K12

Onboarding: Hype oder echter Mehrwert?

10. November 2021 · von Verena Waldbröl · 1 Kommentar

Frau verschwindet in Waschmaschine

Früher hieß das Onboarding noch Einarbeitung. Heute ist es ein unabdingbarer Teil der „Employee Experience“, die alle Erfahrungen umfasst, die Mitarbeitende in und mit einem Unternehmen machen. Ist das ein Hype oder lohnt es sich, in gutes Onboarding zu investieren? Wir haben unsere Kollegin und HR-Managerin Bianca von Eitzen gefragt.

Warum sprechen wir gerade miteinander? Also: Warum ist ein systematisches und gut organisiertes Onboarding eigentlich wichtig?

Wenn wir jemanden einstellen, soll die Person sich voll entfalten können oder sogar weiterentwickeln. Das geht nur in einem Umfeld, in dem sich die Person wohlfühlt. Wer sein Bestes geben möchte, braucht bestimmte Bedingungen. Wir haben heute einen arbeitnehmergesteuerten Markt – Unternehmen können es sich ganz einfach nicht leisten, gute Leute zu verlieren, weil sie in den ersten Wochen über Hürden stolpern, die durch ein gutes Onboarding vermeidbar wären.

Bianca von EItzen

Was gehört zum Onboarding? Reicht es, die Toilette und den eigenen Arbeitsplatz zu zeigen?

Onboarding ist ein sehr weites Feld und beginnt spätestens ab der Jobzusage: Wie sage ich zu? Wie gestaltet sich die Kommunikation rund um den Vertrag? Wer besorgt die IT? Das tatsächliche Onboarding endet erst nach der Probezeit. Bei K12 besteht es aus vier Säulen:

  1. Eine enge Betreuung durch HR, das den gesamten Prozess gestaltet
  2. Ein fachliches und gut strukturiertes Onboarding durch das Team und den Teamlead
  3. Das Agentur-Onboarding, sowohl inhaltlich als auch organisatorisch
  4. Den oder die Pat:in für informelle Themen

Du sagst, HR gestaltet den Prozess. Was gehört dazu?

Teilweise ganz banale Sachen. Zum Beispiel, das Team im Vorfeld darauf aufmerksam zu machen, dass jemand am Starttag in der Agentur ist. Früher waren wir alle täglich da, aber seit Corona hat sich das geändert. Wer führt ein erstes Gespräch? Gibt’s eine gemeinsame Mittagspause? Haben die Teammitglieder am ersten Arbeitstag überhaupt Zeit? Ich selbst halte mich am ersten Tag, bis auf die wichtigsten organisatorischen Aspekte, noch zurück und steige erst später ein.

Inwiefern?

Im Laufe der Woche führe ich ein virtuelles oder persönliches, langes Gespräch. Hier besprechen wir zum Beispiel, was bei einer Krankmeldung zu beachten ist, wann das Fotoshooting stattfindet, wie man bei K12 Urlaub einreicht, ob es noch an technischer Unterstützung fehlt und so weiter. Das organisatorische Startpaket. Gleichzeitig nutze ich das Gespräch aber auch, um ein Gespür für die Person zu entwickeln. Nach einigen Woche frage ich nach, wie es läuft. Dann nochmal in etwa zwei bis drei Monaten. Diese Gespräche sind sehr vertraulich. Ich bin da so etwas wie eine Sparringspartnerin unabhängig vom Vorgesetzten, ein Stimmungsseismograph. Gerade in der Probezeit ist es extrem wichtig, „die Neuen“ engmaschig zu betreuen.

Dazu kommt ein offizielles Gespräch mit der Geschäftsführung zur Halbzeit. Und am Ende der Probezeit gibt’s noch einmal ein Gespräch gemeinsam mit dem Team unter dem Motto „Wo geht die Reise hin?“ und einen wertschätzenden Brief von mir bzw. der Geschäftsführung.

Du erwähntest das Team gerade schon. Welche Rolle spielen die Kolleg:innen beim Onboarding?

Menschlich und fachlich eine ganz große. Zum einen erklären die Kolleginnen und Kollegen aus dem eigenen Team, wie ganz alltägliche Dinge funktionieren: Stunden buchen, Angebote schreiben, die Kundenkommunikation. Zum anderen vermitteln sie aber auch ein Zugehörigkeitsgefühl. Bei K12 gibt’s hier übrigens keine festen Pläne, das macht jedes Team individuell.

