Communication.

Autor: Julian Hanisch

Julian Hanisch arbeitet als Art Director im Bereich Visuelle Kommunikation bei K12. Nach einem längeren Aufenthalt in den Niederlanden widmet er sich seit 2014 bei K12 dem Thema Präsentationsformate, App Gestaltung und Printmedien. Dabei liegt ihm vor allem das Thema Icons und User Interface am Herzen.

Ein Kommentar

  1. […] (Hier gibt es eine Replik auf meine bewusst überspitzt formulierte These) […]

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