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Moderne E-Learning-Konzepte – vergangener Hype oder echter Nutzwert für Unternehmen und Institutionen?

16. Oktober 2006 · von Frederik Bernard · Keine Kommentare

Tell me and I forget,
teach me and I remember,
involve me and I learn.
(Benjamin Franklin)

Autor: Frederik Bernard | FBKB

E-Learning – worum geht es?
Unter E-Learning (elektronisch unterstütztes Lernen) werden nach einer Definition von Michael Kerres alle Formen von Lernen verstanden, bei denen digitale Medien für die Präsentation und Distribution von Lernmaterialien und/oder zur Unterstützung zwischenmenschlicher Kommunikation zum Einsatz kommen. So weit so gut. Doch was bringen interaktive Lernsysteme wirklich? Welchen Nutzwert haben sie für Unternehmen und Institutionen als Betreiber sowie für die lernenden Mitarbeiter?  Computer Based Training-Tools (CBT) bezeichnen Lernprogramme, die vom Lernenden zeitlich und räumlich flexibel genutzt werden können und bei denen die Lernenden nicht in direktem Kontakt mit dem Lehrenden und anderen Lernenden stehen. Diese Systeme sind in der Lage, multimediale Lerninhalte (wie z.B. Flash-Animationen oder Videodokumente sowie audiovisuell kommentierte Präsentationen) zur Verfügung zu stellen. Sind diese Lernsysteme als Webplattform implementiert, spricht man von WBT (Web Based Training), einer Weiterentwicklung des CBT.

E-Learning als moderne Form der Aus-, Weiter- und Fortbildung ist bereits seit den frühen 80er Jahren ein Dauerthema der IT- und Kommunikations-Branche sowie der HRM-Abteilungen in Unternehmen und Institutionen. Was sich in den 90er Jahren im Universitätsumfeld zu einer Weiterbildungsmethode mit echtem Mehrwert weiterentwickelt hat, findet seit einiger Zeit auch verstärkt das Interesse von Unternehmen und Institutionen. Die Gründe dafür liegen auf der Hand: In Zeiten hohen Kostendrucks und einer globalen Wettbewerbssituation kommt es mehr denn je darauf an, Wissen im Unternehmen unter den Mitarbeitern zu entwickeln, abzugreifen, zu speichern und zu distribuieren. Um diesem Anspruch gerecht werden zu können, waren regelmäßige Produktschulungen, Inhouse-Seminare, Marketing-Kongresse und Vertriebstagungen notwendig – allesamt zeit- und kostenintensive Maßnahmen, berücksichtigt man die Reise- und Unterbringungskosten sowie die Ausfallzeiten der betreffenden Personen. Intelligente E-Learning-Konzepte, die als strategische Management-Funktion in Unternehmen und Institutionen integriert werden, können einen effizienten und zugleich wertigen Beitrag zum Wissenstransfer im Unternehmen leisten – und das völlig zeit- und ortsunabhängig. Damit wird E-Learning nicht nur zu einem zentralen Management- und HRM-Thema, sondern entwickelt sich auch zugleich zu einem Stützpfeiler der Unternehmenskultur.

Nutzen von E-Learning-Strategien
Der Mehrwert von E-Learning-Systemen liegt primär in der Flexibilität des Systems auf der einen und der Nutzung auf der anderen Seite. Ein modernes E-Learning-System wie das frei verfügbare Moodle (www.moodle.org) lässt sich einfach an die individuellen Bedürfnisse der Lernenden und auch der Lehrenden anpassen und so für unterschiedliche Bildungsszenarien und methoden konfigurieren. Zudem ermöglicht ein E-Learning-System dem Nutzer respektive dem Lernenden die Nutzung des Tools rund um die Uhr zu jeder Zeit: Lehrer und Schüler müssen nicht mehr zeitgleich an einem Ort zugegen sein, um den Unterricht stattfinden zu lassen. Vielmehr bietet diese Form des plattformbasierten Lernens multiple Möglichkeiten des asynchronen Lernens und Kommunizierens. Ein Vorteil gerade in der unternehmensinternen Weiterbildung.

Ein weiterer Mehrwert von webbasierten Lernplattformen liegt in der sogenannten Binnendifferenzierung. Darunter wird die Möglichkeit verstanden, dass sich unterschiedliche Schüler individuelle Lernumgebungen nach ihren Lernerfolgen und Neigungen sowie Leistungsstärken zusammenstellen können. Zu einem Thema kann es so unterschiedliche Kursmodule geben, die der Schüler individuell innerhalb seines Lernplanes gewichten kann. Hinzu kommt die Möglichkeit, dass der Schüler die Module, die ihm besonders wichtig sind, häufiger wiederholen kann als Themenmodule, die er bereits beherrscht. Und das, wann immer und von wo aus er möchte.

Ein zentrales Novum von E-Learning-Systemen und zugleich der Grund für viele gescheiterte Projekte ist der Ansatz, dass mittels webbasierten Trainings die Lernenden ihren Lernprozess selber in der Hand haben. Durch ihr eigenes, aktives Mitwirken, durch ihren Dialog, ihr Feedback in Diskussions- und Hilfsforen kann der ganzen Lern-Community nicht nur geholfen, sondern diese auch weiter vorangebracht werden. Dieses Prinzip der Selbstorganisation ist ein zentrales Kennzeichen von E-Learning-Systemen. Der Lehrer steht nicht mehr als leitende Instanz vor der Klasse. Er wird zum Moderator eines sich selber weiterentwickelnden Prozesses. Integrierte Kommunikationsschnittstellen (Foren, Mailsysteme), Dokumentenmanagement-Tools und Terminkalender für die ganze Lernklasse fördern diesen Ansatz. Wer das Prinzip der Selbstorganisation nicht sieht, nicht aufnimmt und für die eigene Einführungsstrategie unzureichend beachtet, wird jedoch mit seinem E-Learning-Konzept scheitern.

