K12

Veränderung der Mediennutzung? Das erste halbe Jahr mit dem iPad

9. Januar 2012 · von Jörg Hoewner · 2 Kommentare

Vor etwas mehr als einem halben Jahr bin ich endlich dem Gadget-Trieb nach einem iPad nachgekommen. Wie das so häufig ist mit neuen Geräten, gab es eine anfängliche Phase der euphorischen Nutzung, dann ein Abkühlen des Verhältnisses und in den letzten Monaten eine (intensive) Neubelebung meiner Beziehung zur kleinen Flunder.

Inzwischen möchte ich das Gerät nicht mehr missen, wobei: Wenn ich zwischen Laptop, Handy und ipad wählen müsste, ist das iPad sicherlich dasjenige, welches ich am ehesten entbehren könnte.

Trotzdem hat es meine Mediennutzungsgewohnheiten stark beeinflusst. Inwiefern?

In erster Linie ist es für mich ein Lesegerät. Ja, das Kindle mag einen noch lesefreundlicheren Bildschirm haben, aber das Lesen auf dem iPad ermüdet mich keinesfalls. Ich kann stundenlang auf dem Rücken liegen und das Gerät vor mir auf dem Bauch abgestützt zum Lesen hochhalten. Natürlich surfe ich damit auch, aber vor allen Dingen lese ich damit

  • PDFe, die vorher auf meiner Laptop-Platte versauert sind (entsprechende Apps stelle ich im zweiten Teil in dieser Woche vor)
  • Blogs und Twitter-Nachrichten über Apps wie Flipbook und Pulse News, die die Nachrichten im Newsstyle chique aufbereiten und „wischbar“ machen.
  • Publikationen / Zeitungen:
    Die Zeit, die ich als Print abonniert habe, lese ich ausschliesslich elektronisch in der entsprechenden App. Das Mobile-Format ist viel praktischer. Lediglich das Magazin lese ich noch als Printausgabe. Die komplette Papierausgabe der Zeit landet bei mir undurchsichtet im Altpapier. Seitdem ich Die Zeit in der App lese, lese ich viel mehr daraus, was daran liegt, dass ich sie jetzt auch im Bett lesen kann. Versuchen Sie mal, eine Papierausgabe auf dem Rücken liegend zu lesen.
    Daneben nutze ich intensiv den Zeitungskiosk. Meine heißgeliebten englischsprachigen Musikmagazine, Wired oder anderen Magazine, für die ich an Bahnhofsbuchläden gerne mal 15 EUR ausgegeben habe, lasse ich mir nun für 4-5 EUR elektronisch nach Hause kommen.
    Bei Tageszeitungen habe ich die Kostenlos-Fristen von „Die Welt“, „Der Tagesspiegel“, „New York Times“ und „The Guardian“ ausgenutzt. Zum Abonnieren bin ich zu bindungsunfreudig. Gleichwohl gefällt mir die Lesefreundlichkeit. Ob man publizistisch „Die Welt“ mag oder nicht: Die App ist genial. Sie macht Spaß und hat dazu geführt, dass ich 30 Tage jeden Tag das Medium gelesen habe. Das Angebot von „The Guardian“ macht sogar noch mehr Spaß, aber für ein Abo sind mir eben zu viel Nachrichten aus UK drin, die mich nicht ganz so interessieren. Wofür würde hier ich überhaupt Geld ausgeben? Zum Beispiel für eine Tageszeitungs-App, die mir die Newsquellen aussuchen lässt und mein Geld entsprechend verteilt: Für Internationales etwa die „New York Times“ und „The Guardian“, für Nationales „Die Süddeutsche“, für Wirtschaft die „FTD“ oder das „Handelsblatt“ und für Lokales die „RP“.
  • Webseiten, die ich mit Instapaper auf dem Laptop abgespeichert habe. Ein interessanter Fachartikel, für den ich tagsüber keine Zeit hatte? Kein Problem. Via Instapaper abspeichern und später zu Hause oder in der Bahn lesen.
  • Serviceinfos und Nachschlagewerke, die mir über entsprechende Apps geliefert werden. Kinoprogramm? Fernsehprogramm? Urlaubsorte (Google Earth zur Reiseplanung!)? Cover weggeklappt und nachgeschaut. Google Earth auf dem iPad ist ein Erlebnis, man wischt sich durch die Welt. Ich liebe diese ganzen Naturkunde-Apps. Ich habe mir bestimmt ein Dutzend Vogelbestimmungsapps heruntergeladen, die ganz wunderbar Text-, Bild- und Stimminformationen verknüpfen.
Daneben nutze ich das iPad als Arbeitsgerät. Als Arbeitsgerät zum Brainstormen, als Notizzettel. Wobei ich sagen muss, dass die virtuelle Tastatur für kurze Texte ok ist, aber ich ungern diesen Blogbeitrag damit schreiben würde (hab damit angefangen und bin dann zum Mac gewechselt). Einen Stift, mit dem man auf dem Touchscreen einen echten Stift simulieren kann, habe ich mir kürzlich gekauft. Dieser bietet eine größere Präzision als meine Wurstfinger, aber zur Texteingabe ist er nicht wirklich geeignet.
Nicht ganz anfreunden kann ich mich bisher mit den ganzen Musikapps. Es gibt innovative Klangerzeuger, Synthesizer, Drumcomputer, Controller. Die sehen alle cool aus und klingen in der Regel gut. Die lassen sich sogar per Midi in eine Studioumgebung integrieren. Aber das ganze Set up ist mir zu kompliziert und zu aufwendig und so bleiben die Apps bei mir leider Autisten. Hardware-Synths und Controller mit echten Reglern machen einfach noch mehr Spaß.
Und so sind wir auch bei einem Nachteil. Der Spaß kostet Geld. Zwar sind die Apps für sich in der Regel nicht so teuer. Aber es summiert sich und es kommt so einiges zusammen. Und weil die Kiosk-Ausgabe von Future Music im Appstore nur 4 EUR kostet (am Bahnhof 13 EUR), so kaufe ich mir jetzt noch die beiden Konkurrenzmagazine dazu. Und ich kaufe mehr, weil ich bereit bin, für 2 EUR auch mal eine App auszuprobieren, die ich dann vielleicht schnell wieder lösche. Kurzum: Mein privates Mediennutzungsbudget ist im letzten halben Jahr noch mal um gut 50-80% gestiegen. Und es war eh schon so hoch.
Ach ja, meiner Oma (88 Jahre) gefällt das iPad auch. Sie hat sofort verstanden, wie man die Urlaubsfotos weiterblättert.

