
Der Frühsommer ist in Deutschland DIE Saison für Nachhaltigkeitsberichte – oder er war es zumindest bis zum vergangenen Jahr. Denn 2025 lässt sich eine ungewohnte Zurückhaltung beobachten: Viele Unternehmen, die bislang mit Engagement und Stolz ihre Fortschritte bei der Nachhaltigkeit dargestellt haben, treten gedämpfter auf.
Woran liegt das? Vermutlich bremsen vor allem zwei Dinge derzeit die Nachhaltigkeitskommunikation. Da ist zum einen die Omnibus-Direktive der EU, die den Kreis der berichtspflichtigen Unternehmen deutlich verkleinert – und damit das Signal sendet: Mit einem ausführlich kommentierten Nachhaltigkeitsbericht sind derzeit keine Lorbeeren zu ernten. Zum anderen gibt es einen Backlash aus den USA, der ESG-Themen als Symbol für die unerwünschte politische Stellungnahme von Unternehmen ins Visier nimmt.
Beide Entwicklungen verunsichern und haben konkrete Folgen. Intern geraten CSR-Teams unter Rechtfertigungsdruck. Extern wächst die Angst, mit einer zu offensiven Nachhaltigkeitskommunikation in die politische Schusslinie zu geraten. Das Phänomen hat sogar einen Namen: Greenhushing – Unternehmen verschweigen lieber ihre Erfolge bei der Nachhaltigkeit, als sich angreifbar zu machen.
So weit, so entmutigend: Doch wie schaffen wir es, Nachhaltigkeit als starkes Kommunikationsthema zu erhalten und erneut Relevanz zu erzeugen?
1. Nachhaltigkeitsreports als Zukunftsplan begreifen
Nicht umsonst nennen viele Unternehmen ihren Nachhaltigkeitsbericht „Fortschrittsbericht“. Denn die Wesentlichkeitsanalyse zeigt oft besser als andere Instrumente, wie sich das Unternehmen weiterentwickelt – und wo es vielleicht noch Handlungsbedarf gibt.
Der Nachhaltigkeitsbericht ist damit strategisch relevant und kann in der Kommunikation genutzt werden, um die Story des Unternehmens zu erzählen. CSR-Verantwortliche sollten daher im Idealfall Partner der Strategie-Abteilung sein und eng mit der Geschäftsleitung zusammenarbeiten. Sie leisten einen wichtigen Wertbeitrag für ihr Unternehmen.
2. Stakeholder mit auf die Reise nehmen – über alle Höhen und Tiefen
„Tue Gutes und rede darüber“ ist ein alter Kommunikationstipp – und immer noch gut geeignet, um sich die richtige Reihenfolge klarzumachen. Nur wer etwas unternimmt, hat etwas zu erzählen. Und nur wer erzählt, kann Menschen ansprechen und sie für eine Sache begeistern.
Das Thema Nachhaltigkeit profitiert von klassischer Change-Kommunikation: Um viele Stakeholder für die Veränderung zu interessieren, gilt es, auf mehreren Ebenen zu kommunizieren und bei seinen Botschaften zu bleiben.
3. Berichte für Menschen und für Maschinen erstellen
Eigentlich war in der Berichterstattung immer Konsens: Unternehmen sollen offen über Nachhaltigkeit sprechen und Entwicklungen transparent machen. In der aktuellen Phase des Greenhushing verzichten viele Organisationen aber auf die Story und verstecken sich hinter Zahlen – oft ist Nachhaltigkeit dann nur noch ein Unterkapitel im Geschäftsbericht. Für Maschinen ist es zwar kein Problem, die wichtigsten Kennzahlen zu interpretieren und Entwicklungen zu analysieren. Die meisten Menschen dürften die Story aus dem Zahlenapparat aber nicht herauslesen können. Für Unternehmen bedeutet das: Um zu involvieren, muss echtes Storytelling die faktenorientierte Kommunikation ergänzen.
4. Bei den europäischen Reporting-Standards auf dem Laufenden bleiben
Wie ein Nachhaltigkeitsbericht europäischer Unternehmen künftig aussehen sollte, ist gerade in der Diskussion: Ende Juli hat die European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) ihre Entwürfe für die angepassten Berichtsstandards (ESRS) vorgestellt. Bis Ende September ist Zeit, die Vorschläge zu kommentieren.
Bereits jetzt ist klar, dass es einfacher werden dürfte, einen Nachhaltigkeitsbericht zu verfassen. Denn im Vordergrund steht, die Daten gezielter zu erheben und Berichte verständlicher zu machen – mit einem fokussierten Management-Summary, weniger Datenpunkten und Details im Anhang.
Nachhaltigkeitsbericht: Vom Pflichtdokument zur Zukunftserzählung
Rund um den Nachhaltigkeitsbericht gibt es derzeit formale Erleichterungen, politische Risiken, aber auch eine Chance, sich fortschrittlich zu zeigen. Vor allem Unternehmen, die bereits auf einem guten Weg sind, sollten ihre Entwicklung weiterhin dokumentieren. Wer dann noch authentisch über Menschen redet, die nachhaltige Projekte vorantreiben, macht aus Zahlen und Fakten eine gute Story. Und überzeugt mit Haltung.