Untertitel: Between control and emancipation
Kurzverdikt: Die beiden ersten Beiträge reichen eigentlich.
Ok, vielleicht ist das Kurzverdikt etwas harsch. Für Menschen, die sich schwerpunktmäßig mit dem Thema auseinandersetzen, ist es evtl. – wie in der Buchbeschreibung angeteasert – so was wie ein „Must read“. Aber insgesamt finden sich darin jede Menge normativer Aussagen über Social Media-Potentiale, Aussagen über ethische Aspekte des Einsatzes von Sozialen Medien (Stichwort „Slacktivism“) usw., aber relativ wenig Befunde.
Das Einleitungskapitel der Herausgeber fasst eigentlich die Einzelbeiträge genügend zusammen. Herausstehend ist dann auch der erste Beitrag nach dieser Einleitung, von Sebastian Haunss: „Promise and practice of studies of social media and movements“.
Darin fasst er den Stand der Forschung rund um das Thema zusammen (gut gelungen, wie ich finde). Wer sich einen Überblick verschaffen will, dem kann das reichen.
Er fasst zusammen, dass die Wahrnehmung rund um den Einsatz von Sozialen Medien in Protestbewegungen vor allem von den Cyber-Optimisten geprägt wird, die darin die Chance Transaktionskosten für Proteste dramatisch zu senken, Zugangshürden zur Partizipation in Protesten zu verringern und neue Formen des Protestes zu ermöglichen – und all das soll das Spielfeld dramatisch verändern.
Und hier kommen die Realos und Pessimisten ins Spiel: Die Befunde sprechen eine andere Sprache. Ja, es ist was dran an den Erwartungen, aber man darf die neuen Chancen nicht überbewerten. Koordinationskosten sinken in der Tat, aber ohne physische Strukturen, ohne eine entsprechende Organisation geht noch immer nix. Vielmehr ist es so, dass die Gefahr besteht, dass die Leute bequem vom Sessel Solidaritätsbekundungen zusammenklicken oder Online-Petitionen unterschreiben – die tendenziell folgenlos bleiben, aber dadurch nicht mehr zu politisch wirksamen Formen des Protestes zusammenfinden.
Der „Arabische Frühling“ wird gerne als von Twitter und Facebook getriebene Revolution kolportiert. De facto sieht es so aus, als ob die Proteste über Multiplikatoren und Mund-zu-Mund-Propaganda getrieben wurden. Social Media spielte erst später eine Rolle als alternative Informationsquelle oder Kanal, mit denen sich Gruppierungen untereinander koordiniert haben. Bestenfalls sind Social Media hier also eher Verstärker, nicht der große Katalysator, als der sie häufig dargestellt werden.
Die neuen Fallbeispiele zeigen auch noch ein anderes Problem: Mit der Kommunikation über Facebook / Twitter steigt auch die Überwachbarkeit. Protest-Äußerungen werden für die Staatsmacht sichtbar und ggfs. nachverfolgbar (siehe Klarnamenzwang bei Facebook).
de geest gaat door met het leven van dit leven, zodat we gelukkig zijn..