Im zweiten Teil stelle ich einige Apps vor, die mir wirklich Spaß machen und die produktivitätstechnisch voranbringen. Auch die hier genannten werde ich verlinken.

Autor: Jörg Hoewner

Jörg Hoewner: Jg. 1969, ist Geschäftsführender Partner der K12 – Agentur für Kommunikation und Innovation und Consultant für moderne Unternehmenskommunikation in Düsseldorf. Seit 1995 berät er Kunden im Bereich Online Relations / Online-PR und war damit einer der ersten Berater in Deutschland auf diesem Feld. In den vergangenen 20 Jahren hat Jörg Hoewner zahlreiche Kunden beraten, viele Unternehmen (darunter DAX30-Unternehmen) und mehrere Verbände. Darüber hinaus ist er als Referent aktiv und Autor zahlreicher Fachbeiträge – online, in Zeitschriften und Büchern. Schwerpunktmäßig beschäftigt er sich mit dem Thema integrierte Kommunikation, deren Messbarkeit und der Auswirkung von Kommunikationstechnologien auf die interne und externe Unternehmenskommunikation. Kontakt: Jörg Hoewner (joerg.hoewner@k-zwoelf.com) – T. +49 (211) 5988 16 32.

2 Kommentare

  1. Silke sagt:

    Ja, lesen macht Spaß mit dem iPad, besonders im Bett. Gerne schaue ich dort auch Filme aus Mediatheken.

    Die Guardian-App finde ich ebenfalls grandios. Am Bezahlmodell solte allerdings noch gearbeitet werden. Warum werde ich in ein Monats-Abo gezwungen und kann keine Einzelausgaben oder einzelne Artikel erwerben?

    Gesendet von meinem iPad

  2. Interessant ist in dem Zusammenhang Flattr, damit kann man Micropayments machen und damit könnte man so was realisieren.

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