Medienkompetenz 2.0
24. August 2007 · von Carina Waldhoff · 3 Minuten Lesedauer · 5 Kommentare
Autorin: Carina Waldhoff Von Anspruch und Wirklichkeit an und im Web 2.0 im PR-Bereich war hier ja schon öfter die Rede. Vielleicht macht es gerade für diejenigen, die sich gerade frisch in die Materie stürzen Sinn, sich mit dem schönen alten Medium „Buch“ auf dem Sofa zu fläzen und das Thema auch mal wissenschaftlich und einführend zu betrachten, anstatt direkt tief in die selbstreferentiellen Beiträge auf Fachblogs einzutauchen. So fiel mir vor kurzem der Band „Praxis Web 2.0 – Potenziale für die Entwicklung von Medienkompetenz“ aus der Schriftenreihe Medienkompetenz des Landes NRW in die Hände (herausgegeben von den ecmc-Mitarbeitern Lars Gräßer und Monika Pohlschmidt). Gerade weil der Begriff Medienkompetenz üblicherweise eher mit Bildung, Jugendschutz etc. verbunden wird, finde ich die Übertragbarkeit des Konzepts auf die gesamte Kommunikations-Branche interessant, wenn man sich die Arbeitsdefinition der Autoren auf der Zunge zergehen lässt: „Medienkompetenz ist die Fähigkeit zur Selbstorganisation eines Einzelnen oder eines sozialen Systems im Hinblick auf die sinnvolle, effektive und reflektierte Nutzung technischer Medien, um dadurch die Lebensqualität in der Informationsgesellschaft zu steigern.“ Lebensqualität – gefällt mir in dem Zusammenhang. Auf die Medienkompetenz eines sozialen Systems wie ein Unternehmen, eine Agentur, eine politische Institution übertragen verstehe ich darunter nicht nur (wie die Autoren weiter ausführen) das Verkaufsargument für Konsumenten, sondern die Möglichkeit, eine neue Qualität von Vertrauen, Glaubwürdigkeit, Kontakttiefe und Einbeziehung herzustellen. Auch sehr lesenswert, um zumindest die Problematik nicht von Anfang an aus den Augen zu verlieren: Der Beitrag zum Thema Datenschutz und -sicherheit, der die Unbedachtheit und Unbedarftheit von Usern im Web 2.0 vorführt (apokalyptisch aber wahr: „nur solange das Bedürfnis nach Privatsphäre in unserer Gesellschaft noch existiert, können wir der totalen Überwachung entgehen“). Einige Kapitel des Bandes haben einen eindeutig medienpädagogischen Bezug und werden dadurch die wenigsten PR-ler interessieren. Irgendwie rührend wirkt auf mich im Themenumfeld Web 2.0 auch die Sammlung beispielhafter Projekte (zweifellos interessant und auch sinnvollerweise mit einer Kurzbeschreibung versehen), die – Medium Papier!- fein säuberlich mit Postadressen aufgelistet sind. Auch ein bisschen mehr Medienkonvergenz kann ich mir durchaus vorstellen – in welchem Blog kommentiere ich denn die Beiträge? Wär doch hübsch, wenn das Land NRW zum Thema Medienkompetenz da was im Angebot hätte, oder (vielleicht hier? Kenn mich nicht so aus…)? Aber vielleicht schreib ich einen Brief, ist ja auch ein vernachlässigtes Medium. Irgendwie ein wohltuend archaisches Gefühl, sich dem Web 2.0 mal über Cicero und Brecht statt über Feeds und Technorati zu nähern. Fand ich.
Motivationsschub: „Alles, außer gewöhnlich“
13. August 2007 · von Carina Waldhoff · 3 Minuten Lesedauer · Keine Kommentare
Autorin: Carina Waldhoff
Mir ist vor ein paar Wochen „Alles, außer gewöhnlich“ von Anja Förster und Peter Kreuz in die Hände gefallen – nun wirklich kein Geheimtipp mehr, nachdem die beiden Autoren von „Different Thinking“ quer durch die Bank von Wirtschafts- und Fachmedien abgefeiert wurde.
Ich persönlich habe dieses Buch weniger als „To Do“-Ratgeber denn als Motivationsschub gelesen – und das geht richtig gut angesichts der vielen Beispiele aus der Praxis, die es so angenehm von neuro-linguistischer „Chacka-Chacka“-Berieselung unterscheidet.
