In den vergangenen fünf Teilen der Beitragsreihe wurden Beispiele für digitales interaktives Storytelling vor allem aus dem journalistischen Bereich präsentiert. Die Frage für uns lautet natürlich, inwieweit sich die vorgestellten Ansätze auf Aufgaben in Unternehmens- und Marketingkommunikation übertragen lassen. Noch mal zusammengefasst, um welche Ansätze (bzw. Formate) es geht:
- Visuelles Storytelling (interaktive Infografiken / Diagramme, Slideshows, …)
- „Geo-codiertes“ Storytelling (über interaktive Karten, …)
- One pager und parallax scrolling
- Interaktive Personalisierung als Stilmittel
- Multiperspektivische Darstellungsformen
- Datenjournalismus als Methode (Bereitstellung von Open Data)
- Live Ticker 2.0
- Crowdsourcing für Inhalte
- Crowdsourcing for Fact finding und Fact checking
- Crowdsourcing zur Themenfindung
- Nutzung von Social Media Tools wie z.B. Storify als Aggregator
Werden solche Ansätze in Unternehmenskommunikation bzw. Marketingkommunikation genutzt?
Zum Teil. Einige Formen des Visuellen Storytelling, One Pager mit parallax scrolling (schön: Discovery Lab) sind geradezu en vogue. Wahrscheinlich vor allem, weil sie über Content Marketing sehr gut vermittelbar sind. Genutzt werden außerdem Ansätze eines geo-codierten Storytellings oder das Crowdsourcig von Inhalten (vor allem durch Mitarbeiter einer Organisation bzw. Mitmach-Foto-or-whatever-Kampagnen).
Schwieriger zu finden (mir unbekannt, daher sind Tipps willkommen) sind Beispiele für die anderen Ansätze. Während Crowdsourcing für Inhalte ein relativ gut betretener Pfad ist, können Unternehmen vermutlich schwerer Nutzer motivieren, eigene Datenbestände zu durchwühlen (Fact checking oder Fact finding) oder sich Themenvorschläge einreichen zu lassen. Ein Grund dafür mag die Motivation von Nutzern sein: Bei einem Thema von öffentlichem Interesse wie den Wikileaks-Dokumenten ist es einfacher, von einem verstärkten Aufklärungsinteresse auszugehen, als bei Themen, die vermeintlich eher organisations-bezogen sind.
Das leitet thematisch zum Einsatzbereich datenjournalistischer Ansätze über. Datenjournalismus und PR kann man in zwei Richtungen denken:
- Organisationen stellen Daten (open data policy) zur Verfügung, damit Journalisten, Multiplikatoren und Nutzer mit datenjournalistischen Methoden (da sind wir wieder beim Crowdsourcing) neue Erkenntnisse daraus generieren. Das könnten Daten sein aus dem Finanzbereich, aus dem CSR-Reporting, Nutzungsdaten von Telekommunikationsunternehmen, Verbrauchsdaten von Energiekonzernen etc.. Das setzt den entsprechenden Willen zur Transparenz voraus und Phantasie, was mit den Daten überhaupt anzustellen sein kann. Allerdings bin ich skeptisch, dass es in Kommunikations- und Marketingabteilungen viel Verständnis für datenjournalistische Methoden und Ansätze gibt.
- Im Bereich Kommunikation werden Daten anderer Abteilungen oder öffentliche Daten genutzt, um daraus relevante Informationen zu erarbeiten. Hier dürfte es neben dem Mangel an Verständnis für das Thema an sich an fachlichen Fähigkeiten (Statistik und IT – wobei man das outsourcen kann) mangeln, an prozessualen Fähigkeiten (Datengewinnung), an der Absicht zur Transparenz oder daran, dass es solche Daten nicht gibt oder diese Daten vermeintlich (Stichwort Big Data in Unternehmen) schon ausgelutscht sind.
Zwischenfazit: Es passiert was, aber es gibt noch durchaus neue Möglichkeiten, die sich kommunikativ heben lassen.
Das führt zu der Frage:
Wozu können Ansätze aus dem interaktiven, digitalen Storytelling in der Unternehmenskommunikation bzw. Marketingkommunikation überhaupt eingesetzt werden?
Ich werde an dieser Stelle nicht haarklein alle Ideen / Ansatzpunkte erläutern (Beratungsgespräch? Gerne!) und möchte daher auf einer abstrakteren Ebene bleiben, nämlich der Frage, welche Leistungen mit diesen Ansätzen erbracht werden können. Zum Start verweise ich auf eine wunderbare Systematisierung, die ich in der Dissertation von Peter Schumacher zu „multimodalen Darstellungsformen im Journalismus“ gefunden habe (Amazon-Hinweis unten), die sich hier gut anwenden lässt und die Schumacher von journalistischen Grundfunktionen (Veranschaulichen, Erklären, Erzählen) und rezeptionsorientierten Funktionen (Organisieren und Motivieren / Stimulieren) abgeleitet hat. Geeignete Leistungen bzw. Einsatzbereiche digitaler Storytelling-Formate für die UK / MK wären demnach:
- Zeitabhängige Prozesse veranschaulichen
- Räumliche Zusammenhänge veranschaulichen
- Abstrakte Konzepte veranschaulichen
- Komplexe Sachverhalte erklären
- Handlungsabläufe multiperspektivisch erzählen
- Themen strukturieren
- Dabei motivieren und stimulieren
Man sieht: Es lässt sich ein riesiges Feld von kommunikativen Leistungen abdecken. Und ein riesiges Themenfeld darstellen von übergeordneten Unternehmens- und Marktthemen, technologischen Themen, Produktthemen, Anwendungen, Verwendungsbeispielen bis hin zur Darstellung von Personen, deren Erlebnisse, Perspektiven und Hintergründe. Mit frischen und relativ neuen Mitteln.
Beiträge in dieser Reihe:
Neue Ansätze im (interaktiven) Storytelling (Teil 1): Ein Überblick über Akteure und Trends
Neue Ansätze im (interaktiven) Storytelling (Teil 2): (herausragende) Beispiele
Neue Ansätze im (interaktiven) Storytelling (Teil 3): Beispiele unter Einbindung von Social Media
Neue Ansätze im (interaktiven) Storytelling (Teil 4): 33 Tools für Storyteller
Neue Ansätze im (interaktiven) Storytelling (Teil 5): Literaturtipps
Neue Ansätze im (interaktiven) Storytelling (Teil 6): Implikationen für die Kommunikationsarbeit
[…] Neue Ansätze im (interaktiven) Storytelling (Teil 6): Implikationen für die Kommunikationsarbeit […]
[…] Neue Ansätze im (interaktiven) Storytelling (Teil 6): Implikationen für die Kommunikationsarbeit […]