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Content-Trends 2023

16. März 2023 · von Verena Waldbröl · Keine Kommentare

Let’s talk: UX Writing bietet Orientierung und stellt sich der Herausforderung Dialog

Babette Schneckener

Wie finden sich Nutzer:innen in digitalen Interfaces und Services gut zurecht? UX Writing trägt mit klaren, prägnanten und hilfreichen Texten zur Orientierung bei. Vor allem die Microcopy, beispielsweise auf Buttons, in Call-to-Action-Aufforderungen oder bei kurzen Fehlermeldungen, stand in den vergangenen Jahren im Fokus. Jetzt wenden sich die UX-Expert:innen auch der gesprochenen Sprache zu. KI-gestützte Systeme, Chatbots oder Sprachassistenten geben Nutzer:innen die Möglichkeit, bequem mit einem digitalen Angebot zu interagieren. Die Entwicklung geht damit hin zu dialogischen Formen der Interaktion in natürlicher Sprache.

Hype um ChatGPT: Generative KI wird zum Game Changer

Was schon lange zu ahnen ist, kann seit ein paar Monaten jede:r mit ChatGPT und Dall-E live erleben: Die Text- und Bildproduktion einer KI ist von der einer menschlichen kaum zu unterscheiden. Mit mehr als 100 Millionen Nutzern ist generative KI nicht mehr nur „Trend“, sondern Treiber einer Entwicklung, die am ehesten mit dem Siegeszug der sozialen Medien vergleichbar wäre. Nach der Vervielfachung und Demokratisierung der Kommunikationskanäle ermöglicht es die generative KI, innerhalb von Sekunden, beliebige (eigene) Inhalte zu erstellen. Geht es den Kreativen bald so an den Kragen wie einst den Webern nach der Erfindung des mechanischen Webstuhls? Wie geht das alles weiter?

Karin Beiküfner

Die optimistische Antwort ist das klassische Argument jeder technologischen Fortschrittserzählung: ChatGPT übernimmt künftig die lästigen Schreib-Aufgaben, womit den menschlichen Autoren mehr Zeit bleibt für das Wahre, Gute und Schöne. Dafür, die wirklich wesentlichen Themen anzugehen, brillant-tiefgründige, individuelle und authentische Texte zu verfassen. Keine Meeting-Protokolle mehr, mit ein paar Mausklicks sind die richtigen Worte zu Omas 80. Geburtstag gefunden und die Facharbeit schreibt sich in der großen Pause quasi von selbst. Bleibt mehr Zeit für was? Auf Agenturebene gedacht zum Beispiel für intensiven Dialog, individuelle Beratung: Was genau braucht dieser besondere Kunde in dieser speziellen Situation? Da wird sich Chat GPT (vorläufig) mit einer Antwort noch schwertun. Das Programm bezieht sein Wissen aus verfügbaren Informationen und verarbeitet sie nach statistischen Mustern. Diese Informationen müssen digitalisiert sein, die Fragen klug gestellt. „Crap in, crap out“ gilt auch für KI. Das zieht eine Grenze. Reales menschliches Erleben umfasst mehr als Informationsverarbeitung. KI kennt alle Texte des Internets. Aber nicht die Oma.

Eine KI ist eine Maschine und ChatGPT ein Werkzeug. Im derzeitigen Entwicklungsstadium ist sie ohne Zweifel die perfekte Assistentin, unermüdliche Ideengeberin für jede Schreib- oder Kommunikationsaufgabe, superschnell und superschlau und dabei von keinerlei Selbstzweifeln geplagt (Ist das wahr, falsch, egal?) Umso mehr kommt es darauf an, wer sie wofür einsetzt. An diesen Punkt knüpft die weniger optimistische Sichtweise an, wenn es um die neuesten technologischen Fortschritte geht – sie machen die Welt nicht zwangsläufig zu einem besseren Ort. Speziell die Digitalisierung führt zu einer beispiellosen Machtkonzentration in den Händen einiger weniger Unternehmen.

Mit Chat GPT und Konsorten wird es um ein Vielfaches einfacher für jeden Troll, die Welt mit Fake-News zu fluten, im Kampf um Deutungshoheit und Aufmerksamkeit alle Register zu ziehen, sämtliche Kanäle mit Wörtern, Tönen, Bildern zuzuschütten. Das zeigt auf eine weitere Grenze: In der professionellen Kommunikation geht es um die menschliche Aufmerksamkeit, eine nicht vermehrbare Ressource. Es ist unsinnig, mehr Content zu produzieren oder doppelt so viel zu posten. Die Menschen müssen Interesse daran haben, es zu lesen – und da kommt die KI momentan noch nicht mit. ChatGPT-Texte sind oft steril und unpersönlich, sie klingen gut, vertraut, aber sie schaffen oft keine emotionale Verbindung. Diese Verbindung zu schaffen, bleibt die Kernaufgabe der Kommunikatoren. Dafür klugen Gebrauch von generativer KI zu machen, wird den Unterschied machen.

