„Stupid is as stupid does“ – Warum die PR sich jetzt neu erfinden muss
28. Dezember 2011 · von Carina Waldhoff · 6 Minute Lesedauer · 1 Kommentar
Aus irgendeinem Grund stieß ich kurz vor Weihnachten noch einmal auf eine Diskussion, die Thomas Pleil im Frühling angestoßen hat. Er ging damals der Frage nach, ob die PR sich selbst abschafft, indem sie die veränderten Rahmenbedingungen durch Social Media nicht als Chance begreift, sondern das Feld lieber anderen überlässt, z. B. dem Marketing. Sowohl dieser Artikel als auch eine Reaktion darauf von Mirko Lange zogen sehr interessante Diskussionen in den Kommentare nach sich. Meine Erfahrungen und Eindrücke mit Social Media in Unternehmen insbesondere im vergangenen Jahr sprechen dafür, dass die wichtigsten Erfolgsfaktoren für „Beziehungsaufbau und -pflege mit Öffentlichkeiten“ (eigenes Jobverständnis…) nur von PRlern gewährleistet werden können: Wenn sie dies a. erkennen, b. wollen und c. darauf vorbereitet sind. Die Ausgangsposition: Marketing- und PR-Abteilungen treiben laut einer relativ aktuellen Studie des Bundesverbandes Digitale Wirtschaft in Deutschland das Thema „Social Media“ in etwa gleichbereichtigt voran. Damit scheint hierzulande das marketing den PRlern doch nicht nicht so sehr die Butter vom Brot genommen zu haben wie in den von Pleil angeführten internationalen Zahlen. Das Selbstverständnis: Für „Inhouse-Journalisten“ – und so verstehen sich m. E. immer noch sehr viele PRler – müssen Social Media außerhalb ihres Aufgabenbereichs liegen, sich mit ihrem Qualitätsverständnis beißen und sicherlich gelegentlich auch bedrohlich erscheinen. Mitreißende Reden, tolle Imagebroschüren und kompetent gepflegte Medienkontakte werden auch in Zukunft wichtig sein, passen aber nicht unbedingt zum Anspruch, mit verschiedensten und teils bisher un-erhörten Personenkreisen auf Augenhöhe zu kommunizieren. Hier schlägt die Stunde der Kommunikationsmanager, hier sind diejenigen im Vorteil, zu deren wichtigsten „Öffentlichkeiten“ schon immer die interne Öffentlichkeit zählte. Sie sollten einige Dinge besser beherrschen als alle anderen im Unternehmen:
- Strategisch kommunizieren: Welche Kommunikationsziele verfolgen der Vorstand, der Service, das Marketing …, auf welchen Kanälen erreichen wir wen mit welchen Inhalten, wie steuern und kontrollieren wir das alles? Wer sollte die gesamte „Unternehmens-Kommunikation“ überblicken und die Strippen in der Hand halten, wenn nicht die PR-Verantwortlichen?
- Vernetzen: Noch nie war es so wichtig und so anspruchsvoll, Menschen aus verschiedenen Abteilungen an einen Tisch zu bringen, noch nie wurde so leicht auch öffentlich (in Social Media) sichtbar, wenn eine Abteilung nicht weiß, was die andere tut. Wer, wenn nicht die PR-ler, sollte Vertrieb, HR, rechtsabteilung etc. zusammenbringen können, interne Abstimmung ermöglichen, mit passenden Formaten begleiten und steuern? Hier wird ganz schnell aus „pausenlos reden“ ein „sinnvolles Tun“, kann die Kommunikation belegen, wie wichtig sie als Schmierstoff für effiziente Prozesse im Unternehmen ist.
