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Euroblog 2006: „Public Relations and social software“ – Bericht Teil 1

19. März 2006 · von Jörg Hoewner · 1 Kommentar

Autor: Jörg Hoewner
Euprera (European Public Relations Research and Education Association) und die MFG Baden-Württemberg (vertreten durch Ansgar Zerfass) haben gemeinsam am 16./17. März in Stuttgart ein Symposium mit dem Titel „Public Relations and social software“ veranstaltet. Eine Reihe von Experten aus Wissenschaft und Praxis nutzten die Gelegenheit, um eine Auswahl von Studien, Einsichten und Fallbeispielen zu präsentieren und zu diskutieren.

Insgesamt hat mir die Veranstaltung sehr gut gefallen, vor allem die Diskussionen im Plenum und während der Pausen / am Abend waren sehr lebhaft und zum Teil sehr kontrovers. Ein bisschen fehlte mir die Ansprache von anderen Social Software-Anwendungen als Blogs, denn Blogs standen definitiv im Zentrum der Debatte, wenn auch hin und wieder Wikis und Wikipedia genannt wurden.

Während der Veranstaltung kam mir immer wieder eines meiner Lieblingszitate aus meiner Magisterarbeitszeit in den Kopf (aus einem für mich sehr einflussreichen Buch):

„The challenge is not to make statements but to ask questions. The imagologist does not trade securities, but trafficks in insecurities. When the currency of the realm is insecure, the economies of reflection are constantly shifting.“ (In: Mark C. Taylor / Esa Saarinen: Imagologies. 1994)

Oder: Ich habe nicht unbedingt viele Antworten mitgenommen, als viele entscheidende Fragen, die, da bin ich mir sicher, unsere Branche in den nächsten Jahren prägen werden…

Leider war ich zu bequem, um die Veranstaltung live zu dokumentieren, dafür versuche ich jetzt einmal die Highlights aus meiner Sicht zu skizzieren. Links zu den Vorträgen als PDF-Download werden übrigens nachgeliefert.
Nach einer kurzen Begrüssung begann Elisabeth Albrycht mit ihrer Keynote „Weblogs and participatory communications: A theoretical framework.“ Sie warf einige interessante Thesen und Fragen auf:

  • Wie können Blogs in Kommunikationsstrategien integriert werden? Das Problem: Unternehmen sind auf die neue partizipatorische Kommunikation in keiner Weise vorbereitet. Umweltinformationen werden gefiltert und führen dazu, dass Unternehmen an ihren Stakeholdern vorbeikommunizieren. Die Stakeholder kommunizieren aber – ob es das Unternehmen will oder nicht – über das Unternehmen, seine Produkte etc.. Das wiederum führt zu einem massiven Vertrauensverlust der Unternehmen (was sich ja auch nachweisenlässt), da die Wahrnehmungslücke nicht geschlossen wird (dazu auch mein Beitrag „Apple goes Intel: Kundenkommunikation goes wild„).
    Diese Fragen folgen daraus:
    Wie können Unternehmen (oder Organisationen) in solchen Netzwerkstrukturen Beziehungen aufbauen? Welche Rolle spielen dabei Open source-Prinzipien, wie das Geben und Nehmen von Benefits. „Ich trage etwas zur Community bei“ und gewinne daraus.
  • Die Frage wurde aufgeworfen, wie „Meme“ (siehe dazu Notizen von Elisabeth) in solchen Netzstrukturen diffundieren, welche Rolle spielen sie?
  • Welche (messbaren) Effekte haben solche dialogische Beziehungen? Unmittelbar nutzen Organisationen die Intelligenz von Netzen, um diese als Frühwarnsystem für Entwicklungen zu nutzen, um das Wissen zu nutzen oder um Dinge gemeinsam zu bearbeiten (Co-Creation). Die Frage: Bringt mir das Relationship Building neue Kunden? Was ist messbar? Zu ROIs von Blogs usw. gibt es nur anekdotische Erkenntnisse, nicht wirklich harte Fakten. Hier sind wir also genauso weit wie bei der ROI-Messung von Content-Angeboten.
  • Welche Rollen werden PR-Verantwortliche hier einnehmen in der Zukunft? Chief Networking Officers?

Elisabeth hat übrigens in ihrem CorporatePR-Blog eine Auswahl von Vorträgen kommentiert.

Swaran Sandhu und Philip Young (Uni Hohenheim bzw. University of Sunderland; Philip führt übrigens ein Blog namens „Mediations“) haben die Ergebnisse der Euroblog 2006-Studie vorgestellt und interpretiert. Es wurden knapp 600 PR-Profis über ihre Ansichten über Blogs als PR-Tool befragt. Über die Studie wurde in der Blogosphere schon viel berichtet, daher möchte ich nur auf einige auffällige Punkte eingehen:

  • Wichtige Hindernisse auf dem Weg zum Corporate Blog sind die Integration in eine Kommunikationsstrategie, das Problem, wie Diskussionen etc. kontrolliert werden können und die Frage, ob die Contentproduktion handlebar ist.
  • Viele legen eine Me-too-Haltung an den Tag (die anderen haben eins, also müssen wir auch eins bauen)
  • Ignoriert wird dagegen der Gedanke, dass Relationship Building über Bloggen auch wertvolles Wissen für Unternehmen generieren könnte.

Für mich ist dabei die Bottom-line: Das Verständnis ist in der PR noch nicht soo weit entwickelt (Nov 2005, Zeitpunkt der Umfrage, ist allerdings auch schon wieder was her): Es gibt zwar ein neues Tool, es nicht noch nicht klar, wie man es nutzen kann: Der Grundgedanke der Bildung von dialogischen Beziehungsnetzen passt einfach noch nicht in das vorhandene System „Public Relations“.
Morgen geht´s weiter…

Autor: Jörg Hoewner

Jörg Hoewner: Jg. 1969, ist Geschäftsführender Partner der K12 – Agentur für Kommunikation und Innovation und Consultant für moderne Unternehmenskommunikation in Düsseldorf. Seit 1995 berät er Kunden im Bereich Online Relations / Online-PR und war damit einer der ersten Berater in Deutschland auf diesem Feld. In den vergangenen 20 Jahren hat Jörg Hoewner zahlreiche Kunden beraten, viele Unternehmen (darunter DAX30-Unternehmen) und mehrere Verbände. Darüber hinaus ist er als Referent aktiv und Autor zahlreicher Fachbeiträge – online, in Zeitschriften und Büchern. Schwerpunktmäßig beschäftigt er sich mit dem Thema integrierte Kommunikation, deren Messbarkeit und der Auswirkung von Kommunikationstechnologien auf die interne und externe Unternehmenskommunikation. Kontakt: Jörg Hoewner (joerg.hoewner@k-zwoelf.com) – T. +49 (211) 5988 16 32.

Ein Kommentar

  1. Swaran Sandhu sagt:

    Hallo Jörg,

    herzlichen Dank für die sehr ausführlichen Konferenz-Berichte. Ich habe die Beiträge auf die EuroBlog Seite verlinkt, damit Sie von weiteren interessierten nachgelesen werden können.

    Bis zum nächsten Mal alles Gute,

    Swaran

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