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Politischer Einfluss auf die Wertekommunikation: Reden oder schweigen? 

25. April 2025 · von Britta Neisen · Keine Kommentare

Mit Trump ist der „Culture War“ in der Welt angekommen: US-amerikanische Firmen und internationale Konzerne beenden Diversitäts- und Klimaschutzinitiativen, um das Geschäft in den USA nicht zu verlieren – oder überlegen sich zumindest, wie sie mit der neuen politischen Realität umgehen. Was heißt das für die Nachhaltigkeitskommunikation in Deutschland? Wie Unternehmen jetzt reagieren können. 

Das ging schnell: Bereits eine Woche vor der zweiten Inauguration von Donald Trump kündigte JP Morgan, die größte Bank der USA, an, aus der „Net Zero Banking Alliance“ (NZBA) auszusteigen – und damit Nachhaltigkeit auf der Prioritätenliste ganz nach unten zu verbannen. Andere US-Unternehmen wie McDonald’s schafften im vorauseilenden Gehorsam ihre Diversitätsprogramme ab; Meta will keine Fakten-Checker mehr beschäftigen.

Der Angriff auf Werte wie Nachhaltigkeit, Diversität und Inklusion ist umfassend und kommt mittlerweile auch im Rest der Welt an. Erst Ende März schrieb die US-Botschaft einige französische Firmen an. Sie sollten bestätigen, dass sie ihre Diversitätsprogramme abschaffen. Kein Einzelfall, sondern laut US-Diplomaten ein weltweit praktiziertes Vorgehen. Die Folge dieses Drucks: Internationale Konzerne, die weiter Geschäfte in und vor allem mit den USA machen möchten, treten in der Wertekommunikation auf die Bremse. In einem Artikel der FAZ wird die vorsichtige und auch zwiespältige Herangehensweise von Unternehmen wie SAP, VW und Accenture deutlich: Man steht weiter für Inklusion und Chancengleichheit, will das aber nicht so deutlich sagen. 

Politischer Zwiespalt – darauf müssen sich Unternehmen einstellen 

Doch was bedeutet das für die Nachhaltigkeits- und ESG-Kommunikation? Auch hier sitzen international ausgerichtete Unternehmen zwischen zwei Stühlen: Auf der einen Seite soll nach dem Wunsch rechter Kräfte Klimaschutz keine Rolle mehr spielen. Auf der anderen Seite gelten in der EU Gesetze für CO2-Reduktion und Umweltschutz weiter. Erleichterung bringt die Omnibus-Initiative, die die Berichtspflicht für Unternehmen gerade deutlich abschwächt. Auch in den Koalitionsverhandlungen nach dem Regierungswechsel in Deutschland ist Nachhaltigkeit deutlich weniger präsent – obwohl die Grünen im Tausch für die Zustimmung zum Schuldenpaket Gelder für den Klimaschutzfonds retten konnten. 

Angesichts der politischen Lage müssen Unternehmen davon ausgehen, dass 

  • der Rechtfertigungsdruck für Nachhaltigkeitsinitiativen steigt, 
  • Absatzmärkte für nachhaltige Produkte bedroht sind, 
  • Unternehmensaktivitäten zum Politikum werden können und damit 
  • Reputationsrisiken steigen. 

Denn auch in Europa polarisiert sich die Gesellschaft weiter und lädt Fragen nach Klimaschutz und Diversität ideologisch auf. Die Haltung von Unternehmen und die Art und Weise, wie sie über ihre Werte und Ziele reden, wird damit wichtiger denn je. 

Vorbereitung ist alles – das können Unternehmen tun 

Unternehmen sind keine moralischen Instanzen, sondern betreiben ein Geschäft. Dennoch ist vielen Stakeholdern, Verbraucherinnen und Verbrauchern sowie Mitarbeitenden wichtig, dass ein Unternehmen eine für sie akzeptable Haltung vertritt, sich an geltendes Recht hält und seinen gesellschaftlichen Impact nutzt, um die Welt besser zu machen. 

Für Unternehmen heißt das: Sie müssen sich in einer zunehmend ideologisch geprägten Welt positionieren, ohne dass ihr Geschäft darunter leidet. 