Ihre Mantras: Sei mutig, gehe Risiken ein, sei offen für Neues, lasse Fehler und Widersprüche zu. Alles für sich genommen altbekannt, aber mit so leidenschaftlichen Gebetsmühlen wiederholt, dass es tatsächlich wie ein kleines Workout auf die Endorphine wirkt. Die Lektüre dieses Buches wird keinen Erbsenzähler zum Jungunternehmer machen, hoffentlich aber zumindest den Fokus insbesondere von Führungskräften beeinflussen: Als liebsten Feind haben Förster und Kreuz die Markforschung bzw. die marktforschungs-Hörigkeit ausgemacht: Die Messages, dass „der Kunde … wesentliche Informationen vorenthalten“ wird (S. 140), kommt an; ebenso wie die Erkenntnis, dass Benchmarking Unternehmen nie, nie, nie (jetzt übernehme ich schon den Stil der Autoren!) über die Mittelmäßigkeit hinaus katapultieren wird. A propos Stil: So sehr die lebendige Rhetorik die Geschwindigkeit des Buchs unterstützt, so sehr wird sie manchmal aus meiner Sicht das kleine Manko (gut, vielleicht kann für Manche(n) der Holzhammer nicht groß genug sein, insofern hat’s seine Berechtigung…). Und es unterstreicht die große „Trau-Dich, sei individuell“-Message. Auch schön: „Unternehmertum“ als Lebenskonzept wird nicht nur anhand grauer Zweireiher, sondern auch mit Besipielen aus anderen Lebensbereichen dargestellt – Picasso als Beispiel für hohe Produktivität, Einstein als Verfechter des „Wo gehobelt wird, da fallen Späne“-Gedankens…
Herzhaft lachen musste ich über den filmischen Vergleich zu Führungskräften, die sich möglichst ähnliche Mitarbeiter „heranzüchten“: Dr. Evil und sein „Mini-Me“ aus Austin Powers. Life is stranger than fiction. Scheinen sich die beiden Autoren auch häufig zu denken. Hirnwäsche der gesundesten Art, lesen!
Social Media Measurement in der Diskussion: Ein Sortierversuch
11. August 2007 · von Jörg Hoewner · 4 Minuten Lesedauer · Keine Kommentare
Autor: Jörg Hoewner
Wie ich vor einigen Wochen berichtet habe (Beitrag „Social Media Index-Diskussion plus ein Beitrag dazu„), gibt es zur Zeit eine Diskussion um die Richtung „richtigen“ Social Media Measurements: In einigen Edelman-Blogs wurde die Idee eines Social Media Index gehegt, der – sieht man sich die derzeit 99 Kommentare an – heftig diskutiert wird.
Die Grundidee des Social Media Index ist es, aus der Gewichtung einer Reihe von Social Media-Kennziffern die Relevanz und den Einfluss von einzelnen Blogs zu ermitteln. Ausgangspunkt der Überlegungen: Link Popularity (wie z.B. von Technorati ermittelt) allein hat immer weniger Aussagekraft über den Einfluss von einzelnen Plattformen, von einzelnen Akteuren, da Engagement von Personen über andere Plattformen wie z.B. Twitter nicht erfasst würde (zusammenfassende Argumentation von Steve Rubel).
Dabei gibt es eine Reihe von Diskussionspunkten zu dem Konzept, die sich z.T. in den Blogkommentaren selbst als auch in anderen Blogs äussern:
- Quantitative Metriken sagen nichts über den Einfluss („Influence“) aus. Denn, wie Jeff Jarvis ausführt, „it’s not how many people you interact with. It’s who you interact with.“ und welchen Effekt man erzielt. Aber auch Jeff Jarvis hat, wie er selber schreibt, keine Ahnung, wie man das messen soll.
- Hier setzen auch andere Kritiker an: Man solle Reichweite („Reach“) nicht mit Einfluss verwechseln. Oder Popularität („Popularity“) nicht mit Einfluss. Flemming Madsen von Onalytica macht das am Beispiel von PR-Blogs deutlich. Während Links nicht so viel Aussagekraft hätten, gibt es durchaus die Möglichkeit zu messen, wie häufig Personen einander zitieren. Und liefert direkt ein Ranking der Top-80 angelsächsischen PR-Blogs und deren Einfluss auf Basis der Zitationsanalyse.
- Der Begriffsverwirrung Media Guerrilla Mike Manuel auf den Grund zu gehen, in dem er die Begriffe „Influence“, „Engagement“ und“Reach“ unter die Lupe nimmt. Seiner Meinung ist die Messbarkeit der drei Grössen ein lösbares Problem.
