K12

Neue Ansätze im (interaktiven) Storytelling (Teil 1): Ein Überblick über Akteure und Trends

7. Januar 2014 · von Jörg Hoewner · 7 Kommentare

In Unternehmenskommunikation, Marketing und vor allem im Journalismus wird derzeit sehr viel an neuen Formen der Aufbereitung von (Hintergrund-)Informationen gearbeitet – an neuen Ansätzen im Storytelling, insbesondere im digitalen Bereich. Stichworte hierfür sind beispielsweise „Visuelles Storytelling“ oder „Datenjournalismus“. In der nun folgenden 6-teiligen Beitragsreihe gebe ich zuerst einen kurzen Überblick über die Akteure und die wichtigsten Trends, stelle dann eine Reihe von Beispielen vor, liste Werkzeuge zum Selbermachen auf, untersuche die Implikationen für die Unternehmenskommunikation und Online Relations und stelle am Ende noch einige Bücher zum Thema vor.

Treiber für die neuen Ansätze sind vor allem der technologische Wandel und die sich in diesem Zusammenhang verändernden Rezeptionsgewohnheiten und -bedürfnissen. Dadurch ergeben sich neue Möglichkeiten, die nun nach und nach ausprobiert und entwickelt werden:

Medien experimentieren mit Formaten

Besonders intensiv ist die Experimentierfreude bei den Verlagshäusern bzw. bei Qualitätsmedien. Ein wichtiger Grund ist wohl die schlichte Notwendigkeit, über neue Formate einen Mehrwert zu generieren, der sich in höherer Aufmerksamkeit und so in steigenden Werbeumsätzen bzw. Abozahlen bemerkbar machen. Ausdruck findet das darin, dass sich die Flaggschiffmedien seit jüngster Zeit eigene „Labs“ leisten, sozusagen als Experimentierfeld für Formate: Die New York Times, immer vorneweg, startet ein Labor für datengetriebenen Journalismus („The New York Times is creating a new data-driven journalism venture„), BBC betreibt ein „NewsLab“ („BBC ‚NewsLabs team‘ to drive innovation„), The Guardian, AP und andere Medien mischen ebenfalls mit. So kommt es auch, dass vom Guardian, der New York Times, National Geographics die meisten Beispiele für innovative Formate aus dem journalistischen Bereich stammen. Deutschsprachige Medien, mit der ehrenvollen Ausnahme der Entwicklungsredaktion der „Zeit“ oder dem Vocer Innovation Medialab (eigentlich Robert Bosch-Stiftung, aber immerhin unterstüzt durch namhafte Medien), arbeiten – zumindest so sichtbar – nicht so intensiv an Innovationen.

Neben den Verlagshäusern gibt es einige Universitätsinstitute wie das J-Lab von der American University in Washington („J-Lab is a journalism catalyst that funds new approaches to journalism…“) oder das Nieman Lab („Pushing to the future of journalism“) an der Harvard-Universität, die als Innovatoren aktiv sind.

An Innovationen im Journalismus arbeiten daneben Start ups, die darauf ihr Geschäftsmodell stützen wollen. Internationale Aufmerksamkeit bekommt zum Beispiel das in Berlin sitzende Detective.io („Detective.io launches as platform for data investigations„), 2470media (u.a. Projekt berlinfolgen) oder die Plattform Storyful, die sich selbst als „Social Newsdesk“ beschreibt (dazu weiter unten mehr).

Felder vom Datenjournalismus bis Social

Schaut man sich die Felder an, auf denen die oben genannten Akteure unterwegs sind, so sind diese nicht unbedingt trennscharf, sondern gehen ineinander über. So werden Aspekte aus Sozialen Medien, visuellem Storytelling und Datenjournalismus gerne miteinander verknüpft. Trotzdem lohnt es sich, diese einzelnen Innovationsfelder zu isolieren und zu benennen, weil es den Blick schärft auf das, was dahinter steckt. Die Felder im Einzelnen:

  • Ein Buzzword aus IT und Marketing ist derzeit der Begriff „Big Data“. Dahinter steckt die Idee, dass jederzeit von Organisationen, Personen etc. riesige Mengen Daten gesammelt werden, deren manuelle Auswertung schlicht unmöglich geworden ist. Um diese Datenmengen zu erschließen und daraus Informationen zu gewinnen, werden technische Hilfsmittel herangezogen – Data Mining-Technologien. Data Mining-Tools suchen in Daten nach Mustern, „verstehen“ auf Basis von Algorithmen sogar Textinhalte und sind so in der Lage, Informationen verwertbar aufzubereiten.
  • Die Entsprechung von „Big Data“ im Journalismus ist Datenjournalismus bzw. Data Journalism: Der Datenjournalist recherchiert in Datenbanken, statistischen Daten, unstrukturierten Daten und bereitet daraus gezogene Erkenntnisse journalistisch auf. Dabei benutzen Datenjournalisten sowohl Data Mining-Werkzeuge, aber eben auch einfach zugängliche Werkzeuge wie das ganz schnöde Tool Excel (sozusagen das Small Data-Werkzeug). Zum Teil entwickeln IT-affine Journalisten Werkzeuge, die sie dann wiederum als Open Source-Software anderen zur Verfügung stellen, wie zum Beispiel AP mit dem Tool „Overview“ es vormacht.
  • Ein Trend, der Datenjournalisten in die Hände spielt, ist Open Data. Damit ist die kostenlose und freie Bereitstellung von Daten durch Organisationen gemeint. Beispielsweise veröffentlichen die Städte Berlin oder Moers (http://www.offenedaten.moers.de), um damit Bürgern gegenüber ein höheres Maß an Transparenz zu vermitteln. Da die darin schlummernden Informationen durchaus von öffentlichem Interesse sind, sind offene Daten ein Betätigungsfeld von Datenjournalisten.
  • An der Schnittstelle zwischen Datenjournalismus und Social Media finden sich sogenannte Crowdsourcing-Ansätze. Über Crowdsourcing werden User, Bürger, externe Stakeholder in Arbeitsprozesse eingebunden. Prominente Beispiele sind hier die „Plag-Wikis“, wie das GuttenPlag-Wiki oder eben im journalistischen Bereich Crowdsourcing-Ansätze zur Erschließung der Wikileaks-Dokumente beim Guardian oder der Globe and Mail.
  • Beim Globe and Mail-Beispiel zeigt sich die Relevanz eines weiteren Trends, dem zu einem verstärkten visuellen Storytelling. Zwar gibt es schon seit langem Infografiken, Tabellen usw. auch in Printmedien, aber die Verfügbarkeit von webbasierten und konfigurierbaren Landkarten (Google Maps), Diagrammwerkzeugen, Video und Flash/HTML erschließen völlig neue Möglichkeiten über die Kombination von Formaten oder der Entwicklung neuer Visualisierungsformen – die darüber hinaus interaktiv sein können.

Visuelles Storytelling ergänzt sich ideal mit dem Datenjournalismus, weil sich statistische Daten häufig besser grafisch vermitteln lassen.

Interaktive, multimediale Formate, bei denen z.B. politisch-historische Ereignisse in einem „Clickable Interactive“ realisiert werden, lassen sich ebenfalls dem visuellen Storytelling zuordnen.

Vorteile eines solchen visuellen Ansatzes liegen auf der Hand: Dem Rezipienten werden komplexe Fakten einfacher zugänglich gemacht, durch das spielerisch-visuelle wird eine intensivere Beschäftigung mit dem Objekt gefördert.

Über Crowdsourcing haben wir gesprochen, dahinter steckt am Ende der Gedanke, User bzw. User generated content bei der Entwicklung von Inhalten einzubinden. Social also. In diesem Feld werden – neben dem Crowdsourcing – mehrere Ansätze verfolgt:

  • Das gezielte Generieren von Inhalten durch User (oder Bürger bzw. Bürgerjournalisten)
  • Das Kuratieren von existierenden Inhalten, die Nutzer in Social Media erstellt haben über Werkzeuge wie Storify
  • Das Einbindung von nutzergenerierten Inhalten in einen vom Journalisten verantworteten redaktionellen Kontext. Schönes Beispiel sind die Liveticker vom Guardian, in denen spielerisch Kommentare, Beiträge von Usern eingebunden werden.
  • Die Nutzung von Möglichkeiten, die Social Media-Plattformen bieten, durch Journalisten bzw. Redaktionen selbst (Beispiel: Instagram-Nutzung bei CNN)
  • Über die Verknüpfung von Interaktion, Mund-zu-Mund-Propaganda

Noch zu abstrakt? Viele Beispiele und Links finden sich im nächsten Teil 2:

Beiträge in dieser Reihe:

Neue Ansätze im (interaktiven) Storytelling (Teil 1): Ein Überblick über Akteure und Trends

Neue Ansätze im (interaktiven) Storytelling (Teil 2): (herausragende) Beispiele

Neue Ansätze im (interaktiven) Storytelling (Teil 3): Beispiele unter Einbindung von Social Media

Neue Ansätze im (interaktiven) Storytelling (Teil 4): 33 Tools für Storyteller

Neue Ansätze im (interaktiven) Storytelling (Teil 5): Literaturtipps

Neue Ansätze im (interaktiven) Storytelling (Teil 6): Implikationen für die Kommunikationsarbeit

Autor: Jörg Hoewner

Jörg Hoewner: Jg. 1969, ist Geschäftsführender Partner der K12 – Agentur für Kommunikation und Innovation und Consultant für moderne Unternehmenskommunikation in Düsseldorf. Seit 1995 berät er Kunden im Bereich Online Relations / Online-PR und war damit einer der ersten Berater in Deutschland auf diesem Feld. In den vergangenen 20 Jahren hat Jörg Hoewner zahlreiche Kunden beraten, viele Unternehmen (darunter DAX30-Unternehmen) und mehrere Verbände. Darüber hinaus ist er als Referent aktiv und Autor zahlreicher Fachbeiträge – online, in Zeitschriften und Büchern. Schwerpunktmäßig beschäftigt er sich mit dem Thema integrierte Kommunikation, deren Messbarkeit und der Auswirkung von Kommunikationstechnologien auf die interne und externe Unternehmenskommunikation. Kontakt: Jörg Hoewner (joerg.hoewner@k-zwoelf.com) – T. +49 (211) 5988 16 32.

7 Kommentare

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  2. […] ersten Teil der Reihe habe ich einen Überblick über die aktuellen Trends und die Akteure gegeben. Interessanterweise hat gerade der “Journalist” in der Ausgabe Januar 2014 das Thema […]

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