- Befähigen: Viele, diversifizierte Anspruchs- und Ansprechgruppen – das können die Berufskommunikatoren allein gar nicht wuppen. Aber wer, außer ihnen, sollte hier Plattformen und Multiplikatoren identifizieren (Monitoring!), Training organisieren (Service auf Twitter?), Unterstützung koordinieren? Auch hier werden m. E. wieder diejenigen profitieren, die intern verdrahtet sind und keine Scheu haben, zum Beispiel das Personalmanagement, die IT und Personalräte zu involvieren und als ihre Kommunikationsleistung nicht nur das Ergebnis, sondern vor allem den Prozess zu erkennen.
Thomas Pleil schreibt: „Mittelfristig sehe ich für gut ausgebildete Absolventen in der PR weiterhin sehr gute Einstiegsmöglichkeiten in interessante Jobs. Und einige von ihnen werden sich sicher auch im Lauf ihrer Karriere sehr gut entwickeln und in Managementrollen hineinwachsen.“ Ich würde mir von der akademischen Seite wünschen, den Studenten diese künftige Funktion nicht nur zuzutrauen, sondern sie stärker darauf vorzubereiten – sind sie erst einmal im Unternehmen, rutschen sie ansonsten viel zu schnell in die für sie vorgesehene Rolle hinein. Dazu gehört, nicht nur zum Beispiel in Sachen Social Media mehr relevantes Wissen zu vermitteln und Praxisbezug zu ermöglichen (bei Facebook und Co. lassen die „Greenhorns“ die alten Hasen in Sachen Praxiswissen ja regelmäßig alt aussehen), sondern auch eben dieses Rollenbild eines Kommunikationsmanagers stärker zu vermitteln. Dazu könnten bestimmte Inhalte gehören (z. B. Grundlagen BWL), Techniken (z. B. Moderation), aber häufig auch ein weniger devotes Selbstbewusstsein für das, was ein (guter!) Kommunikationsmanager tatsächlich leistet und Wert ist. Was ich meine, kann ich am besten anekdotisch erzählen: Gegen Ende meines Studiums (Aufbaustudium Kultur- und Medienmanagement für Absolventen quasi beliebiger Erststudiengänge) ermahnte uns die Dozentin für PR und Sponsoring, nicht unter einer Summe xy ins Berufsleben einzusteigen, wir seien immerhin für mittlere Management-Positionen ausgebildet und dürften die Marktpreise nicht versauen. Die Summe spielt keine Rolle- wichtig ist mir nur, dass die Juristen und BWLer unseres Jahrgangs nicht mit der Wimper zuckten, während ich (als Geisteswissenschaftlerin) beinahe vom Stuhl fiel bei dem Gedanken, dass meine Arbeit diesen – ideellen und wirtschaftlichen – Wert haben könnte. Bis dato war mir immer eher vermittelt worden, dass ich froh sein müsste, wenn ich irgendwo irgendwas schreiben dürfte im PR-Bereich. Die Frau heißt Manuela Rousseau, leitet bei Beiersdorf den Bereich CSR und ist damit wohl über jeden Traumtänzer-Verdacht erhaben und ich bin ihr bis heute für den kleinen positiven Ego-Schock dankbar.
Social Media Guidelines: Bewusstsein als Basis
2. August 2011 · von Melanie Schwarz · 2 Minute Lesedauer · Keine Kommentare
Kürzlich wurde K12 mit der Aufgabe betraut, Social Media Guidelines innerhalb eines internationalen Großkonzerns unter den zahlreichen Mitarbeiter zu verbreiten und zu vermitteln. Als derzeitige Praktikantin bei der Agentur für Kommunikation und Innovation schien mir das keine leichte Aufgabe zu sein. Umso mehr habe ich mich gefreut, dass ich dem zuständigen Team unterstützend zur Seite stehen durfte. Weiterlesen →
Guttenbergs Crowd. Oder: Wie das Web 2.0 politische Diskussionen verändert.
18. März 2011 · von Melanie Schwarz · 4 Minute Lesedauer · 1 Kommentar
Es kann nur ein Thema geben.