Kommentar von mir: Zum Thema „Engagement“ gibt es Ansätze. Nur wo sind die Plattformen, die die Daten vergleichbar machen bzw. solche Daten öffentlich sammeln? - Der Kritik von Steve Rubel an Technorati wollen viele nicht folgen. Zwar sehen die meisten ein, dass das „Authority-Konzept“ nicht allein seligmachend ist, aber Technorati würde Links auch qualitativ gewichten und das in die eigenen Kennziffern einfliessen lassen. Und: Zu Technorati gibt es nicht wirkliche Alternativen, zumindest was die Blogosphäre angeht.
- Etwas mehr im Detail setzt Eric T. Peterson von „WeAnalyticsDemystified“. Er hat Schwächen im Ranking-Algorythmus von Technorati entdeckt. Z.B. verlinken Blogs auf sich selbst, wird das bei Technorati als Link mit in die Gewichtung genommen. Eine Möglichkeit also zur Manipulation. Eine weitere Möglichkeit, sich ein besseres Technorati-Ranking zu verschaffen sei, sich wild mit irgendwelchen Krauterseiten zu vernetzen. Das erhöhe die Zahl der Links, aber den Einfluss erhöht es nicht. Genauso liessen sich auch andere der erhobenen „Ziffernquellen“ manipulieren (Kommentar von Jennifer Mattern und Nicolas Byrne).
- Der Social Media Index begünstigt im in seiner Zusammensetzung Personen gegenüber Organisationen. Ein Unternehmen wie Frosta betreibt sein eigenes Blog. Aber wir sollte man das Xing-Engagement des Unternehmens messen? Kurzum: Viele der im SMI erfassten Kennziffern sind nur auf Einzelpersonen anwendbar.
Eine spannende Diskussion also, die längst nicht abgeschlossen ist. Festzuhalten bleibt, dass es viel Kritik und Unbehagen gibt an Ansätzen, die auf die bekannten Social Media-Kennziffern aufsetzen. Aber es gibt anscheinend auch noch keine bezahlbaren Alternativen, die die Komplexität des Online-Kommunizierens rundum erfassen.
Trends im Nutzungsverhalten: Ein Blick über den Tellerrand
10. August 2007 · von Jörg Hoewner · 1 Minute Lesedauer · 2 Kommentare
Autor: Jörg Hoewner
In den letzten Wochen gab es einige Dämpfer für die Evangelisten des Web2.0, da nach einigen Studien die Nutzung von Web2.0-Angeboten durch „Ottonormalnutzer“ (Studie: Communications Networks 10.1.), bei Journalisten (Hotwire und Storymaker) und PRlern (newsaktuell) hinter den Erwartungen zurückbleibt.
Ich fände es ganz nett, wenn es in Bezug auf die Web2.0-Nutzung mehr Trendinformationen gäbe. Da man in Deutschland spät begonnen hat, die Web2.0-Nutzung zu messen, ist das natürlich schwierig.
Denn: Schaut man sich die Entwicklung in angelsächsischen Ländern an, wird die Energie hinter diesem Trend so richtig deutlich. Anbei daher ein paar Zahlen aus dem aktuellen Future of Media-Report 2007:
Quelle: Future Exploration Network.
Und man sieht: Lernen es die Nutzer, werden es auch PRler und Journalisten irgendwann lernen.
Dienstleistungswüste Kommunikation
7. August 2007 · von Jörg Hoewner · 1 Minute Lesedauer · 2 Kommentare
Autor: Jörg Hoewner
Diese Antwort bekam meine Frau per Mail, nachdem sie bei einem Streaming Media-Dienstleister bezüglich eines Angebots angefragt hatte. Ihr Fehler: Sie hat auf Englisch angefragt (in so manchem Unternehmen soll das – so habe ich gehört – offizielle Geschäftssprache sein), was natürlich einem Land, das 45% seines BIP mit dem Export von Gütern ins Ausland erwirtschaftet, total unüblich ist:
„Sehr geehrte Frau …,
sehr geehrte Damen und Herren,zunächst bin ich ein wenig erstaunt über Ihre englische Anfrage.
Da sie in Deutschland angesiedelt sind, bitte ich sie Ihre Anfrage entsprechend in deutscher Sprache zu rekonstruieren.
Aufgrund unserer internationalen Kontakte ist uns englische Korrespondenz nicht fremd, sehen aber zum jetzigen Zeitpunkt keinen Anlass, Anfragen deutscher Unternehmen in englischer Sprache zu beantworten.“
Ohne Worte.