Kommunikationstrends

Die lebende Totgesagte: Mitarbeiterzeitschrift im Multi-Channel-Publishing

4. Februar 2015 · von Verena Waldbröl · 4 Minuten Lesedauer · Keine Kommentare

Die Mitarbeiterzeitschrift der Zukunft muss offen sein für neue Formate. Sie verbindet sich mit anderen Content-Plattformen des Unternehmens. Multi-Channel-Publishing ist für sie überlebensnotwendig – denn die Bedürfnisse und Ansprüche derer, für die sie gemacht ist, ändern sich stetig. Wer davor die Augen verschließt, dem bleibt bald nicht viel mehr als ein eselsohriger Stapel totes Papier. Das zeigt auch eine im Februar 2014 von Kuhn, Kammann & Kuhn und der SCM durchgeführte Studie mit Personen aus der Kommunikationsbranche: Heute wird die Mitarbeiterzeitschrift größtenteils gedruckt (84,6 %) oder liegt als statisches PDF vor (59,3 %). Bei der Frage, welchen Kanälen ihrer Meinung nach die Zukunft gehöre, nennen die Teilnehmer hauptsächlich digitale Formate: Laut Studie werden vor allem Online-Magazine (86,0 %), Magazin-Apps (69,4 %) und interaktive PDFs (46,3 %) zukünftig häufiger in der internen Kommunikation eingesetzt. Auf Print verzichten wollen die meisten dennoch nicht. 71,2 % der Befragten setzen für die Zukunft ebenfalls auf das analoge Medium. So eignet sich ein Print-Magazin zum Beispiel gut für Hintergrund-Reportagen, aktuelle News hingegen sind oft besser in den Online-Kanälen aufgehoben.

Print funktioniert – noch

Mitarbeiterzeitschriften sind also längst nicht zum Aussterben verdammt. Sie funktionieren auch in Zeiten des digitalen Wandels – wenn man es richtig anpackt: kritisches Hinterfragen statt oberflächlicher Berichterstattung, ein offener Dialog statt Top-Down-Kommunikation vom Vorstand, und ehrliche Antworten statt Floskeln. Sinn macht ein selbstbewusster Dialog, der etwas anstößt und nicht wirkungslos verpufft. Denn nichts turnt mehr ab als eine weichgespülte Vorstandspostille. Leider lähmt die Angst vor Kritik oft jeden Vorstoß, das Blatt für die Mitarbeiter interessant zu machen. Unternehmen befürchten, dass Internes nach außen dringt. Das geschieht jedoch garantiert auch ohne Mitarbeiterzeitschrift – und zwar immer dann, wenn intern etwas nicht stimmt. Dennoch: Die Gratwanderung zwischen einem ehrlichen, glaubwürdigen Medium und der Wahrung von Betriebsinterna muss letztendlich jedes Unternehmen selbst bewältigen. Hier gilt es, jeweils individuelle Lösungen zu finden. Trotz dieser Herausforderung sind die meisten Unternehmensvertreter im deutschsprachigen Raum von der Mitarbeiterzeitschrift im Print-Format überzeugt: Laut der Basis-Studie 2014 des Forum Corporate Publishing denken zwei Drittel der Befragten, dass Print-Medien auch zukünftig eine wesentliche Rolle einnehmen werden. Neun von zehn Unternehmen betreiben bereits Corporate Publishing beziehungsweise Content Marketing. Oft kombinieren sie bereits Print-Medien und digitale Medien.

Multi-Channel-Publishing erreicht die Mitarbeiter

Genau hier müssen Unternehmen in Zukunft weiter investieren. Multi-Channel-Publishing wird immer wichtiger – und ist bei effizient gestalteten Prozessen nicht einmal teurer. Print macht Sinn, aber nicht allein. Digitale und analoge Medien ergänzen sich prima. Gemeinsam sind sie schlagkräftig und decken die Bedürfnisse der Mitarbeiter ab. Die Rollen der einzelnen Kanäle müssen allerdings klar definiert sein. Dazu gehört auch, Themen und Formate im Vorfeld festzulegen, um schon im Entstehungsprozess Transparenz zu schaffen und Redundanzen zu vermeiden. Letztendlich ist aber eines am wichtigsten: Nur authentische, glaubwürdige Kommunikation erreicht diejenigen, für die sie gemacht ist: die Mitarbeiter.