Politische Diskussionen in Deutschland kannten in den letzten Wochen fast ausnahmslos nur ein Thema: Die Plagiatsaffäre des ehemaligen Verteidigungsministers Karl-Theodor zu Guttenberg. Man debattierte über alle Gesellschaftsschichten und Medienkanäle hinweg über Recht und Unrecht, Moral oder Leistung des Ministers. Nichts Neues für ein demokratisches Land? Doch. Weiterlesen →
PR-Evaluation / Seminar, Media workshop
24. September 2010 · von Jörg Hoewner · 1 Minute Lesedauer · Keine Kommentare
Es sind noch Plätze frei!
Beim newsaktuell-Seminar PR-Erfolgskontrolle vermitteln wir, Oliver Plauschinat und ich, wie man Kommunikationswirkung messbar machen kann.
„Ob Kunde oder eigene Geschäftsführung: Für die PR-Arbeit ist es wichtig, ihre Wirksamkeit und Erfolge zu messen. Doch wie lässt sich die Kommunikationswirkung einzelner Maßnahmen oder ganzer Kampagnen kontrollieren? Was gibt es besonders bei der Dokumentation von Online-PR zu beachten? Wie setzt man Dashboards und Scorecards richtig ein, um den Überblick zu behalten? Dieser media workshop vermittelt Ihnen aktuelle Ansätze und Argumente für die PR-Evaluation.“
Perfekte Welle auf der stART 2010
13. September 2010 · von Carina Waldhoff · 6 Minute Lesedauer · 3 Kommentare
Donnerstag morgen, kurz vor elf in Duisburg und ich muss schmunzeln ob des tollkühnen Claims der diesjährigen stART 2010 – „Riding the Avalanche“ war mir bisher noch gar nicht aufgefallen. Da nimmt ja mal Jemand den Mund voll. Üblicherweise sorgen Lawinen doch eher für Grauen, Opfer, nasse Kälte; meine positivste Assoziation sind noch sabbernde Bernhardiner mit Whisky-Fässchen um den Hals.
Freitag abend, kurz nach fünf: Ganz seltsamer Effekt. Keine Spur von Müdigkeit oder Frust über vielversprechende und nichtssagende Vorträge wie so häufig nach solchen Veranstaltungen, sondern ein wohliger Flow – diese Konferenz hat sich über zwei Tage wirklich zur perfekten Welle gemausert und ich könnte gut noch ein Weilchen weitersurfen.
Nun, wer mich kennt, weiß, wie fern mir die uneingeschränkte Lobhudelei üblicherweise liegt. Darum sollte ich das wohl begründen (die Reihenfolge gibt dabei keine Priorisierung wieder):
- Getragen wurde die ganze Veranstaltung von einem wissbegierigen, teilnehmenden, diskussionsfreudigen Publikum – das versammelte Kulturvolk war weit von Schockstarre entfernt, sondern enorm gut gelaunt, produktiv und aufgeschlossen. Hier könnte sich so mancher Konzern mit einem Vielfachen an Ressourcen eine Scheibe Tatendrang und Mut abschneiden (Dieser Punkt gehört vielleicht doch ad eins).
- Die Organisation: Unglaublich, was drei vier Organisatoren „so nebenbei“ gewuppt haben – von der Anmeldung bis zum Tschüss-Sagen lief alles wie am Schnürchen, die Pausen waren lang genug, um nach Currywurst und Gesprächen wieder pünktlich in der Veranstaltung zu sitzen, fiel ein Vortrag aus, gab’s zwei neue zum Trost, aber vielleicht bilde ich mir das nur ein. Ein Wahnsinns-Aufgebot an Rednern, die alle sowohl die innere Stoppuhr laufen hatten als auch professionelle Präsentationen (bei meiner Auswahl zumindest). Ein Moderator (Frank Tentler), der grandios aufs Wesentliche pochte („nur schlechte Erfahrungen und was Sie daraus gelernt haben, bitte“) und das Publikum ins Gespräch holte. Einziger Kritikpunkt: Wie, bitte, soll man sich zwischen teilweise sieben guten Angeboten parallel entscheiden?!? Ich wurde gelegentlich zur Veranstaltungs-“Hopperin“, weil ich einfach nichts verpassen wollte. Diese fürchterliche Belastung massierte der freundliche Massage-Service zum Nachtisch weg, für lau.
