Bei vielen neuen Themen, die für Kommunikationsarbeiter interessant sind, lohnt sich ein Blick auf den Journalismus. Hier ist der Veränderungsdruck größer als in der PR. Ein Beispiel ist der Datenjournalismus: Auf Basis von Daten generieren Journalisten Erkenntnisse, die anderweitig schwer herstellbar sind – und vermitteln sie eindringlich mit Hilfe von Visualisierungen.
Qualitätsmedien bauen Datenjournalismus aus
In den letzten Jahren sind Teams für Datenjournalismus daher – zumindest bei den Qualitätsmedien – zum Standard geworden. So stehen auf der Nominierungsliste für den Grimme Online Award 2017 mehrere Projekte, die datenjournalistisch vorgehen. In der Kategorie „Information“ sind unter anderem diese beiden nominiert:
- Die Microsite der Berliner Morgenpost „Es war nicht immer der Osten“ veranschaulicht mit Hilfe einer interaktiven Karte, wie sich die rechten Hochburgen seit den 90er-Jahren vom Süden Deutschlands in den Osten verlagerten – und welche Entwicklung mit der AfD einhergeht.
- Die Multimedia-Reportage „Lifestyle Doping – die Männerdroge Testosteron“ kombiniert die visuelle Aufbereitung von Grafiken und Videos mit leicht verständlichen Texten. BR Data zeigt die Kehrseite des Körperwahns unserer heutigen Gesellschaft auf der Microsite.
Die PR hängt dem noch hinterher. Jenseits von Finanz- oder Nachhaltigkeitsberichterstattung werden Daten bisher wenig für den kommunikativen Einsatz verwendet. Dabei werden überall ständig Daten generiert: zur Produkt- oder Dienstleistungsnutzung, zu den Mitarbeitern, zum Engagement in bestimmten Regionen, zum Ressourcenverbrauch etc..
Gute Visualisierung – so wichtig wie die Qualität der Daten
Datenmaterial ist also reichlich vorhanden. Die ansonsten benötigten Ressourcen werden auch immer günstiger – und besser: Storytelling- und Datenvisualisierungstools, mit denen man Daten leichter, ansprechender und interaktiver zugänglich machen kann. JavaScript-Bibliotheken wie D3.JS oder Tools wie Tableau bieten einen kostenlosen Einstieg und vielfältige Möglichkeiten, mit umfangreichen Datensätzen zu arbeiten.
Die drei Säulen des Data Storytelling
Die Fähigkeit, Geschichten zu erzählen und Inhalte ansprechend aufzubereiten, ist für die PR eine ureigene Domäne – und auch für ein gutes Daten-Storytelling unverzichtbar.
Somit kommen wir auf drei Bestandteile, die den Ansatz des „Data Storytelling“ ausmachen: Über die Kombination von Daten, Visualisierungen und Erzählung
1. lässt sich erklären, was in den Daten steckt und warum bestimmte Erkenntnisse wichtig sind;
2. kann man aufklären, überraschen und Ergebnisse präsentieren, die ohne visuelle Vermittlung abstrakt blieben;
3. lassen sich Menschen dazu bringen, sich mit einem Thema zu beschäftigen – und bestenfalls fühlen sie sich sogar unterhalten.
An dieser Stelle möchten wir auf ein häufiges Missverständnis hinweisen: Nicht jede Datenvisualisierung bedeutet direkt Data Storytelling! Der narrative Part gehört immer dazu.
Vorteile des Data Storytelling: SEO-wirksam, aufmerksamkeitsstark und langlebig
Neben der Chance, über Data Storytelling komplexe Inhalte zu vermitteln, bietet die Methode weitere Vorteile: Sie ist zum einen relativ aufmerksamkeitsstark, das heißt die entsprechenden Projekte sind zum Beispiel über Suchmaschinen längerfristig gut auffindbar. Sie werden in Social Media geteilt und die Intensität, mit der sich Nutzer mit den Inhalten auseinandersetzen, übersteigt bei weitem die übliche Text-Stockfoto-Kombination. Neben diesem „Engagement“ zeigen sich auch Vorteile in Bezug auf kognitive Kommunikationswirkungen:
• Erinnerungsleistung: Präsentiert man datenbezogene Inhalte in Storyform, erinnern sich wesentlich mehr Menschen an die Inhalte, als wenn Statistiken isoliert oder in einer Tabelle präsentiert werden.
• Aktivierungsleistung: Auch die Click-Through-Leistung von Call-to-Actions kann verbessert werden. So konnte im Rahmen einer Fallstudie eine signifikant höhere Spendenbereitschaft generiert werden.
Data-Storytelling fordert
Ein wesentlicher Nachteil des Data Storytelling ist sicherlich, dass mehrere Kompetenzen notwendig sind, um etwas Sinnvolles und Ansprechendes auf die Beine zu stellen. Neben redaktionellen Fähigkeiten, sind der Umgang mit Daten und Datenanalyse, mit entsprechenden Visualisierungstools und auch technisches Umsetzungs-Know-how für eine interaktive Anwendung notwendig.
Die Hürde für PRler, Data Storytelling tagesaktuell oder reaktiv einzusetzen, ist noch relativ hoch. Aber: Es muss nicht direkt die komplexe, interaktive Anwendung sein. Eine Story mit einigen einfachen, aber überzeugenden Datenvisualisierungen kann ein attraktiver und niedrigschwelliger Einstieg ins Thema sein.
Ein Whitepaper zum „Interaktiven Storytelling“ können Sie hier herunterladen.