Relevanz schaffen durch Content-Personalisierung

Sabine Schrör

Personalisierung ist das aktuelle Zauberwort der Content-Entwicklung. Dahinter steckt nichts anderes, als Nutzer:innen mit relevanten Inhalten anzusprechen, um in der digitalen Informationsflut oben zu schwimmen, sprich Aufmerksamkeit zu generieren und Botschaften wirkungsvoll zu transportieren. KI kann dabei helfen, indem sie den Spuren der Nutzer:innen im Netz folgt, woraus sich Rückschlüsse auf deren Wünsche, Interessen und Vorlieben ziehen lassen. Damit schafft sie die Grundlage dafür, Inhalte zu entwickeln, die packen und Kanäle zu identifizieren, die zur Zielgruppe führen. Doch KI allein ist nicht die Lösung. Denn relevanter Content braucht vor allem eins: die Orientierung am Menschen und seinen Bedürfnissen, zum Beispiel dem nach Teilhabe, Zugehörigkeit, Authentizität, Spaß, Unterhaltung oder frischem Brainfood. Wer hier mit Community-spezifischen Inhalten, Storytelling, „Hinter den Kulissen“-Reportagen, Gamification, nützlichen How-to-Videos und anderen spannenden Formaten überzeugt, hat die Nase vorn im Wettbewerb um die digitale Aufmerksamkeit.

Mehr zum Thema Content-Personalisierung hat Sabine auch hier geschrieben.

Es menschelt in den Business-Netzwerken

Maike Liess

Lange war LinkedIn der Ort, an dem man sich nur von seiner besten Seite zeigen wollte und Erfolge oder Errungenschaften präsentierte. Doch in letzter Zeit hat sich ein neuer Trend entwickelt: Das Bekenntnis zu vermeintlichen Schwächen und der eigenen Menschlichkeit. Und das funktioniert erstaunlich gut! Denn wer kann sich nicht mit einem Menschen identifizieren, der zu seiner eigenen Unperfektheit steht? Das Kalkül: Indem man kleine Fehler offen teilt, wird man zugänglicher und sympathischer. Allerdings muss auch das gekonnt und authentisch sein. Viele von den vermeintlichen Eingeständnissen haben erstens nichts mit dem Business-Netzwerk zu tun und beschreiben zweitens doch nur wie großartig man eigentlich ist. Kennt man aus Vorstellungsgesprächen: Meine Schwäche? Die Neigung zum Perfektionismus. Das ist natürlich nicht im Sinne des Erfinders. Anders verhält es sich mit der (Selbst-)Ironie, die da und dort aufblitzt: „Forbes 500.000 under 76, Klassenviertbester“ im Info-Header eines meiner Kontakte hat mich sehr schmunzeln lassen.

Von Menschen für Menschen: Google belohnt Texte mit Mehrwert

Verena Waldbröl

„Einer muss sich plagen, der Schreiber oder der Leser“, sagte Wolf Schneider. Der im vergangenen Jahr verstorbene „Schreib-Papst“ war mit seinen 97 Jahren nun wirklich kein Digital Native. Aber nach dem Helpful Content Update von Google ist sein Zitat so aktuell wie nie zuvor. Seit Dezember 2022 rollt Google dieses Update weltweit und für mehrere Sprachen aus. Und das steckt dahinter: In Zeiten von ChatGPT & Co. wird es immer wichtiger, hochwertige Inhalte von mechanischen, die nur auf Traffic aus sind, zu unterscheiden. Hochwertig bedeutet in diesem Fall: authentisch, einzigartig, hilfreich und mit echtem Mehrwert für die Lesenden. Belohnt werden also Inhalte, die Menschen für Menschen schreiben, weil sie sich Gedanken um deren Bedürfnisse machen. Kurzum: Wer sich plagt, erfreut nicht nur die Leserschaft, sondern auch Google.

Autor: Verena Waldbröl

Verena Waldbröl ist Redakteurin bei K12 – Agentur für Kommunikation und Innovation in Düsseldorf. Ob Interne oder Externe Kommunikation, Change Kommunikation oder Social Media – schöne Worte findet sie für alles. Am liebsten aber weckt sie bei den KollegInnen die Lust am kreativen Schreiben.

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