Die Nutzung von Onlinemedien zur Informationsgewinnung und Entscheidungsfindung ist ein Thema, das in der Onlinenutzungsforschung regelmässig untersucht wird. Ergebnisse aus Nutzerpanels, die von Unternehmen wie Nielsen oder der GfK betrieben werden, fokussieren sich aber vornehmlich auf Endkonsumenten bzw. den Endnutzer.
Untersuchungen über die Onlinemediennutzung von Einkäufern oder „Influencern“ von Einkäufern in Wirtschaftsunternehmen sind weit weniger verfügbar und werden meistens von Dienstleistungsunternehmen wie Unternehmensberatungen, Webagenturen oder Softwareunternehmen betrieben, die ein Eigeninteresse daran haben, über solche Untersuchungen die Relevanz eigener Dienstleistungen zu belegen.
Die Gründe für den Mangel an Untersuchungen in diesem Bereich kann man nur vermuten: Im Vergleich zu den Abläufen bei Endkonsumenten (B2C), sind Transaktionsprozesse zwischen Unternehmen (B2B) komplexer, Themen schwerer zu durchdringen und auf die Akteure schwer zuzugreifen.
Auf der anderen Seite ist dieser Bereich wichtig: Solche inter-organisationalen Transaktionsprozesse sind gemessen am Umsatzvolumen viel größer als das Volumen im Endkundengeschäft. Viele Unternehmen haben als einzige Kunden andere Unternehmen. Um es einmal zu veranschaulichen: Von den Top 25 europäischen Unternehmen in der Forbes-Liste, ist nur ein Unternehmen (Nestlé) fast ausschließlich im B2C-Bereich unterwegs, alle anderen Unternehmen haben entweder einen bemerkenswert großen Anteil an B2B-Geschäft oder deren Hauptfokus liegt sogar auf andere Unternehmen als Abnehmer (z.B. Rio Tinto oder Siemens). Und alle diese 25 Unternehmen sind selber große B2B Abnehmer (Grundstoffe, Dienstleistungen, Maschinen, Infrastruktur-Leistungen, etc.).
Das große Interesse dieser Unternehmen, Beziehungen zu anderen Unternehmen auch kommunikativ zu gestalten, führt zu erheblichen Anstrengungen darin, potentielle Geschäftspartner mit Informationen zum Angebot von Unternehmen, mit Kompetenzbeweisen im Web oder mit Dialogangeboten auf Social Media zu erreichen.
Die Hauptakteure als Mediennutzer auf der Abnehmerseite sind Einkäufer und deren „Influencern“. Dabei sind hauptsächlich Ingenieure diejenigen, die Spezifikationen für notwendige Güter oder Dienste definieren und somit wichtige „Influencer“ von Einkäufern.
Die Untersuchung der Praxis der Onlinemediennutzung könnte dabei helfen die folgenden Fragen zu beantworten:
- Wie werden Onlinemedien und Onlinemedienquellen im Rahmen von Einkaufsprozess (inkl. Vorbereitender Informationsgewinnung, Anbieterauswahl usw) genutzt?
- Welche Rolle spielen Onlinemedien in den unterschiedlichen Stufen eines Entscheidungsprozesses?
- Wie werden die unterschiedlichen Onlinequellen in Bezug auf Glaubwürdigkeit bewertet?
- Welche Onlinemedien / Quellen werden genutzt, speziell im Hinblick auf neue Formate in der Kommunikation, wie Social Media, visueller Onlineformate (Infografiken, Clickable Interactives), aber auch in Bezug auf konservative Formate (Text-Bild-Kombinationen) und in Bezug auf der Nutzung von Suchmaschinen und Verzeichnissen?
- Welche Geräte werden eingesetzt?
- Wie intensiv ist die Mediennutzung?
- Welche Unterschiede existieren dabei hinsichtlich der Nutzung in Bezug auf Alter, Geschlecht und Rolle des Nutzers?
Meine Vermutung ist, dass die Onlinemediennutzung bei Einkäufern und Ingenieuren groß ist, aber die Relevanz für den Entscheidungsprozess speziell bei Einkäufern eher gering ist. Vielmehr ist meine These, dass Ingenieure eine entscheidende Rolle spielen, weil Spezifikationen mit Hilfe von Informationen definiert werden, die online recherchiert wurden oder indem diese Akteure die Einkäufer auf Anbieter hinweisen.
In Bezug auf Onlinequellen wäre eine These, dass Kommunikationsaktivitäten von Anbietern signifikant dabei helfen können, Sichtbarkeit für deren Angebote generieren können – während gleichzeitig unabhängige Quellen sie Online-Fachmedien, Business Directories, Fachforen über die größte Glaubwürdigkeit verfügen und den Grund bereiten für die Bewertung von von Unternehmen bereit gestellten Informationen.
Wenn die Vermutungen stimmen sollten, müsste ein erheblicher Teil der B2B-Kommunikationsaktivitäten anders aufgesetzt werden, als es heute getan wird.
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