Von Babette Schneckener und Delia West
Gefährden Online-Spiele die Jugend? Können soziale Medien depressiv machen? Sollten DSGVO und Mediennutzung Teil des Unterrichts sein? Wer sich über digitale Medien und Schule informiert, stößt schnell auf die ganz großen gesellschaftlichen Themen. Praktische Fragen der Ausstattung und Medienkompetenz spielen dagegen eine eher untergeordnete Rolle. Dabei sind sie das, was Schulen wirklich umtreibt – wie wir in einer Projektzusammenarbeit mit einem Leverkusener Gymnasium erfahren haben.
Über ein Schüler:innenpraktikum hatten wir im vergangenen Herbst Kontakt zum Leverkusener Lise-Meitner-Gymnasium. Diese Gelegenheit haben wir genutzt, um die dortige Initiative „Instagram fürs LMG“ beratend zu unterstützen, gemeinsam Content-Ideen für den Schul-Account zu entwickeln und mehr darüber zu erfahren, welche Rolle Social Media und die Vermittlung von Medienkompetenz in der Schule spielen.
Unsere wichtigsten Erkenntnisse:
1. Der Wille ist da. Die Infrastruktur schwächelt.
Bei einer Umfrage des Verbands Bildung und Erziehung aus dem Jahr 2021 gaben 27 Prozent der befragten Schulleiter:innen an, dass die (mangelhafte) digitale Ausstattung zu den größten Problemen zählt. Breitbandinternet und WLAN waren lediglich in etwas mehr als der Hälfte der Schulen in allen Klassenräumen verfügbar.
Dass es diese Hürden gibt, bestätigt unsere Ansprechpartnerin am Lise-Meitner-Gymnasium Judith Abel, die als Mitglied der erweiterten Schulleitung den Bereich Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit koordiniert: „Der Ausbau der Schulnetzwerke ist eine große Herausforderung – aber notwendig. Denn es ist einfach unglaublich ermüdend und frustrierend, wenn man mediale Technik und Inhalte in den Unterricht eingeplant hat und dann nichts funktioniert. Umso mehr freue ich mich, dass die Stadt bereits in den Sommerferien mit dem Netzwerkausbau begonnen hat.“
Dabei ist es durchaus erwünscht, dass Schulen in NRW Medienkompetenz vermitteln – das legt zumindest der Medienkompetenzrahmen nahe!
2. Digitale und soziale Medien haben einen festen Platz im Schulalltag.
Das Lise-Meitner-Gymnasium betreibt eine Website mit geschlossenem Bereich für die Elterninformation, postet den aktuellen Vertretungsplan über ein mobil erreichbares digitales schwarzes Brett und verschickt regelmäßig Newsletter. Kurz: Es nutzt engagiert und nutzerorientiert die Möglichkeiten der digitalen Kommunikation, obwohl für solche Bereiche eigentlich kein Personal eingeplant ist.
Der Einsatz von digitalen Medien im Unterricht hat deutschlandweit erst mit der Pandemie an Fahrt gewonnen – allerdings mit unterschiedlichen Auswirkungen für die einzelnen Schulen. So betont die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft in einer Studie, dass „die Lehrkräfte an Schulen mit höherer digitaler Reife die Potenziale ihrer Schülerinnen und Schüler besser fördern können, [während] die Arbeitssituation an digital unterdurchschnittlichen Schulen stärker durch höhere Belastungen, fehlende digitale Lernkonzepte und Hindernisse beim Technikeinsatz geprägt“ ist.
Eine Schule, die wie das Leverkusener Gymnasium bereits seit Langem Online-Kommunikationsmedien nutzt, hat einen entscheidenden Vorteil: digitale Reife. Damit ist sie gut für Digitalisierung im Unterricht vorbereitet – und offenbar auch bereit, Schüler:innen bei Social-Media-Projekten wie „Instagram fürs LMG“ zu unterstützen. „Mir ist dabei wichtig, dass die Initiative die Identifikation der Schüler:innen mit der Schule weiter verbessert und sie sich in einem Bereich engagieren können, der ihnen wichtig ist“, sagt Judith Abel.
3. Es gibt die digital Natives wirklich. Und sie wollen lernen.
Die Schüler:innen, die am Lise-Meitner-Gymnasium in der Initiative „Instagram fürs LMG“ mitarbeiten, bewegen sich in der Freizeit ganz selbstverständlich auf Plattformen wie Tiktok, Snapchat und Instagram. Social-Media-Nutzung gehört zu ihrer Lebenswirklichkeit. Deswegen ist es ein großes Kompliment, wenn sie „ihre“ Schule dort auch öffentlich repräsentiert sehen möchten.
Zu unserer Schulung hatte die Gruppe bereits ein Konzept mit Vorüberlegungen für den neuen Kanal mitgebracht. Darin beantworten die Schüler:innen unter anderem folgende Fragen: Wer hat welche Verantwortung? Welche Informationen müssen enthalten sein? Was kann ein Instagram-Kanal leisten? Was fehlte: eine Idee davon, wie sich dieser Kanal professionell betreuen lässt. Dabei konnten wir natürlich helfen – und haben mit Anwendungsfällen aus dem Agenturalltag gezeigt, wie sich bspw. eine Redaktionsplanung abbilden lässt. Gemeinsam mit der Gruppe haben wir über Strategien zur internen bzw. externen Nutzung des Kanals diskutiert und neue Content-Ideen entwickelt.
Wie wir erfahren haben, hat sich die Gruppe im Anschluss an unsere Schulung intensiv mit dem Thema auseinandergesetzt und dabei erkannt: Für eine nachhaltige Bespielung eines Instagram-Kanals muss vor allem die „Personalplanung“ stimmen. Die Gruppe muss damit umgehen, dass engagierte Schüler:innen nach dem Abitur nicht mehr zur Verfügung stehen. Aktuell entwickelt die Initiative daher einen laufenden Übergabe-und Aktivierungsprozess, um den Schul-Account eröffnen zu können und die anhaltende Betreuung des Kanals zu gewährleisten.
Wir freuen uns weiterhin mit Frau Abel und den Schüler:innen der Initiative „Instagram fürs LMG“ in Kontakt zu bleiben und den ein oder anderen nützlichen Hinweis geben zu können.