In eigener Sache: Das Labor für Innovation als Lieferant für Inhalte

1. Oktober 2014 · von Jörg Hoewner · 1 Minute Lesedauer · Keine Kommentare

Unsere liebe Schwester 40° Labor für Innovation hat das Portfolio erweitert und liefert Fakten zu Innovations-, Research- und Trendthemen entweder schlüsselfertig formatiert (Whitepaper, Future News) oder roh. Als Impulsgeber oder als Content-Lieferant für die Unternehmenskommunikation. Einfach mal in die Präsentation blicken:

 

Böse, böser, PowerPoint?

16. Juli 2014 · von Philippe Kramer · 5 Minuten Lesedauer · Keine Kommentare

PowerPoint macht dumm. Das jedenfalls behauptet die Frankfurter Allgemeine Zeitung in einem Artikel zu einer Studie des Münchener Bildungsforschers Dr. Christof Wecker. Eine ziemlich gewagte These der FAZ, denn anders als der Artikel es glauben macht, warnen Forscher keineswegs vor PowerPoint und das Programm mache auch nicht dumm. Das gibt die Meta-Analyse, die der Münchener Wissenschaftler anhand von 40 Studien zu dem Thema durchgeführt hat, auch nicht her. Stattdessen greift der Artikel das weit verbreitete Klischee „Todesursache: PowerPoint“ (besser bekannt als „Death by PowerPoint“) auf, und driftet dann auch noch ins Reich der Polemik ab, wenn die Rede davon ist, dass heutzutage sogar Bäckerei-Fachverkäuferinnen PowerPoint-Schulungen ertragen müssten.

PowerPoint am Pranger

Mit allem steht dieser Artikel nicht alleine. Die Kritik am weitverbreiteten Programm von Microsoft ist nicht neu. Kürzlich fragte das Wall Street Journal „Did PowerPoint Ruin GM?“ und spielte damit auf ein Desaster an, in dem der amerikanische Autokonzern General Motors nicht rechtzeitig Schlüsse aus einer Serie von tödlichen Unfällen zog. Ursache war ein mangelhaft konstruiertes Zündschloss. Während tatsächlich einige wichtige Zahlen in den Präsentationsdokumenten untergingen oder in den Anhang wanderten, was den Rückruf um einige Monate verzögerte, gingen dem mehrere Jahre mit Managementfehlern und Kommunikationsproblemen voraus, die nichts mit PowerPoint zu tun hatten. Ein Bericht für die National Highway Traffic Safety Administration zeigt die Fehler bei GM deutlich auf.

Doch was ist das Problem mit PowerPoint? Weckers Ergebnisse lassen sich leicht zusammenfassen: Folien werden zur Hauptsache, der Präsentator wird zur Nebensache, der eigentliche Vortrag wird vergessen oder gar nicht erst wahrgenommen. Das beschreibt die klassische PowerPoint-Präsentation sehr treffend. Zu viel Text auf den Folien, unklare Grafiken, die eher dekorieren statt illustrieren. Alles das zieht nicht nur Aufmerksamkeit weg vom Vortrag, sondern macht die Informationen meist unnötig kompliziert. Das Resultat: ein Vortrag, der ohne PowerPoint-Präsentation wahrscheinlich besser gewesen wäre.

