K12

Zeitungssterben: Das Hohelied des Qualitätsjournalismus

26. November 2012 · von Maike Liess · Keine Kommentare

Mit einem Silberstreif am düsteren Verlagshorizont macht „Die Zeit“ in dieser Woche ihr Blatt auf: „Wie guter Journalismus überleben kann“ – so die Titelgeschichte der führenden Wochenzeitung in Deutschland. Kurz nachdem erneut eine Hiobsbotschaft die Branche verunsichert: Die Financial Times Deutschland wird eingestellt. Sie folgt damit der Frankfurter Rundschau und dem Prinz. Selbst Institutionen wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) verzeichnen einen Millionenverlust und die New York Times wird ab 2013 nur noch online verfügbar sein. Es ist Herbst – die Blätter fallen. Doch da möchte „Die Zeit“ nicht mitmachen. Mit Recht verweisen die Zeit-Autoren darauf, dass es durchaus Chancen gibt, den Sturm zu überleben.

Guter, kreativer, investigativer Journalismus ist gefragt
Bloß wie? Das fragen die Macher der „Zeit“ die wichtigsten deutschen Medienmanager. Und diese kommen zu höchst unterschiedlichen Schlüssen: „Kreativität und Sportsgeist“, beschwört Gruner + Jahr Vorstand Julia Jäckel, WAZ-Chefredakteur Ulrich Reitz wünscht sich mehr Optimismus, eben den „Mai statt dem November im Herzen“, und Roland Tichy, Chefredakteur der Wirtschaftswoche nimmt die Frage gleich als Anlass zu einer Generalabrechnung mit den deutschen Medien, die seiner Meinung nach zu „rot-grünen Umerziehungslagern verkommen“. Was allerorten dominiert, ist die Forderung nach gutem, kreativem und investigativem Journalismus. Und siehe da: Bei manchem Zeitungsmacher taucht der Verweis auf, man solle sich dem Leser nähern und das Internet nicht als Feind sehen, sondern es samt seiner Chancen umarmen.

Spiegel-Online wächst und macht Gewinn
Was bedeutet das? Im Internet macht es „Spiegel-Online“ vor: Die Redaktion wächst und macht gegen den Trend Gewinn. Im Print-Bereich entwickelt sich „Die Zeit“ selbst vorbildlich; dort denkt man zudem die Strategie für Bezahl-Angebote im Internet weiter. Wie, das skizzieren die Zeit-Autoren Götz Hamann und Bernd Ulrich in sieben Thesen: „Es ist noch reichlich Zukunft da“, resümieren sie. Aus meiner Sicht zentral ist die These vom Leser, der sich verändert und von den Verlagen, die sich mit ihm wandeln müssen: „…sie [die Leser] sind auf Augenhöhe und hochbeweglich“, so Hamann und Ulrich. Für dieses Publikum schreiben zu dürfen, erfordere einen „neuen Aggregatzustand des Journalismus“. Das bedinge auch, sich aus der Homogenität und Abgeschlossenheit der Redaktion herauszubewegen – sonst produziere man nicht viel mehr als „aufgeregte Langeweile“.

Corporate Publishing: Neue Denkmuster entwickeln
Das sind Gedanken, die in der Luft liegen. Auch wir als Kommunikationsagentur entwickeln seit einiger Zeit Ideen, die genau in diese Richtung zielen. Ähnlich wie in manchen Redaktionen wird auch das Corporate Publishing sehr sendungsbewusst betrieben. In dem Sinne: Wir haben eine Botschaft, die es zu vermitteln gilt. Im Extremfall sogar: Wir haben ein Produkt, das es zu verkaufen gilt. Doch wie erfolgreich kann dieser Ansatz sein, wenn wir es – wie beobachtet – mit anspruchsvollen, hochbeweglichen Rezipienten zu tun haben? Funktioniert die alte Logik: „Ich Autor – Du Leser“ vielleicht noch in dieser Nische? Wohl kaum. Vielmehr gilt es, neu zu denken. Liquid Democracy, Open-Source-Programme, Social Media, die vom „User Generated Content“ leben, und Crowd-Funding-Projekte zeigen einen nachhaltigen Wechsel der Denkmuster an. Auch am Corporate Publishing zieht das nicht spurlos vorüber. Und das bringt zahlreiche Chancen mit sich, die gekonnt genutzt werden sollten. Denn Corporate-Publishing-Produkte wie Kundenzeitschriften, Mitarbeitermagazine, Unternehmensseiten in Facebook und Blogs reihen sich mit den Bezahlzeitschriften in die Bewerber um das knappe Gut Aufmerksamkeit ein. Dabei geht es darum, nachhaltig wahrgenommen zu werden, es geht um Glaubwürdigkeit, Authentizität und Identifikation. Bedarf es auch hier eines neuen Aggregatzustandes des (Unternehmens-)Journalismus? Wir denken: ja.

Geschichten erzählen, die gelesen werden
„Liquid Stories“ lautet der Arbeitstitel unserer Antwort darauf: Gut erzählte Geschichten, die den Leser schon bei der Themenfindung mit einbeziehen und dadurch relevant und aktuell sind. Geschichten, für die wir uns durchaus in der Verantwortung sehen, die angereichert werden müssen, die sich über verschiedene Medien weiterspinnen lassen, wenn es das Thema erlaubt. Gut recherchierte, kritische, informative und unterhaltsame Geschichten. Die helfen, Themen einzuordnen, sie in ihrer Komplexität zu reduzieren und in ihrer Relevanz wahrzunehmen. Kurz: Geschichten die gelesen werden.

Autor: Maike Liess

Maike Liess ist Redakteurin bei K12 - Agentur für Kommunikation und Innovation in Düsseldorf. Nach Studium und 10 Jahren als freie Autorin in der Unternehmenskommunikation erkundet sie hier seit Juli 2012 unter anderem die Möglichkeiten des Corporate Publishing.

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