Last but not least liegt ein weiterer Vorteil von computerbasierten Lernsystemen in der Nutzung der multimedialen Möglichkeiten moderner Computersysteme. Multimediale Inhalte – angefangen bei Videos, Animationen und Audio-Berichten – stellen einen echten Mehrwert dar und ergänzen den jeweiligen Ausbildungsblock im Sinne einer Multichannel-Strategie sinnvoll.

Sind damit die klassischen face-to-face-Meetings und Kongresse passé? Mitnichten. Sie werden erst im Rahmen einer integrierten E-Learning-Strategie völlig neu gewichtet. So geht es bei diesen Treffen weniger um die Vermittlung von Wissen und Informationen, sondern es stehen persönliche Diskussionen und Socialising der Teilnehmer im Vordergrund.

Best practice: E-Learning-Implementierung auf Basis von Moodle

Wie sieht das ganze nun in der Praxis aus? Nun, auf einer Plattform wie dem freiverfügbaren Moodle können sich akkreditierte Nutzer, z.B. aus einem Unternehmen, für einen dort angelegten Kurs anmelden und einloggen. Sie haben die Möglichkeit, die einzelnen Kursmodule zu sichten, die begleitenden Materialien herunterzuladen oder direkt am Rechner zu lesen und die Hintergrundinformationen (Dokumente, Präsentationen, Videos, Audio-Daten, Animationen, Fotos) zu studieren. Alleine oder in Arbeitsgruppen organisiert können die Schüler – räumlich und zeitlich unabhängig voneinander – eigene Dokumente erstellen und diese via Dokumenten-Upload anderen Schülern sowie dem moderierenden Dozenten zur Verfügung stellen. Andere Schüler können diese Dokumente abrufen, sich dazu in den Foren äußern oder aber direkt in diese Dokumente arbeiten. Ein 1:1 Wissensaustausch ist somit gewährleistet.

Um die Leistungen in Zwischenschritten abzufragen, bietet Moodle diverse Werkzeuge an, um Tests zu integrieren, die dann ebenfalls online von den jeweiligen Schülern umgesetzt und schließlich vom Dozenten bewertet werden.

Achtung! Stolperfallen bei E-Learning-Plattformen

Wer webbasierte, auf Kollaboration ausgerichtete E-Learning-Systeme wie Moodle als 1:1 Abbildung von Offline-Kursen und Seminaren nutzen will, wird scheitern! Schließlich sind solche Systeme nicht nur zeit- und ortsunabhängig, sondern basieren auch auf dem in den vorherigen Abschnitten bereits skizzierten Kollaborationsverständnis der Teilnehmer. So ist es verständlich, dass sich ein straffer Top-Down-Unterricht nicht einfach so durch eine E-Learning-Plattform realisieren lässt. Vielmehr geht es darum, aus einer vorhandenen Kursidee ein praxistaugliches Konzept für E-Learning-Systeme zu realisieren, d.h. einen Kurs für E-Learning umzubauen.

Eine weitere Stolperfalle liegt aber auch in den Schülern selber. Nicht wenige von ihnen sind mit den Anforderungen an Teamwork und kooperierendem Lernen moderner E-Learning-Systeme überfordert oder lehnen dies im tiefsten Inneren ab. Schließlich waren wir alle einmal Schüler und verfügen über ein tiefes Verständnis für den kursleitenden Dozenten respektive Lehrer („Frontalunterricht“). Die neue moderierende Rolle des Dozenten muss erst erlernt, der Umgang mit dem auf Zusammenarbeit und gemeinsames Lernen ausgerichteten System erst geübt werden. Dazu wird der eine oder andere seine passive Konsumhaltung ablegen müssen …

Fazit: E-Learning spart Zeit und Geld und bietet sinnvolle Möglichkeiten interaktiven Lernens

Moodle ist eines der weit verbreitesten, webbasierten Lernsysteme. Es bietet sich insbesondere für den Einsatz in Unternehmen und Institutionen im Rahmen der innerbetrieblichen Weiterbildung an. Jedoch müssen nicht nur die Mitarbeiter auf diese neue, auf Kollaboration ausgerichtete Lernform eingestellt werden, sondern der gesamte Kurs muss für den Einsatz als E-Learning-Angebot konzipiert werden. Eine 1:1 Adaption von bereits etablierten Offline-Kursen und Seminaren in E-Learning-Plattformen wird zwangsläufig scheitern. Das zentrale Erfolgskriterium ist die Ausrichtung des webbasierten Trainings auf die jeweiligen Kursteilnehmer im Unternehmen. Eine Software wie Moodle kann diesen Prozess unterstützen und vereinfachen, aber nicht gewährleisten.

Autor: Frederik Bernard

Frederik Bernard (Jahrgang 1974) ist geschäftsführender Partner bei K12 – Agentur für Kommunikation und Innovation GmbH in Düsseldorf. Der Diplom-Betriebswirt war zuvor u.a. Inhaber einer Agentur für Kommunikation (FBKB) in Münster, Senior Consultant bei ECC Online Relations (heute KetchumPleon), Consultant bei Kohtes Klewes Online Relations und Leiter Multimedia bei Brillux Lacke + Farben in Münster. Seine Beratungsschwerpunkte liegen auf Online-Kommunikation, Social Media und Crossmedia-Publishing. Zu seinen Kunden zählen u. a. Bauwens, ERGO Versicherungsgruppe, Francotyp Postalia, Hypo Vereinsbank, FAC‘T Facility Management, German Facility Management Association (GEFMA) und Stadtwerke Münster.

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