It’s not the software, stupid

Doch die Kritik geht in die falsche Richtung, denn meist wird das Programm selbst als Grund für die PowerPoint-Misere überall angesehen, und nicht der Nutzer. Dabei erscheint es zunächst einleuchtend. Ein Programm, das schätzungsweise auf einer Milliarde von Rechnern installiert ist, und es Nutzern ohne langjährige grafische Ausbildung leicht macht, Text und Grafik zu kombinieren. Das kann doch nicht funktionieren. Hinzu kommt das, was der emeritierte Yale Professor Edward Tufte den „cognitive style“ von PowerPoint nennt. Danach fördere das Programm hierarchisches und lineares Denken, Dekoration und das Übernehmen voreingestellter Standards. Der Kern des Problems ist jedoch nicht was PowerPoint macht, sondern wie es verwendet wird. Längst ist es nicht mehr nur ein Werkzeug für Vorträge, die mit visuellen Zusatzinformationen angereichert werden sollen. Es ist Teleprompter, Kollaborations-Tool, Bericht-Generator, Broschüren-Gestalter und Animationsfilm-Studio für alles vom Meeting mit einer Handvoll Kollegen bis zur großen Aktionärshauptversammlung. Das ist jedoch eher eine Stärke von PowerPoint. Ideen lassen sich mit PPTs einfach und schnell in Organisationen verbreiten.

Ziel- und gruppengerecht kommunizieren!

Wir Nutzer von Vancouver bis Vanuatu sind jedoch unkritisch geworden, wann und wie ein PowerPoint-Dokument Sinn macht. Die langen Bulletpoint-Listen und Tabellen-Slides, die ich mit meinen Kollegen nach vielen Tagen zusammen erarbeitet habe, eignen sich nicht für Vorträge, in denen ich klare Botschaften vermitteln und begeistern möchte. Anders herum funktionieren bildreiche, auf wenige Schlagwörter reduzierte Dokumente nicht, wenn komplexe Zusammenhänge anschaulich und informativ wiedergegeben werden müssen. Zwischen diesen Extremen bewegt sich der Einsatz dieses Programms, und daran wird sich auf absehbare Zeit nur wenig ändern, aber wir können Foliensatz und Anlass besser aufeinander abstimmen. Viel zu oft wird vergessen, dass es auf uns und unsere Entscheidungen ankommt, wenn wir PowerPoint nutzen. Dazu müssen wir keine Designer sein, um gute Präsentationen zu erstellen. Wir sollten öfter reflektieren, was wir sagen wollen und wem wir es sagen wollen. Hinzu kommt, dass wir oft vergessen, wann ein Gespräch, ein Meeting, eine Rede frei von Präsentationssoftware sogar besser wäre. Nancy Duarte, eine ausgewiesene Präsentationsexpertin, schrieb vor einiger Zeit, dass man auch keine Präsentation halten würde, um jemandem zu sagen dass ein Tiger hinter ihm stehe. Wer das macht, der ist tatsächlich dumm. Die Schuld von PowerPoint wäre das übrigens nicht.

Wenn’s ums große Ganze geht: Präsentieren mit Prezi

4. Juli 2014 · von Diana Diroll-Biergans · 6 Minuten Lesedauer · Keine Kommentare

K12 entwickelt und gestaltet für seine Kunden professionelle Prezi-Präsentationen. Was es damit auf sich hat, für welche Inhalte sich Prezi am besten eignet und was den Unterschied zwischen Prezi und PowerPoint ausmacht, erklärt Julia Klasen, Beraterin für visuelle Kommunikation bei K12, in folgendem Interview.

jk

Julia Klasen, Beraterin für visuelle Kommunikation bei K12

Was ist Prezi genau?
J. Klasen: Prezi ist ein Programm, mit dem wir Präsentationen auf einem virtuellen Blatt Papier erstellen können. Anders als zum Beispiel bei PowerPoint-Folien gibt uns Prezi unbegrenzten Platz, um komplexe Geschichten zu erzählen – und auch die Möglichkeit, in Details abzutauchen. So lassen sich, ähnlich wie bei einer Mindmap, zahlreiche Verästelungen einbauen und Gedanken weiterverfolgen. Aus technischer Sicht ist Prezi eine flashbasierte, plattformunabhängige Software, die man flexibel nutzen kann: als Web-Anwendung oder offline, auf einem Windows-PC oder Mac. Es gibt sogar eine kostenlose App für das iPad.

