Neue EU Richtlinie als Signal für mehr Authentizität in der CSR-Kommunikation
Die Modemarke, die lautstark ihre nachhaltige Kollektion aus recycelten Materialien bewirbt, während der Großteil des Angebots weiterhin auf Fast-Fashion-Prinzipien basiert. Mit allen negativen Umweltauswirkungen wie hohem Wasserbedarf, Chemikalieneinsatz und Wegwerfkultur. Der Energieversorger mit dem „grünen“ Tarif, dessen Strom angeblich zu 100 Prozent aus erneuerbaren Quellen stammt. Tatsächlich kauft das Unternehmen lediglich Zertifikate, um seinen Strom grün zu labeln. Der Löwenanteil stammt nach wie vor aus fossilen Quellen. Die beiden Beispiele zeigen, dass beim Greenwashing zwar die Fassade verführerisch grün leuchtet, der Inhalt jedoch alles andere als nachhaltig ist. Sehr zum Ärger der vielen Menschen, die nachhaltig leben und einkaufen möchten – so belegt eine aktuelle Studie des Nürnberg Institut für Marktentscheidungen e. V., dass für 76 Prozent der Befragten Nachhaltigkeit eine bedeutende Rolle beim Einkaufen spielt.
Rote Karte für Greenwashing
Eine Richtlinie der Europäischen Union zeigt dem Greenwashing nun die rote Karte: Demnach sind künftig nur noch Nachhaltigkeitslabel von staatlichen Institutionen oder anerkannten Zertifizierungsstellen erlaubt. Um damit werben zu dürfen, muss der unmittelbare Beitrag von Produkten oder Dienstleistungen zum Klima- und Umweltschutz wissenschaftlich bewiesen sein. Umweltaussagen, die beispielweise ausschließlich auf der Grundlage von Emissionsausgleichssystemen getroffen werden, sind verboten. Die Mitgliedstaten der EU haben zwei Jahre Zeit, die neue Regelung national umzusetzen. Unternehmen, die dagegen verstoßen, müssen dann mit empfindlichen Geldstrafen rechnen. Mit der neuen Richtlinie sind die Zeiten vorbei, in denen Hersteller sich mit Etiketten wie „öko“, „natürlich“ oder „100 Prozent nachhaltig“ schmücken konnten, ohne tatsächlich nachhaltig zu sein. Rund 200 verschiedene Umweltlabel geisterten bislang europaweit durch den Markt und selbst namhafte Hersteller konnten der Versuchung der „Grünmalerei“ nicht widerstehen.
Ab auf den Greenwashing-Prüfstand
Durch die neue Regelung wird sich der Umweltlabel-Dschungel deutlich lichten. Ihre Signalwirkung reicht aber weit über das Produkt-Labelling hinaus: Wer klug ist, stellt seine gesamte Nachhaltigkeitskommunikation auf den Greenwashing-Prüfstand. Denn Stakeholder:innen sind heute informierter und kritischer denn je. Sie erkennen falsche Versprechen schnell und strafen Unternehmen ab, die dabei erwischt werden, sei es durch den Boykott von Produkten und/oder einen veritablen Shitstorm in den sozialen Medien. Die Folgen für die betroffenen Firmen sind in jedem Fall gravierend, von Image- und Reputationsverlusten bis hin zu Umsatzeinbußen.
Vertrauensvorschuss nicht verspielen
Die möglicherweise schlimmste Konsequenz liegt aber im Verlust von Vertrauen. In einer Zeit, in der das Vertrauen in Institutionen immer mehr verloren geht, erreichen Wirtschaftsunternehmen noch vergleichsweise hohe Vertrauenswerte, verglichen mit Regierungen und Medien. Das belegen die Ergebnisse des renommierten Edelman Trust Barometer für das Jahr 2023. Auf einer Skala von 1 (absolutes Misstrauen) bis 100 (totales Vertrauen) erreichen Wirtschaftsunternehmen 62 Punkte, während Regierungen und Medien nur jeweils 50 Punkte erzielen. Unternehmensverantwortliche sind gut beraten, diesen Vertrauensvorschuss nicht zu verspielen, indem sie der zweifelhaften Versuchung von Greenwashing-Aktionen widerstehen. Ehrliche Kommunikation ist mehr denn je gefragt, um das Vertrauen von Kunden, Investoren und anderen Stakeholder:innen zu bewahren – und damit eine der wichtigsten Geschäftsgrundlagen zu erhalten.
Checkliste für authentische CSR-Kommunikation
Was heißt das nun konkret für Kommunikationsverantwortliche? Die oberste Regel lautet: Man sollte nicht mehr versprechen als man halten kann und sich in puncto Nachhaltigkeit realistische, messbare Ziele setzen. Bei der Kommunikation helfen die folgenden Tipps:
- Transparenz schaffen: Berichten Sie offen und ehrlich über die Bemühungen und Fortschritte Ihres Unternehmens im Bereich CSR. Sprechen Sie auch etwaige Hürden und Probleme offen an. Sorgen Sie für einen einfachen, barrierefreien Zugang zu den Informationen, etwa durch das zusätzliche Angebot von Audio- und Video-Formaten, mehrsprachige Formate und Versionen in leichter Sprache.
- Fakten sprechen lassen: Belegen Sie die CSR-Initiativen ihres Unternehmens mit Daten und Fakten. Vermeiden Sie vage Aussagen und verwenden Sie messbare Kennzahlen, um den Fortschritt zu veranschaulichen.
- Herausforderungen thematisieren: Scheuen Sie sich nicht davor, Herausforderungen und Rückschläge bei der Umsetzung der CSR-Strategie anzusprechen. Vermitteln Sie, dass Ihr Unternehmen diese Probleme erkennt und an Lösungen arbeitet.
- Verantwortung übernehmen: Vermeiden Sie Schuldzuweisungen und übernehmen Sie die Verantwortung – gerade dann, wenn etwas nicht so gut gelaufen ist.
- Bescheiden sein: Verzichten Sie auf Superlative, Übertreibungen, konstruierte Helden-Storys, Werbe- und Marketing-Sprache.
- Geschichten erzählen: Holen Sie Ihre Stakeholder:innen mit authentischen Geschichten und konkreten Fallbeispielen ab. Damit können sie sich besser identifizieren als mit abstrakten Konzepten.
- Mit Stakeholder:innen interagieren: Suchen Sie aktiv den Austausch mit IhrenStakeholder:innen. Zeigen Sie, dass Sie deren Anliegen und Erwartungen ernst nehmen und auf (kritisches) Feedback reagieren.
- Kontinuierlich kommunizieren: CSR-Kommunikation sollte kein einmaliges Ereignis sein. Halten Sie Ihre Stakeholder:innen regelmäßig auf dem Laufenden und aktualisieren Sie Ihre Publikationen.
- In Echtzeit kommunizieren: Nutzen Sie Social Media und andere Plattformen, um aktuelle Entwicklungen und Meilensteine mit Ihren Stakeholder:innen zu teilen.
Interessante Links zum Thema:
https://www.europarl.europa.eu/news/en/press-room/20230918IPR05412/eu-to-ban-greenwashing-and-improve-consumer-information-on-product-durabilityhttps://www.bmuv.de/themen/verbraucherschutz/nachhaltiger-verbraucherschutz/greenwashing