Autor: Jörg Hoewner
In der letzten Zeit wurden einige sehr interessante Projekte von IBM präsentiert, die die Firma erst intern testet, bevor sie Teile davon in Produkte einfließen lässt.
Mit am meisten „Buzz“ hat Beehive erzeugt, ein Social Networking-Tool, das nicht nur mich sehr stark an Facebook erinnert und das inzwischen von 30.000 IBMern genutzt wird (im Januar waren es noch 6500). Ein Screenshot befindet sich auf der Website von Prescient. Zweck der Plattform ist es, Mitarbeiter-untereinander „Vertrauen herzustellen“, einfach indem man sich vernetzt und kennenlernt. Denn „You cannot create a culture of innovation without creating a culture of collaboration“ (Liam Cleaver, der Projektleiter von IBM). Auf Beehive können Nutzer Profile erstellen, Bilder hochladen, posten, kommentieren, Veranstaltungen organisieren oder Inhalte verschlagworten. Es bietet – wie Facebook oder Friendfeed – die Möglichkeit, die Aktivitäten von Kollegen zu verfolgen. Eine gute Idee finde ich die sogenannte „Hive five“-Liste, quasi eine Art „Elevator pitch“ für eigene Projekte:
„Users can create top-five lists, called “hive fives,” to share their thoughts on any topic they are passionate about. For example, they can add a “hive five” list that outlines their ideas about their project, and then invite their team members to “reuse” the list and voice their opinions. Hive fives cover a lot of territory, from clearly work-related subjects to the kinds of personal exchanges that might only happen among collocated team members at the water cooler. Hive fives are a light-weight way to share ideas and a great way to keep in touch with remote team members.“ (Quelle: IBM)
Beehive ist gleichzeitig ein Forschungsprojekt, dass z.B. Fragen klären soll, ob
- das System IBMern hilft, Kollegen mit gemeinsamen Interessen und relevanten Fähigkeiten zueinander zu führen
- bestimmte Features überhaupt genutzt werden
- Incentive-Systeme wie Punkte und Status-Anzeigen das Verhalten der Mitarbeiter beeinflussen (wie im Web2.0-Bereich belegt)
- es Unterschiede in der Akzeptanz gibt, abhängig von Kultur, Job-Kategorien, usw.
- die Teams, die diese Möglichkeiten nutzen, ein größeres „Soziales Kapital“ haben.
Und es gibt schon erste Ergebnisse, über die Business Week berichtet:
- Das Tool stärkt die sogenannten „weak ties“ zwischen Leuten, die sich eher flüchtig kennen, in unterschiedlichen Abteilungen arbeiten mit dem Effekt, dass der Wissensaustausch tatsächlich angekurbelt wird.
- Mitarbeiter nutzen das Tool zur Selbsdarstellung – „for self-branding. It’s a way to strut their stuff for colleagues and managers at the company—whether it’s for a promotion or funding for a pet project.“
- Mitarbeiter nutzen das Tool vor allem dann, wenn Führungskräfte es ihnen vormachen, d.h. sich selber engagieren (sag ich doch immer).
Aber IBM hat derzeit noch viele weitere Enterprise 2.0-Technologien zu bieten bzw. in der Pipeline:
- Bluegrass ist eine Virtuelle Welt (a la 2nd life) für Mitarbeiter, um über Ideen (Geschäft und Privat) zu chatten oder Anwendungen miteinander zu teilen.
- Social Discovery: Quasi eine Suchmaschine für Dokumente, Personen und User generated content.
- Eng verwandt damit ist Chat Search (wie der Name schon sagt, eine IM-Suchmaschine).
- Cattail: Eine browser-basierte, firmeninterne Filesharing-Plattform.
Wir dürfen gespannt sein.
Social Networking in (sehr) großen Firmen halte ich selbst auch für einen wichtigen Zukunftstrend. Interessant auch, dass uns darüber jetzt aus der „Marketing- und Kommunikationsecke“ heraus berichtet wird! Diese Branche hatte ja bislang nur die Kommunikation in Richtung Kunden im Blick und kaum gesehen, dass sich die Instrumente des Web 2.0 auch sehr gut intern einsetzen lassen…
IBM ist ganz klar Vorreiter bei kooperativen Anwendungen. Die ganze Palette, wie sie dort zum Einsatz kommt, habe ich so nirgendwo sonst gefunden: Wikis, Blogs, Social Bookmarking, Instant Messaging mit Präsenzfunktionen, umfassende Suche, Crowd Sourcing in Foren, Chats usw. IBM ist deshalb auch mein Paradebeispiel in der KoopTech-Studie.