Welche Möglichkeiten bietet eine Prezi-Präsentation?
J. Klasen: In Prezi gibt es eine Präsentationsfläche, ein interaktives Whiteboard, auf der sich unterschiedlichste Inhalte einbinden lassen, zum Beispiel Textfelder, Bilder sowie Grafiken und Filme. Der Präsentator kann die Objekte frei bewegen: vergrößern oder verkleinern, drehen oder verschieben – das ist alles kein Problem. Für eindrucksvolle Effekte und variable Ansichten sorgt die Zoom-Funktion, denn durch das Zoomen kann man dargestellte Inhalte vertiefen und Detailinformationen näher beleuchten. Noch dynamischer wirkt die Präsentation, wenn die verschiedenen Objekte durch einen Pfad verbunden sind. Wie bei Google Earth kann man einzelne Inhalte aus unterschiedlichen Perspektiven – aus der Luft oder vom Boden aus – und in 3-D betrachten.

Ist Prezi das bessere PowerPoint?
J. Klasen: Das kann man so nicht sagen, denn jede Präsentation, jeder Vortragende, jedes Publikum und jede Vortragssituation ist anders. Bevor sich ein Kunde für ein Programm entscheidet, sollte er sich bewusstmachen, welches Ziel er mit der Präsentation erreichen möchte. So eignet sich PowerPoint sehr gut, um lineare Argumentationen darzustellen. Da die Folien eine feste Reihenfolge haben, ist PowerPoint eher unflexibel und statisch, die Dynamik liegt ganz beim Präsentator. In Prezi hingegen kann der Präsentierende statt Fakten aneinanderzureihen, seine Geschichte flexibel erzählen und je nach Situation verschiedene Schwerpunkte setzen. Da auf der Präsentationsfläche beliebig viele Inhalte stehen können, lassen sich mit Prezi komplexe Sachverhalte und Strukturen sehr gut visualisieren.

Und welches Programm ist praktikabler?
J. Klasen: PowerPoint ist ein sehr verbreitetes Präsentationsprogramm, das lokal auf der Festplatte gespeichert wird. Um Prezi nutzen zu können, braucht man eine gute Internetverbindung. Es sei denn, man lädt sich die Präsentation als „portable Prezi“ herunter. Diese kann der Nutzer dann offline präsentieren, aber nicht weiter bearbeiten – außer er zahlt. Ein weiteres Manko der freien Version ist der begrenzte Speicherplatz und das präsente Prezi-Logo. Außerdem lässt sich die Präsentation nicht als Handout ausdrucken.

Wie gelingt es, in der Prezi-Präsentation Orientierung zu geben?
J. Klasen: Prezi-Präsentationen wirken schnell unruhig. Man kann von einer Stelle zur anderen springen und ins Bild hinein- oder herauszoomen. Damit die Präsentation nicht den Eindruck vermittelt, es gehe hier um reine Effekthascherei, ist es wichtig, dem Zuschauer einen roten Faden zu bieten, an dem er sich orientieren kann. Gerade weil Prezi keinen linearen Ablauf hat, müssen die Inhalte verständlich und strukturiert sein. Das „Big Picture“ sollte gut erzählt werden und sich logisch aufbauen.

Für welche Anlässe nimmt man besser Prezi, für welche besser PowerPoint?
J. Klasen: Will ein Kunde Inhalte mitreißend und emotional aufbereiten, würde ich ihm zu Prezi raten. Es eignet sich gut für kreative Themen und kann auch komplexe Zusammenhänge visualisieren. Bei klassisch-seriösen Themen, die eine einfache lineare Struktur und Argumentation haben, empfehle ich PowerPoint. Es lässt sich vielseitig für Präsentationen einsetzen.

Prezi und PowerPoint im Vergleich – wie beurteilst du den Aufwand?
J. Klasen: Das kommt ganz darauf an. Man kann auch in PowerPoint sehr viel Aufwand betreiben und umfangreiche Animationen erstellen, die dann fast wie eine Filmanimation wirken. Dabei dürfen Kunden nicht unterschätzen, wie viel Zeit es kostet, um eine professionelle und dynamische Präsentation mit Prezi zu erstellen – obwohl das Programm einfach zu bedienen ist. Wenn nur wenig Zeit bis zum Präsentationstermin bleibt, halte ich PowerPoint für die bessere Lösung.

