
Corporate-Influencer-Programme liegen aus gutem Grund im Trend: Inhalte von Menschen erzielen auf LinkedIn heute ein Vielfaches der Reichweite von Unternehmensprofilen, wirken glaubwürdiger und bauen Vertrauen schneller auf. In einer Kommunikationslandschaft, in der Algorithmen persönliche Stimmen bevorzugen und Zielgruppen stärker auf authentische Impulse reagieren als auf klassische Markenbotschaften, wird Corporate Influencing zu einem strategischen Hebel – nicht zu einem Nice-to-have.
Doch wie fängt man an? Wie entsteht ein Konzept, das intern überzeugt, Orientierung schafft und die Grundlage für ein wirksames Programm legt? Ein Einblick in ein reales Kundeprojekt zeigt, welche Schritte dafür notwendig sind und warum ein sorgfältig entwickeltes Konzept oft der entscheidende Erfolgsfaktor für die spätere Umsetzung ist.
Die Ausgangslage: ein guter Zeitpunkt, aber kein einfacher Start
Zu Beginn dieses Projekts war der Wunsch im Unternehmen klar formuliert:
Die Expertise der eigenen Mitarbeitenden sichtbarer machen – nicht poliert, nicht werblich, sondern nahbar, relevant und glaubwürdig.
Gleichzeitig stand man aber auch vor Herausforderungen:
- Das Unternehmen hatte keine interne Erfahrung mit Corporate Influencern.
- Die Stakeholder-Landschaft war breit und vielschichtig.
- Die Erwartungen an das Projekt waren hoch, weil es an eine zentrale strategische Frage rührte: Wie wollen wir als Organisation künftig kommunizieren?
Sehr schnell wurde dem Kunden klar: Ein Corporate-Influencer-Programm startet selten auf Social Media – es startet im Unternehmen. Und damit ging es los in die gemeinsame Arbeit.
Strategie- und Konzeptentwicklung: unser Vorgehen
1. Orientierung & Erwartungsklärung
Bevor die operative Arbeit beginnen konnte, stand das gemeinsame Verstehen im Mittelpunkt. In dieser Phase zeigte sich, wie viele implizite Fragen hinter einem solchen Projekt liegen: Was wollen wir eigentlich erreichen? Wer soll beteiligt sein? Welche Chancen sehen wir und welche Sorgen existieren im Hintergrund?
2. Analyse: Wo stehen wir eigentlich?
Um diese Fragen zu beantworten, haben wir intensiv zugehört und viele, viele Fragen gestellt.
Gemeinsam mit dem Kunden betrachteten wir zunächst die aktuelle Kommunikation:
Wie wird heute kommuniziert? Welche Zielgruppen spielen eine Rolle? Welche Themen prägen das Geschäft – und welche davon sollten später in einem Corporate-Influencer-Programm sichtbar werden? Wie groß ist die interne Bereitschaft, sich persönlich zu zeigen? Und wie viel Zeit steht realistisch zur Verfügung?
Dabei wurde schnell deutlich, dass nicht der Umgang mit LinkedIn das Problem war, sondern die interne Komplexität: viele Beteiligte, viele Perspektiven, unterschiedliche Erwartungen.
Genau deshalb war es in dieser Phase besonders wichtig, die Stakeholder sichtbar zu machen. Gemeinsam kartografierten wir das interne Feld: Wer wird vom Programm profitieren? Wer wird gefordert sein? Wer muss abgeholt werden?
Diese Vorarbeit schuf Klarheit – und vor allem ein gemeinsames Verständnis für das, was später kommen würde.
3. Ein gemeinsames Zielsystem
Mit dem analytischen Fundament begann die eigentliche Konzeptarbeit, die geprägt war von einem Ziel: ein Konzept zu entwickeln, das Orientierung gibt, Vertrauen schafft und zugleich genug Flexibilität lässt, damit das Programm später mit Leben gefüllt werden kann.
Im nächsten Schritt arbeiteten wir daran, ein Zielsystem zu definieren, das für alle relevanten Bereiche Sinn ergibt: Kommunikation, Marketing, Produkt, HR und die Führung.
Besonders wichtig war uns, zwei Missverständnisse gleich am Anfang auszuräumen:
- Corporate Influencing macht man nebenbei. (Nein!)
- Corporate Influencer sind kontrollierbare Sprachrohre des Unternehmens. (Nein!)
Es ist wichtig, solche Grundsätze zu besprechen, damit aus einem gemeinsamen Verständnis heraus die Ziele definiert werden können: Expertise sichtbar zu machen, Themen und Produkte glaubwürdig zu erklären, relevante Zielgruppen zu erreichen und Vertrauen aufzubauen.
Diese Ziele wurden gemeinsam abgestimmt, geschärft und verankert. Erst dadurch wurde das Programm anschlussfähig für alle Beteiligten – von der operativen Ebene bis zur Geschäftsführung.
4. Rollen, Governance & Verantwortlichkeiten
Sobald die Ziele klar waren, rückte ein anderes Thema in den Fokus: Governance.
Denn ein Corporate-Influencer-Programm funktioniert nur, wenn alle Beteiligten wissen, wer was entscheidet, wer begleitet und wo Freiräume sind.
In vielen Unternehmen ist genau das der Knackpunkt: Es gibt Unsicherheiten, unausgesprochene Befürchtungen oder schlichtweg Unklarheiten. Also haben wir gemeinsam ein transparentes und nachvollziehbares Rollenmodell entwickelt.
Dabei spielte die Rolle der Führungskräfte eine besondere Rolle. Denn auch wenn sie nicht selbst posten, sind sie entscheidend dafür, dass Mitarbeitende sich sicher fühlen – zeitlich, kulturell, politisch.
