K12

Rechtliche Einschränkung von Viral- und Buzz-Marketing?

26. Oktober 2008 · von Jörg Hoewner · 2 Kommentare

Autor: Jörg Hoewner / Katrin Brauer

In der iBusiness Executive Summary vom Mai 2008 (Ausg. 9/ S.5 – ok, alt, aber immer noch aktuell) sind wir beim Recherchieren auf eine interessante Meldung gestossen. Demnach werden auf EU-Ebene Regelungen diskutiert, nach denen Buzz-Werbung und Viralmarketing verboten werden sollen. Ausgangspunkt der Diskussion ist ein neues Verbot in Großbritannien. Verbände und Viralmarketing-Experten gehen jedoch davon aus, dass auch in Deutschland diese Verbotsdiskussion in naher Zukunft geführt werden wird.

Leider fehlten im Beitrag jegliche Verweise, was Grund für uns war, der Sache mal hinterher zu recherchieren. Katrin Brauer hat die Ergebnisse zusammengefasst:
Situation in Großbritannien

  • England reglementiert als erster Staat die Verbreitung von viralen Botschaften im Internet
  • Am 26. Mai 2008 ist das Gesetz ”Consumer Protection from Unfair Trading Regulations Act of 2008″ in England in Kraft getreten
  • Ziel: verdeckte Werbung in e-Mails, Blogs und Social Networking-Sites unterbinden, um die Verbraucher zu schützen
  • Anlass: Reaktion der Behörden auf Versuche, die Konsumenten etwa mit gefälschten Blogs zu manipulieren
  • Gesetz besteht aus zwei Klauseln
    • „§11: Using editorial content in the media to promote a product where a trader has paid for the promotion without making that clear in the content or by images or sounds clearly identifiable by the consumer (advertorial).
    • §22: Falsely claiming or creating the impression that the trader is not acting for purposes relating to his trade, business, craft or profession, or falsely representing oneself as a consumer.“

Folgen

  • Zukünftig zählt es als Straftat, eine positive Markenbotschaft zu verteilen, ohne den Absender klar zu machen
  • Buzz Marketing Spezialisten und Agenturen ist es verboten, mit Konsumenten über Soziale Netzwerke oder Blogs zu kommunizieren, wenn sie den Absender nicht offen legen
  • Viral Spots dürfen von Werbetreibenden nicht mehr unter falschem Namen gepostet und geseeded werden

Kommentare in Deutschland

  • Verbraucherschützer: „Es muss verboten werden unter falschem Namen Inhalte zu posten, um die User in die Irre zu führen.“
  • IPA Direktor Marina Palmoba: “Sind diese Einschränkungen generell schlecht für die Marketing Kommunikation? Meiner Ansicht nach nicht. Jeder verantwortliche Werber sollte sich sowieso von solchen Methoden distanzieren.“
  • Geschäftsführer Amos von der Berliner Agentur VM-People:
    • hält ein solches Verbot auch in Deutschland für möglich, aber auch für unnötig
    • seiner Ansicht nach bemerken die Konsumenten so oder so, dass es sich um Werbung handelt
    • für ihn ist es in erster Linie wichtig, dass die Konsumenten gut finden, was sie geboten bekommen

(Quellen: http://www.zoomer.de/news/topthema/virales-marketing/undercoverwerbung-im-internet/artikel/virus-fuer-dich // http://brainwash.robertundhorst.de/uncategorized/word-of-mouth-empfehlungsmarketing-gesetz )

Fazit

In Deutschland wird das britische Gesetz hauptsächlich in Blogs und Foren diskutiert. Geplante Maßnahmen in Form eines Gesetzes sind bislang nicht bekannt, so dass in Deutschland kurzfristig von keinen Einschränkungen in rechtlicher Hinsicht auszugehen ist. Festzuhalten ist: Die Einschränkung bezieht sich nur auf Astroturfing, bzw. so tun, als ob ein Nutzer ein authentischer Nutzer ist. Insofern ist die britische Initiative inhaltlich gutzuheißen. Ethisch einwandfreie (also offene) Viral-Aktionen stehen auch in England rechtlich nicht in der Schusslinie.

Autor: Jörg Hoewner

Jörg Hoewner: Jg. 1969, ist Geschäftsführender Partner der K12 – Agentur für Kommunikation und Innovation und Consultant für moderne Unternehmenskommunikation in Düsseldorf. Seit 1995 berät er Kunden im Bereich Online Relations / Online-PR und war damit einer der ersten Berater in Deutschland auf diesem Feld. In den vergangenen 20 Jahren hat Jörg Hoewner zahlreiche Kunden beraten, viele Unternehmen (darunter DAX30-Unternehmen) und mehrere Verbände. Darüber hinaus ist er als Referent aktiv und Autor zahlreicher Fachbeiträge – online, in Zeitschriften und Büchern. Schwerpunktmäßig beschäftigt er sich mit dem Thema integrierte Kommunikation, deren Messbarkeit und der Auswirkung von Kommunikationstechnologien auf die interne und externe Unternehmenskommunikation. Kontakt: Jörg Hoewner (joerg.hoewner@k-zwoelf.com) – T. +49 (211) 5988 16 32.

2 Kommentare

  1. Michael Drott sagt:

    Naja, wie genau will man das denn definieren? Das ist doch völlig offen, was genau jetzt virales Marketing ist bzw. werden auch in der Politik (siehe v.a. den als extrem modern bewerteten Obama-Wahlkampf; vgl. zb von-der-botschaft-zur-bewegung.de) genau die viralen Marketinginstrumente angewendet. Und wenn jemand überzeug ist und es weitererzählt, ist es dann legal? Oder muss man neuerdings zurückverfolgen, wer einen Gedanken in welchem Sinne verbreitet hat? Das Verbot ist jedenfalls Unsinn.

  2. Jörg Hoewner sagt:

    Nun, Virales Marketing ist ja nun nicht an sich verboten in UK.
    Es ist nun mal was anderes, wenn – sagen wir mal – ein Praktikant oder ein Studie – im Auftrag eines Unternehmens so tut, als sei es ein normaler Nutzer, um Botschaften zu verbreiten, als wenn es eben ein Nutzer aus Eigenmotivation tut. Hier wird was als quasi-authentische Usermeinung ausgegeben, was es de facto nicht ist.
    Das ist im Übrigen auch nicht in unserem (Marketer-/ PRler-) Interesse, wenn auf lange Sicht die Glaubwürdigkeit von Foren etc.. unterminiert wird.

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