Blink, ping, summ– kreisch! Minütlich, ach was, sekündlich werden wir mit digitalen Informationen überschüttet: Ads, Feeds, News, Mails, Messages, Tweets ploppen auf und buhlen um Aufmerksamkeit. Kaum eine Webseite, die ohne Werbung auskommt. Kein Nachrichtenportal, das nicht gefühlt jede halbe Stunde eine Eilmeldung raus jagt, deren Bedeutung den Namen selten rechtfertigt. Kein Tag ohne Fluten von Werbe-Mails, Newslettern, Remindern, Gewinnspielaktionen und sonstiger Inspiration im Posteingang. Um in dieser digitalen Informationsflut nicht unterzugehen, schalten wir ab: Was uns nicht sofort anspricht, wird zugemacht, weggeklickt, gelöscht. Im besten Fall sind wir gelangweilt. Im schlechtesten Fall wütend. So wie ich bei der Ad für Hühnertränken, die kürzlich mitten in der heißen Phase meines Onlinegames am unteren Bildschirmrand aufpoppte: Zu sehen war ein Huhn mit Sprechblase: „Drei Liter Fassungsvermögen, nur 13.99 Euro!“ Echt jetzt?
In der digitalen Informationsflut oben schwimmen
Zum Glück bin ich nicht allein mit meinen Gefühlen. Studien zeigen, dass rund jede:r vierte Internetnutzer:in genervt ist von irrelevantem Content. Mit gravierenden Folgen für die Absender:innen: Nicht wenige Empfänger:innen digitaler Massenpost wenden sich ab von dem Unternehmen, das dahinter steht. Was also tun, um diese Klippe zu umschiffen? Viele Expert:innen sehen die Lösung in der Content-Personalisierung – ein Trend, der aktuell im Ranking ganz weit oben rangiert. Im Kern geht es dabei um die persönliche Ansprache von Nutzer:innen mit relevanten Inhalten, um in der Flut von digitalen Inhalten oben zu schwimmen. Allein den/die Empfänger:in mit Namen anzusprechen, bringt schon die ersten Aufmerksamkeitspunkte. Wenn dann ein Beitrag folgt, bei dem die Bedürfnisse des/der Empfänger:in im Vordergrund stehen, sind die Chancen gut, ans Ziel zu kommen: ein Lead, ein Kauf oder einfach nur ein positives Gefühl bei dem/der Empfänger:in – ganz im Sinne von Goethes „Hier bin ich Mensch, hier darf ich’s sein“. In Zeiten von Big Data kann KI dabei sehr nützlich sein, denn sie lernt aus dem digitalen Verhalten von Nuterzer:innen: Welche Produkte werden im Online-Shop gekauft oder länger angeschaut, welche Beiträge werden auf der Firmen-Webseite gelesen, welche Schlagworte bei Google eingegeben? All diese Informationen analysiert die KI, so dass Content nutzerindividuell aufbereitet und ausgespielt werden kann.
Abholen, einbinden, mitnehmen
Aber nicht nur künstliche Intelligenz, sondern auch menschliche Psychologie sind wichtig für die Content-Personalisierung. Zum Beispiel das Bedürfnis nach Zugehörigkeit und Teilhabe. Mit Blick auf die Content-Entwicklung lässt sich daraus ableiten, spezifische Inhalte für spezifische Communities zu schaffen. Inhalte, die zugeschnitten sind auf die Interessen und Werte der einzelnen, anvisierten Gruppen. Denkbar sind zum Beispiel verschiedene Newsrooms auf der Webseite eines Unternehmens, die sich jeweils exklusiv an eine Zielgruppe wenden. Darüber können etwa Kund:innen, Investoren:innen, Lieferant:innen und Journalist:innen auf maßgeschneidert aufbereitete Themen zugreifen. Auch mit Blick auf Content-Formate ergeben sich interessante Anknüpfungspunkte aus dem Wunsch nach Teilhabe: zum Beispiel „Hinter den Kulissen“-Reportagen aus Unternehmen oder einzelnen Fachbereichen. Porträts von Mitarbeitenden, „Direkter Draht zur GF“-Formate, Chat-Runden zwischen Kund:innen und Unternehmensexpert:innen – kurz, alles, was die/den Nutzer:in unmittelbar ins Geschehen hineinzieht. Dabei sollte man immer auf Authentizität achten. Denn Menschen spüren meist schnell, wenn jemand sich verstellt oder „heiße Luft“ von sich gibt. Und das kommt nicht gut an, sondern vermittelt vornehmlich das Gefühl, nicht ernstgenommen zu werden. Wer dagegen inhaltlich fundiert und authentisch kommuniziert, wird als glaub- und vertrauenswürdig erlebt – wichtige Kriterien für die Imagebildung, das Generieren von Leads und letztendlich für die Kaufentscheidung.
Spannung, Spaß und was zum Spielen
Bei aller Zugehörigkeit, Teilhabe und Authentizität möchten die allermeisten Menschen nicht zuletzt Spaß haben. Spannung, Action, sprich Unterhaltung ist ebenso ein Grundbedürfnis wie die zuvor genannten. In puncto Content ergibt sich daraus eine Menge Inspiration: So können Storytelling, spannende Serienformate oder Gamification jedes noch so vermeintlich dröge Thema interessant machen. Und noch ein Beispiel für ein menschliches Grundbedürfnis, das sich für die Content-Personalisierung nutzen lässt: das Erlangen von Wissen. How-to-videos, Kunden-Workshops oder Schulungsplattformen zahlen darauf ein und werden besonders bei technisch anspruchsvollen Produkten als wertvoller Extra-Service geschätzt.
Und die Moral von der Geschichte?
Klar, das alles ist nicht wirklich neu. In der analogen Welt gehören Zielgruppenanalyse, bedarfsgerechte Angebote und zielgruppenorientierte Kommunikation seit Jahrzehnten zum grundlegenden Handwerkszeug von Marketing und Kommunikation. Doch die schier unbegrenzten neuen Möglichkeiten des digitalen Universums bringen eben auch neue Herausforderungen mit sich. Eine davon ist die Disziplinierung und Fokussierung bei der Content-Erstellung und -verbreitung. Denn die Versuchung, in blindem Aktionismus täglich oder gar stündlich neue Inhalte zu publizieren, ist groß, schließlich waren nie zuvor so viele Menschen mit so geringem Aufwand erreichbar. Doch gerade im Netz gilt die bewährte Weisheit: Weniger ist mehr. Die persönliche Ansprache mit relevantem Content ist zwar aufwendiger als der tausendfache Versand von anonymer Massenware, zahlt sich auf lange Sicht aber ganz sicher aus.
Mehr Content-Trends gibt es in der nächsten Ausgabe der K12 Leaks.
[…] Mehr zum Thema Content-Personalisierung hat Sabine auch hier geschrieben. […]