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Interne Kommunikation in Krisenzeiten: die Unsicherheitsfalle

15. August 2024 · von Jonas Wilmesmeier · Keine Kommentare

Das Bild zeigt eine Hand, die ein großes Megafon hält, durch das ein Mann in einem Anzug blickt. Der Hintergrund ist gelb und rot, mit einem großen weißen Kreis hinter dem Mann.

Geopolitische Spannungen, politische Unsicherheiten vor der eigenen Haustür, Klimawandel, Fachkräftemangel, eine schwache Binnennachfrage und ein Marktumfeld, das Investitionen nicht gerade begünstigt. Die deutsche Wirtschaft ist im Jahre 2024 mit einer Vielzahl von Unsicherheiten konfrontiert. Da verwundert es kaum, dass immer mehr Unternehmen sich schwer tun mit der Internen Kommunikation. Denn was soll man schon sagen, wenn es schlicht keine Erfolgsmeldungen gibt und jeden Tag nur noch mehr Herausforderungen zu lösen sind? Darüber hinaus sind auch Kommunikationsverantwortliche nicht von aktuellen Sparvorgaben ausgenommen – da fallen Präsenzveranstaltungen und die neue Mitarbeitenden-App schnell dem Rotstift zum Opfer.

Gar nicht zu kommunizieren oder nur harmlose Meldungen aus dem Tagesgeschäft zu veröffentlichen ist aber auf lange Sicht keine Option. Denn gerade in Krisenzeiten gilt Paul Watzlawicks erstes Axiom „Man kann nicht nicht kommunizieren“ umso mehr. Der Flurfunk wird nur noch lauter, wenn Mitarbeitende in allen Bereichen merken, dass etwas nicht stimmt: Der Vertrieb spürt den geringeren Auftragseingang unmittelbar, der Kundenservice dreht schon länger Däumchen, weil das Telefon nicht mehr klingelt, und die Buchhaltung hat nach einem halben Tag alle Rechnungen für den Monat fakturiert. Jedem ist also klar: Es läuft gerade nicht gut.

Mangelnde oder realitätsferne Kommunikation löst in dieser Situation keine Probleme, sie verstärkt sie nur. Denn die Unsicherheit der Sendenden und das daraus resultierende kommunikative Vakuum schafft nur noch mehr Unsicherheit bei den Zielgruppen, die sich nun zu alledem auch noch allein gelassen fühlen. Das ist kurzfristig schon nicht gut. Langfristig schafft es aber noch viel mehr Probleme:

  • Energie und Kraft gehen verloren. Wenn Mitarbeitende die Herausforderungen nicht kennen, können sie nicht aktiv an der Bewältigung mitwirken. Dies drängt sie geradezu in die Passivität und lähmt die Organisation so zusätzlich.
  • Das Vertrauen in das Management sinkt drastisch. Warum sollte man auch Menschen Folgen, die gleich aus der Wahrnehmung verschwinden, wenn es mal schwierig wird? Die neue Unternehmensstrategie kann dann noch so gut sein, wenn denen, die sie entwickelt haben, nicht mehr vertraut wird.
  • Die Bindung an den Arbeitgeber wird im Kern erschüttert. „In guten wie in schlechten Zeiten“ gilt eben nicht nur in der Ehe. Ein nicht zu unterschätzendes unternehmerisches Risiko in Zeiten des Fachkräftemangels.
  • Die Deutungshoheit über die eigenen Themen geht verloren. Bieten Unternehmen keine Argumentation für ihr Handeln, gibt das zum Beispiel Arbeitnehmervertreter:innen die Chance, eigene Positionen zu setzen und sich als die vertrauenswürdigere Instanz bei den Mitarbeitenden zu positionieren.
  • Es stellt sich kein positiver Lerneffekt ein. Das gemeinsame Erleben einer erfolgreich bewältigten Herausforderung schafft Energie für die Zukunft und erhöht die Veränderungsfähigkeit der Organisation.

Darüber hinaus wird die Situation so auch nicht genutzt, um eine Bereitschaft für kommende – vielleicht auch schmerzliche – Entscheidungen zu etablieren. Denn wenn Sense of Urgency und Need for Change bereits verstanden sind, lassen sich notwendige Veränderungen wesentlich schneller verargumentieren und umsetzen. Vielmehr noch: Das Gefühl, nun gemeinsam endlich eine bereits bekannte Herausforderung angehen und lösen zu können, setzt mitunter ungeahnte Kräfte in Organisationen frei.