In der aktuellen Situation hilft es daher, einen Schritt zurückzutreten und die eigene Haltung sowie die Rahmenbedingungen zu betrachten: 

  • Wie ist die Rechtslage? Dabei geht es sowohl um die Nachhaltigkeitsgesetzgebung der EU als auch um mögliche neue Verordnungen aus den USA. 
  • Welche wirtschaftlichen und technischen Abhängigkeiten haben wir? Wo liegen unsere Risiken? 
  • Was ist unsere Haltung in potenziell „kritischen“ Fragen wie Nachhaltigkeit, Klimaschutz, Diversität und Inklusion? 
  • Welche Werte sind uns besonders wichtig und wie wollen wir dafür einstehen? 

Auf dieser Grundlage können Unternehmen Szenarien entwickeln, wie sie auf Gegendruck – beispielsweise aus den USA – reagieren. Die strategische Übersetzung für die Interne und Externe Kommunikation ist dann der nächste Schritt. 

Über Nachhaltigkeit reden – diese Schwerpunkte werden wichtig 

Meine These: Nachhaltigkeitskommunikation wird künftig Elemente der Krisenkommunikation enthalten. Dabei geht es einerseits – wie oben skizziert – um eine gute Vorbereitung auf Vorwürfe und Druck von außen. Es geht jedoch auch darum, nicht verwundbar zu sein und kritischen Situationen resilient zu begegnen. 

Diese Stärke werden vor allem Firmen haben, die Nachhaltigkeit in der Unternehmensstrategie verankert haben oder das spätestens jetzt tun. Dazu gehört auch, Daten aus Nachhaltigkeitsmaßnahmen und den CO2-Fußabdruck transparent zu dokumentieren (im ESG-Reporting, gemäß der CSRD oder der vereinfachten freiwilligen Berichterstattung). Denn nur so haben Unternehmen eine Grundlage, auf der sie konsistent handeln und nuanciert kommunizieren können. 

Die Nachhaltigkeitskommunikation der Zukunft wird voraussichtlich stärker faktenbasiert und geschäftsorientiert sein, weil in vielen Organisationen Daten des ESG-Reporting vorliegen – und ethisch-moralische Aspekte etwas in den Hintergrund treten. Mit den Daten lässt sich neutral begründen, was Nachhaltigkeit dem Unternehmen sowie der Gesellschaft nützt. 

Die Verlagerung von den eher moralischen zu den wirtschaftlichen Aspekten der Nachhaltigkeit wird sich auch in der Corporate Story zeigen. Sie fasst schlüssig zusammen, warum ein Unternehmen in Sachen Nachhaltigkeit handelt, wie es handelt, und ermöglicht es, authentisch zu bleiben – in Presse-Statements, in Social Media, in der Internen Kommunikation oder im Employer Branding. 

Doch auch in einer konsistenten Nachhaltigkeitskommunikation gilt: Es gibt nicht die eine Botschaft für alle. Deswegen sollten Unternehmen ihre Interaktionen mit einem spezifischen Stakeholder-Management feinjustieren. So lässt sich je nach Kanal und Zielgruppe auf verschiedene Erwartungen eingehen, um Stimmungen aufzufangen und einen aktiven Dialog mit relevanten Gruppen anzustoßen. 

Die Botschaft: Stillstand ist keine Option 

Halten wir also fest: Nachhaltigkeit könnte in Zukunft aus ideologischen Gründen noch stärker unter Druck geraten – und bleibt doch wirtschaftlich und gesellschaftlich notwendig. Der Klimawandel macht keine Pause und auch Unternehmen sollten sich weiter in die Karten schauen lassen, wie sie sich nachhaltig weiterentwickeln. 

Dass die EU-Omnibus-Initiative die Berichtspflicht für viele Unternehmen abschwächt, ist dabei sogar ein Vorteil: Wer seine Daten freiwillig offenlegt, kann sich positiv vom Wettbewerb abheben und punktet bei vielen Stakeholdern. Liebe Unternehmen, wir brauchen Stories, die zeigen, wie ihr in Sachen Nachhaltigkeit einen echten Unterschied macht – heute mehr denn je! 

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Autorin: Britta Neisen

Britta Neisen ist geschäftsführende Partnerin bei K12 – Agentur für Kommunikation und Innovation in Düsseldorf. Sie verantwortet den Bereich Corporate Communications mit den spannenden Facetten Nachhaltigkeitskommunikation, CEO-Kommunikation, Reputation, Corporate Storytelling, Employer Branding sowie Purpose-/Haltungskommunikation.

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