Ebenso wurde klar: Corporate Influencer brauchen Orientierung, aber keine Kontrolle.
Sie sind keine Lautsprecher der Unternehmenskommunikation, sondern Expert:innen mit eigener Perspektive. Oder anders ausgedrückt: es gibt keine Rolle des Freigebers.
Diese Phase schuf vor allem langfristige Sicherheit.
5. Content- und Kanalstrategie
Nachdem die strukturellen Grundlagen standen, ging es um die Frage: Welche Inhalte sollen Corporate Influencer eigentlich sichtbar machen? Unser Ansatz: ein einfaches, gut nachvollziehbares Inhaltsmodell, das nicht vorschreibt, sondern inspiriert.
Drei Säulen bildeten dabei den Rahmen:
- Fachliche Impulse – echte Expertise sichtbar machen
- Einblicke in Arbeit und Weiterentwicklung – authentische Einordnungen statt Marketingtexte
- Persönliche Perspektiven – Haltung, Learnings, Erfahrungen
Dadurch entstand kein starres Content-Korsett, sondern eine Art „Themenraum“, in dem sich zukünftige Corporate Influencer frei bewegen können.
Kanalstrategisch fiel die Wahl klar aus: LinkedIn first. Nicht, weil es ein Trendthema ist, sondern weil Personen dort sichtbar und wirksam kommunizieren können. Und weil der Algorithmus persönliche Profile klar bevorzugt.
6. Programmdesign: von der Idee zum konkreten Fahrplan
Die spannendste Frage für viele im Unternehmen war: Wie sieht das Programm konkret aus? Was passiert wann? Mit wem? Wie? Und was brauchen wir dafür? Es wurde nun also konkret.
Wir entwickelten ein Programmdesign, das realistisch, motivierend und strukturiert genug war, um direkt in die Umsetzung zu gehen. Kernthemen waren die Größe der Gruppe, der Auswahlprozess, die Zeitbudgets und Rahmenbedingungen, und vor allem: ein klarer Enablement-Fahrplan und Zeitplan für das gesamte Projekt.
Dieser Fahrplan war entscheidend, denn er gab allen Beteiligten das Gefühl, nicht ins kalte Wasser zu springen. Stattdessen entstand ein begleiteter Lernprozess, in dem LinkedIn-Wissen, Personal Branding, Themenfindung und Sicherheit im Umgang mit Sichtbarkeit vermittelt wurden.
7. Stakeholdermanagement: die unsichtbare Schwerstarbeit
Ein Corporate-Influencer-Programm funktioniert nur, wenn das Umfeld bereit ist, es zu tragen.
Deshalb war das Stakeholdermanagement der vielleicht wichtigste Baustein des gesamten Konzepts.
Wir identifizierten früh, wer informiert, wer überzeugt werden, wer unterstützen muss und wer später eine organisatorische Rolle spielen würde. Aus einer Stakeholder-Matrix entstand dann ein entsprechender Kommunikationsfahrplan: Wer wird wann, wie und durch wen über das Programm auf dem Laufenden gehalten?
Diese Arbeit wirkt nach außen leise – aber sie entscheidet intern über Erfolg und Misserfolg.
Denn ein Corporate-Influencer-Programm verändert Kommunikationsroutinen. Und Veränderung braucht Verbindung.
Durch die klare Stakeholder-Strategie wurde das Konzept später ins Unternehmen getragen und die Umsetzung konnte starten.
Was wir aus der Konzeptphase gelernt haben – und warum sie sich gelohnt hat
Aus diesem konkreten Projekt lassen sich sieben zentrale Erkenntnisse ableiten, die sich in vielen Corporate-Influencer-Projekten bestätigen:
- Corporate-Influencer-Programme sind Kulturprojekte – keine Social-Media-Projekte.
- Die Konzeptphase ist entscheidend für spätere Stabilität.
- Governance schafft Mut und nimmt Unsicherheiten.
- Führungskräfte müssen sichtbar unterstützen.
- Qualität schlägt Quantität – in Teilnehmenden wie in Inhalten.
- Content entsteht nicht im Konzept, sondern in der Umsetzung – durch Menschen.
- Stakeholdermanagement ist der stärkste Hebel für Akzeptanz.
Am Ende der Konzeptphase lag ein Dokument vor, das gleich mehrere Funktionen erfüllte: Entscheidungsvorlage für die Geschäftsführung, Orientierungsrahmen für alle relevanten Stakeholder, konkreter Fahrplan für die Umsetzung, welcher exakt beschreibt, wie das Programm starten und wachsen kann.
Das Konzept war nicht nur ein Plan – es war ein Commitment-Prozess. Es brachte Klarheit, Sicherheit und eine gemeinsame Sprache ins Unternehmen. Wenn ein Konzept sauber entwickelt ist, wird die Umsetzung kein Experiment, sondern eine logische Folge. So wie auch bei diesem Kunden: das Corporate Influencer Projekt ist inzwischen in die durch uns begleitete Umsetzungsphase gestartet.
Fazit: Wirksame Corporate-Influencer-Programme beginnen lange vor dem ersten Post
Corporate-Influencer-Programme sind kein Zusatzbaustein in der Social-Media-Planung.
Sie sind ein strategisches Kommunikationsinstrument, das Menschen ins Zentrum stellt und damit Wirkung erzeugt, die klassische Kanäle nicht mehr leisten können.
Je sorgfältiger diese Grundlagen gelegt werden, desto mutiger, authentischer und wirksamer kann die Kommunikation später werden. Das ist der eigentliche Wert eines guten Corporate-Influencer-Konzepts: Es macht Wirkung möglich.