Was ist das Geheimnis einer professionell gestalteten Präsentation?
J. Klasen: Eine Präsentation sollte trockene Inhalte anschaulich verpacken und verständlich vermitteln. Damit das Publikum sich nicht langweilt, sollten die Informationen kurz gehalten und einprägsam sein. Außerdem ist es wichtig, einen Spannungsbogen zu entwickeln, der sich durchzieht. Eine schlichte Gestaltung gibt den passenden Rahmen.

Licht und Schatten: Wearables stellen Unternehmen vor neue Herausforderungen

5. Juni 2014 · von Diana Diroll-Biergans · 7 Minuten Lesedauer · 1 Kommentar

Viel Wirbel gibt es zurzeit um Google Glass: Die innovative Datenbrille zählt aktuell zu den Top-Themen in den Medien. Dabei ist das Brillenwunder nur ein Beispiel für die vielen Formen tragbarer Computertechnologie mit Internetanschluss. Die sogenannten „Wearables“ verändern unser Leben und eröffnen bisher unbekannte Möglichkeiten in Kommunikation und Marketing. Welche Chancen und Risiken durch die neuen Technologien entstehen können, hat K12 zusammen mit LICHTE Rechtsanwälte und der Kommunikationsagentur navos in einem White Paper aufgezeigt: „Wenn die Brille zur Waffe wird. Chancen und Risiken von Wearable Computing in der Kommunikation.“ Warum Wearables aus juristischer Sicht eine besondere Herausforderung für Unternehmen darstellen, erklärt Dr. Oliver Schäfer, Experte für Urheber-, Medien- und IT-Recht von LICHTE Rechtsanwälte, im Interview.

Dr. Oliver Schäfer, Rechtsanwalt

Herr Dr. Schäfer, Wearables werfen ganz neue Fragen auf, zum Beispiel in punkto Datensicherheit. Bedeutet das, wir brauchen neue Gesetze?

Dr. O. Schäfer: Nein, denn durch Wearables ergeben sich keine grundlegend neuen rechtlichen Probleme. Letztendlich geht es dabei um Ansprüche, für die es bereits rechtliche Regelungen gibt: Datenschutz, Persönlichkeitsrechte, Rechte am eigenen Bild oder das Urheberrecht. Auch andere neue Technologiethemen, wie etwa Domains, ließen sich bisher – jedenfalls im Zivilrecht – recht gut in die bestehenden Gesetze integrieren.

Welche Probleme kommen dann auf uns zu?

Dr. O. Schäfer: Wearables fordern immer komplexere Ansätze, um rechtliche Normen durchzusetzen. So ist es zum Beispiel jederzeit möglich, dass ich über die Straße gehe und mich ein vollkommen Unbekannter mit Google Glass filmt und die Aufnahmen von mir weiterverwendet. Teilweise bemerke ich gar nicht, dass ich gerade gefilmt werde – das ist ein großes Problem. Im Grunde genommen werden meine Persönlichkeitsrechte verletzt. Aber um meine Rechte einzufordern, müsste ich erst einmal wissen, dass es passiert. Was die Sache zusätzlich verkompliziert: Die Grenzen zwischen privater und geschäftlicher Nutzung verschwimmen.

Inwiefern?

Dr. O. Schäfer: Es ist faktisch ein großer Unterschied, ob mich das Kamerateam eines Fernsehsenders oder ein Unbekannter filmt. Im ersten Fall bin ich mir der Aufnahmesituation bewusst und kenne den konkreten Ansprechpartner, gegen den ich meine Ansprüche durchsetzen kann, wenn meine Rechte verletzt werden sollten. Bei einer Aufnahme durch Google Glass im Vorbeigehen geht das nicht, da ich gar nicht weiß, ob ich gefilmt werde, wer mich gerade filmt und wofür derjenige die Aufnahmen von mir verwendet. Wearables selbst unterscheiden nicht zwischen Dienst und Freizeit des Trägers, so dass Daten und Bilder in beiden Situationen erfasst werden können. Für den Träger und sein Gegenüber kann diese Grenze bei der Datenerfassung ebenfalls nicht mehr trennscharf gezogen werden.

Wie können Unternehmen sich auf diese Situation vorbereiten?