Und wer zeigt dann endlich mal, wo die Toiletten sind?

Das gehört zum Agentur-Onboarding. Ein:e Kolleg:in heißt das neue Teammitglied am ersten Tag Willkommen und macht eine Agenturführung im Detail. Bei K12 – und das ist, zumindest nach meinen bisherigen Erfahrungen, eine Besonderheit – gehört zum Agentur-Onboarding aber auch noch mehr. Innerhalb der ersten zwei Wochen stellen sich alle Bereiche ausführlich vor und nehmen sich richtig viel Zeit, um Zusammenhänge zu erklären. Teamübergreifende Zusammenarbeit ist hier wahnsinnig wichtig, so zahlt sich dieses erste Kennenlernen später aus.

Dann hast du vorhin noch die Patenschaft erwähnt.

Jede:r Neue bekommt eine:n Pat:in. Das ist eine Kollegin oder ein Kollege aus einem anderen Team mit Erfahrung bei K12. Diese Person ist vor allem für zwischenmenschliche Fragen da, um einfach mal zu quatschen und vermeintlich dumme Fragen zu stellen. Wie das Gespann die Patenschaft gestaltet, bleibt den beiden überlassen. Hier gibt HR keine festen Pläne, sondern nur einen Rahmen vor mit Ideen und Anregungen. Die Pat:innen tauschen sich zum Beispiel über Microsoft Teams untereinander aus oder gehen, falls beide vor Ort im Büro sind, gelegentlich zusammen Mittagessen. Gedacht ist das Pat:innenprogramm für die ersten Wochen und Monate, kann natürlich auch langfristig gelebt werden.

Du beschreibst jetzt vor allem das Onboarding bei K12. Gibt’s den einen Musterprozess oder unterscheidet sich das je nach Unternehmen? Beziehungsweise: Sollte es sich unterscheiden?

Es muss sich unterscheiden! Jedes Unternehmen muss die eigene Handschrift einbringen. Hier spielt ja auch ganz stark die Unternehmenskultur mit rein. Ein gutes Onboarding spiegelt die Kultur so wider, wie sie ist, und gaukelt nichts vor.

HR entwickelt sich natürlich weiter. Hat sich in den letzten Jahren etwas Grundlegendes am Onboarding-Prozess verändert?

Ich habe das Gefühl, dass es ein regelrechter Hype geworden ist. Aber ich verstehe das ehrlich gesagt nicht, denn das Thema war schon immer wichtig. Es gibt seit paar Jahren digitale Onboardingtools, mehr E-Learning etc., was die Thematik zusätzlich befeuert und sicher auch deshalb nochmal so in den Fokus rückt. Digitale Lösungen machen sicher Sinn für große Unternehmen. Aber bei kleinen wie uns muss der Prozess von Hand gesteuert werden und der Fokus auf persönlichem Kontakt liegen. Klar, wir sind jetzt auch virtueller unterwegs, aber der Prozess an sich unterscheidet sich nicht.

Was hat sich durch Corona verändert?

Wir sind hybrid geworden und werden es auch bleiben. Umso wichtiger ist es, über virtuelle Grenzen hinweg den Agenturspirit zu erhalten und die Menschen im Blick zu haben. Junge Menschen starten „dank“ Corona ihr Berufsleben im Homeoffice. Hier muss man genau hingucken: Wie viel Unterstützung braucht eine Person? Wie intensiv muss die Betreuung sein? Denn ohne Corona säße sie mit dem gesamten Team täglich im (Großraum-)Büro und wäre nie allein.

Onboarding ist nur die eine Seite der Medaille. Was passiert, wenn eine Person kündigt?

Das sogenannte Offboarding beendet die offizielle Zusammenarbeit. Klar, eine Kündigung wird erst einmal administrativ abgewickelt und man spricht sicher auch über die Gründe. Aber richtiges Offboarding ist noch einmal etwas anderes: Dahinter steht ein sehr wertschätzender Prozess. Es schließt den Kreis.

Autor: Verena Waldbröl

Verena Waldbröl ist Redakteurin bei K12 – Agentur für Kommunikation und Innovation in Düsseldorf. Ob Interne oder Externe Kommunikation, Change Kommunikation oder Social Media – schöne Worte findet sie für alles. Am liebsten aber weckt sie bei den KollegInnen die Lust am kreativen Schreiben.

Ein Kommentar

  1. […] (Mehr von Bianca gibt’s übrigens auch in diesem Interview zum Thema Onboarding.) […]

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