Kommunikation aktiv angehen – fünf Ansätze

Umso wichtiger also, die Kommunikation in Krisenzeiten aktiv anzugehen. Die gute Nachricht: Das braucht nicht unbedingt mehr Ressourcen – gerade in Krisenzeiten ein entscheidender Faktor – nur eine klare Fokussierung und eine smarte Umsetzung. Hier einige Ansätze:

  • Purpose, Vision, Mission und Strategie schärfen. Wer sind wir, wofür stehen wir, wo wollen wir hin? Je größer die Herausforderungen, desto wichtiger sind Antworten auf diese Fragen, die einen verlässlichen Anker auch in stürmischen Zeiten bieten. In vielen Unternehmen gibt es hier schon etwas auf das man aufbauen kann – häufig ist es aber noch nicht sinnvoll verknüpft oder nicht motivierend genug formuliert. Und oft wurde es den Mitarbeitenden nicht klar und ganzheitlich kommuniziert. Das gilt es nun nachzuholen.
  • Kernbotschaften und Q&As definieren. Aufbauend auf der Ausrichtung des Unternehmens und mit Blick auf die aktuelle wirtschaftliche Lage wie auch die geplanten nächsten Schritte, ist es wichtig, sich bewusst zu machen, was man aktuell konkret kommunizieren kann und will (und was auch nicht). Dabei geht es um eine klare Sprache, die nichts beschönigt, aber auch nicht unnötig schwarzmalt. Die zentralen Botschaften als One- oder Two-Pager zu dokumentieren und einen Q&A-Katalog abzuleiten, ist nicht nur eine optimale Blaupause für jede weitere Kommunikation, sondern hilft auch den handelnden Personen, noch mal einen Schritt zurückzutreten und das große Ganze zu betrachten.
  • C-Level-Kommunikation verstetigen. Die regelmäßige Sichtbarkeit – gerade des Top-Managements – ist entscheidend in herausfordernden Zeiten. Denn der Gesamtorganisation das Big Picture zu vermitteln, kann nicht delegiert werden – dies ist eine Aufgabe derjenigen, die die strategische Ausrichtung verantworten. Hier gilt es, passgenaue Formate mit einem hohen Dialoganteil zu entwickeln, die für die Organisation funktionieren und möglichst kostenschonend umgesetzt werden können. Es geht dabei bewusst nicht um eine Dauerbeschallung, sondern um regelmäßige, verlässliche Kommunikationsanlässe. Sollten sich die handelnden Personen noch unwohl damit fühlen, bietet sich ein Medientraining an.
  • Führungskräfte sprechfähig machen. Genauso wie die Kommunikation des Big Picture Aufgabe des C-Levels ist, so ist das Herunterbrechen der verschiedenen Themen für den Bereich, die Abteilung oder das Team eine klare Aufgabe der jeweiligen Führungskraft. Dies gilt umso mehr während einer Quiet Period, wenn zum Beispiel Verhandlungen mit den Arbeitnehmervertretungen laufen und zwar nichts zum faktischen Stand gesagt werden kann, Emotionen und Sorgen der Mitarbeitenden aber dennoch Gehör finden müssen. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass nicht jede Führungskraft sich in der Kommunikationsrolle wohlfühlt. Hier braucht es zum einen grundsätzliche Enablement-Angebote, die häufig schon bei HR existieren und nochmal forciert werden können und zum anderen regelmäßige Unterstützung für die eigene, anlassbezogene Führungskräfte-Kommunikation durch vorbereitete Präsentationen für Team-Gespräche, Sprachregelungen oder Q&A-Kataloge.
  • Künstliche Intelligenz einsetzen. KI bietet gerade im redaktionellen Bereich Potenzial zur Effizienzsteigerung und Beschleunigung von Arbeitsabläufen. So kann ein auf die Kernbotschaften und die Unternehmensstrategie trainierter GPT beispielsweise viel Vorarbeit für eine Artikel-Serie zum Thema strategische Handlungsfelder leisten. Die Finalisierung sollte natürlich immer noch durch interne IK-Profis erfolgen. Und auch bei der Unterstützung der Führungskräfte-Kommunikation kann KI ein wirkungsvolles Einsatzgebiet sein – beispielsweise mit dem FK-Companion, den wir bei K12 aktuell entwickeln.

Sich von der allgemeinen Unsicherheit nicht selbst verunsichern zu lassen – das ist der Anspruch, dem Kommunikationsverantwortliche in herausfordernden Zeiten gerecht werden müssen. Dafür braucht es vor allem ein klares Verständnis der eigenen Rolle als interne Kommunikationsberatung. Das erfordert die Fähigkeit, Themen zusammenzuführen, verständliche Botschaften zu formulieren und das C-Level und die Führungskräfte in eine zielgerichtete Aktion zu bringen.

Einmal mehr zeigt sich: Die Interne Kommunikation ist nicht nur eine Stelle zur Informationsverteilung und für „bunte“ Themen. Im besten Fall kommuniziert sie strategisch, setzt die wirklich wichtigen Themen und unterstützt so dabei, die unternehmerischen Ziele zu erreichen. Mit einem klaren Plan und einem guten Werkzeugkoffer lässt sich das schaffen.

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Autor: Jonas Wilmesmeier

Jonas Wilmesmeier ist Senior Berater für Change und Interne Kommunikation bei K12 – Agentur für Kommunikation und Innovation in Düsseldorf. Sein Schwerpunkt: Er begleitet Unternehmen in Veränderungsprozessen und erfolgskritischen Situationen. Dabei greift er auf eine mehrjährige Erfahrung in Fach- und Führungspositionen bei einer großen deutschen Bank zurück. Was ihn antreibt, ist die Gewissheit, dass jeder Veränderungsprozess nur durch Dialog und Beteiligung zum Erfolg werden kann.

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