Dr. O. Schäfer: Unternehmen sollten überlegen, welche Interessen und welches Schutzbedürfnis sie haben und wie sie diese intern und extern rechtlich und tatsächlich umsetzen können. Um eine passende Lösung zu finden, müssen sich Firmen bewusstmachen, welche Risiken ihnen drohen und was die Folgen wären, wenn sie ihre Rechte nicht schützen würden.

Welche Risiken können das sein?

Dr. O. Schäfer: Zum Beispiel, dass geheime Industrieanlagen fotografiert und veröffentlicht werden oder dass andere Betriebsgeheimnisse veröffentlicht oder weitergegeben werden. In solchen Fällen sind Fotoapparate oder Mobiltelefone mit Kamera ohnehin meist auf dem Betriebsgelände verboten. Wenn Mitarbeiter sich nicht an das Verbot halten, drohen ihnen Sanktionen. Bei Besuchern kann sich der Werkschutz darum kümmern, unerwünschte Geräte einzusammeln. Aber schwierig wird es, wenn ein Journalist zur Betriebsbesichtigung Google Glass mit Sehstärke trägt. Ihn einfach nach Hause zu schicken, ist da natürlich keine Lösung. Für Fragen wie diese brauchen Unternehmen Regelungen.

Welche Themen sind außerdem relevant?

Dr. O. Schäfer: Generell der Schutz von Daten oder Inhalten. Zum Beispiel sind Unternehmen dazu verpflichtet, personenbezogene Mitarbeiter- und Bewerberdaten zu schützen. Oder wenn es darum geht, die Inhalte einer internen Besprechung geheim zu halten. Auch große Veranstaltungen, gerade im kulturellen Bereich, können zum Problem werden. Wenn über 1.000 Menschen zusammenkommen, ist es schwer durchzusetzen, dass keine Aufnahmen gemacht und verbreitet werden. Ebenfalls ist zu klären, wie Unternehmen mit personenbezogenen Daten umgehen, die ihre Mitarbeiter mit dienstlich verwendeten Wearables erfasst haben.

Welche Auswirkung hat der Einsatz von Wearables zum Beispiel bei Marketing-Aktionen?

Dr. O. Schäfer: Im Grunde genommen gibt es keinen Unterschied, ob man bei einer Foto-Aktion ein Bild einsendet, das mit Google Glass oder mit einer herkömmlichen Kamera gemacht wurde. Rechtlich gesehen kommt es nicht darauf an, womit etwas aufgenommen wurde, sondern ob der Fotografierte damit einverstanden ist. Nach dem Persönlichkeitsrecht kann jeder selbst bestimmen, ob Bilder von ihm veröffentlicht werden. Das betrifft auch das Urheberrecht. Für beides gibt es natürlich Ausnahmen, aber an diese Vorgabe müssen sich Unternehmen halten und gegebenenfalls Aufklärung betreiben und Einwilligungen einholen.

Wir haben jetzt über die Probleme gesprochen, die Wearables mit sich bringen. Können Unternehmen von dieser Technologie auch profitieren?

Dr. O. Schäfer: Wearables bieten viele Funktionen, die für Unternehmen interessant sind. So sind die über Wearables erfassten Gesundheitswerte für Krankenversicherungen sicherlich höchst aufschlussreich. KFZ-Versicherungen bieten schon Tarife an, bei denen Versicherte ihren Fahrstil per GPS überwachen lassen. Wer besonders sicher fährt, wird etwa mit einen Monat Versicherungsschutz gratis belohnt. Und GPS-Sender und Mobiltelefone können im Ernstfall Leben retten, indem sie zum Beispiel bei einem Chemieunfall anzeigen, ob sich noch Personen in dem Gebäude befinden. Auch Einsatzkräfte können im Rettungsfall damit besser überwacht und gesichert werden. Bildübertragende Geräte wie Google Glass bieten auch bei der Fernwartung von Anlagen große Einsparpotentiale, weil nicht immer ein Experte vor Ort sein muss. Dabei sollte man sich natürlich immer im Klaren darüber sein, wer alles auf die übertragenen Daten Zugriff hat. Gerade kostenlose cloudbasierte Dienste stellen Unternehmen vor ernsthafte Sicherheitsprobleme.