Dass die Ferienwohnung, die wir gerade noch im Netz gesucht haben, zwei Minuten später in einer Werbeanzeige in unserem Facebook-Feed auftaucht – daran haben wir uns längst gewöhnt. Im Marketing und in der Werbung weisen Stichworte wie Mikrosegmentierung (Einteilung von Zielgruppen auf Personenebene, z. B. individuelle Merkmale oder Einstellungen) oder Programmatic Advertising (vollautomatischer Ein- und Verkauf von Werbeflächen in Echtzeit) längst auf die wachsende Bedeutung von Daten hin.
Doch können Daten auch Kommunikation steuern? Ja! Es gibt sogar einen Begriff dafür: Datengetriebene Kommunikation (oder „data-driven PR“ / „data driven communications“) bedeutet, Daten bzw. aus Daten generierte Informationen zu nutzen, um Kommunikationsaktivitäten zu planen, umzusetzen und zu verbessern.
Bisher behandeln Kommunikationsberater oder PR-Verantwortliche das Thema noch stiefmütterlich. Dies zeigt sich auch am langen Kampf, den Fürsprecher der PR-Evaluation immer wieder führen müssen, um entsprechende Budgets zu erhalten.
Viele Datenquellen
Dabei gibt es so viele Datenquellen: Eisbrecher ist hier die Digitaldisziplin, die sich dank der leichten Verfügbarkeit von Mess-Tools wie Web-Analyse-Tools oder Social Media Analytics längst mit dem Thema auseinandersetzt. Und es gibt es noch weitere: Befragungen, Medienbeobachtung oder Medienresonanzanalysen, Web- und Social Media Monitoring usw. Die Herausforderung besteht darin, diese Werkzeuge in einen laufenden Prozess einzubinden – und das wiederum setzt ein Bewusstsein um die Wichtigkeit des Themas voraus.
Ein bisschen mehr Mathe …
Sascha von Hirschfeld schreibt in seinem Buch „B2B Content Marketing“, Kommunikatoren müssten von „Mad Men“ zu „Math Men“ werden. Mad Men sind wie die Kreativen in der gleichnamigen Serie, die etwas durchgeknallt auf dem Sofa liegen und dabei kreative Kampagnen erspinnen. Math Men sind hingegen Menschen, die mit Zahlen umgehen können, um die Wirksamkeit einzelner Maßnahmen zu überprüfen.
Natürlich ist das überspitzt, wir brauchen beide Denkweisen. Allerdings fehlen in den meisten Kommunikationsabteilungen oder Kommunikationsagenturen die „Math Men“ noch komplett.
Die richtigen Themen zur richtigen Zeit
Konkreter wird es, wenn man darüber nachdenkt, wie Daten zur Redaktions- bzw. Content-Planung eingesetzt werden können. Hier spielen mehrere Aspekte eine Rolle: Wer Themen vermitteln möchte, muss auf das entsprechende Interesse stoßen. Das heißt, zur richtigen Zeit am richtigen Ort das richtige Thema zu kennen. Hier spielen soziodemographische Daten, Interessenprofile, Stakeholder Intents, Medienrezeptionsmuster, die Wahrnehmung von und die Einstellung zu Themen eine Rolle. Solche Stakeholder Insights basieren eben auf empirisch gewonnenen Daten.
Daneben eignen sich Umfeldsignale für die Themenplanung: Was sind Trendthemen, worüber schreiben oder posten Influencer (Stichwort „Agenda Surfing“), welche Begrifflichkeiten werden von anderen benutzt, was macht der Wettbewerb und welche Differenzierungspotenziale lassen sich hieraus ableiten?
Dafür lassen sich Daten aus den unterschiedlichsten Quellen einbinden und zusammenführen (siehe Grafik). Hier muss an Methoden gearbeitet werden, die Erkenntnisse zu verdichten und nutzbar zu machen.
Nach der Verbesserung ist vor der Verbesserung
Gleichzeitig impliziert die Geschwindigkeit, in der neue Themen auftauchen oder in der Zwischenergebnisse vorliegen, dass Maßnahmen laufend evaluiert und optimiert werden müssen. Folglich müssen Kommunikatoren zu ständiger Verbesserung bereit sein.
Hier gilt also Gleiches wie beim Stakeholder Experience Design: Ein meist tagesaktuelles Monitoring ist unabdingbar.