- Die Inhalte. Ein Mix aus Best Practise, interessanten Geschäftmodellen, Diskussionen und wissenschaftlichen Diskursen. Selbst letztere waren keine selbstverliebten Exkurse, sondern hatten ein „Versöhnungsbedürfnis“ (Patrick Breitenbach, „Kulturkommerzialisierung ohne Gesichtsverlust“) oder fokussierten auf den gesunden Menschenverstand, dem überhaupt immer wieder gehuldigt wurde in diesen zwei Tagen („Don’t ask me to marry you after the first date“ – Marc van Bree: „A framework for Social Media Strategy“, eines meiner Highlights, oder auch Frank Tentlers gebetsmühlenartiges „Sie kommunizieren da mit ECHTEN MENSCHEN“). Scheinbar dröge Stoffe wie „Recht in Social Media“, von Henning Krieg unterhaltsam auf Praxistipps eingedampft. Die Erinnerung daran, worum es geht, nämlich den Abstand zu verringern zwischen Sender und Empfänger, was super geht mit einem Gerät wie dem iPhone, das man am Körper trägt und „sogar streichelt“ (Carsten Winter in seinem Eröffnungsvortrag. Von ihm auch das schöne Beispiel für „Ausdifferenzierung in der Kultur“ anhand des Fernsehens: Irgendwann einmal war es eine Herausforderung, regelmäßig ‚Bonanza‘ zu sehen. Dann wurde es schon schwieriger, dank ‚Dallas‘ („plötzlich waren da Frauen!“). In den Achtzigern `’Miami Vice‘ (wer ist gut, wer, ist böse?) und irgendwann dann ’24‘ (alle sind alles, und das gleichzeitig).
Was bleibt von der StART 2010?
Ein paar Eindrücke, die sich noch sortieren wollen:
- Neues Selbstbewusstsein für „weiche“ Erfolgsfaktoren (Nicole Simon: „Wenn Sie einen Zahlenmenschen vor sich haben, geben Sie ihm irgendwelche Zahlen zum Spielen, beschäftigen Sie ihn“): „Earning Attention“ ist beinhart, alternativlos und gelingt nur, wenn die Ziele klar sind. Marc van Bree brachte diese nachhaltige Erfolgsorientierung mit dem Tipp „define a mission statement inspired goal“ auf den Punkt. Eine „harte“ Zahl fiel bei Christoph Müller-Girod: 14 Prozent Besucherzuwachs bei den Duisburger Philharmonikern nach nur einem halben Jahr Social Media-Engagement; ergänzend zum mitschwingenden weichen Ziel „mehr junge Zuschauer zwischen den Silberrücken“.
Die Erkenntnis, dass die meisten der Teilnehmer im letzten Jahr unglaublich viel gelernt haben – hauptsächlich durch Fehler (eine neue Fehlerkultur in deutschen Unternehmen und Institutionen? Ein Traum …). - Der auszuhaltende Gegensatz zwischen Bedrohungen (auch durch profanes „Abwarten“) und Möglichkeiten, die man aber auch erst einmal sehen muss („ALLOW people to become your evangelists!“- Shelley Bernstein). Ein kultureller Clash innerhalb der Institutionen, der auch schon einmal dazu führt, dass Marketingleiter nach enorm erfolgreichen Projekten wie der „Opera en el Mercado“ des Palau de les Arts in Valencia gefeuert werden, weil die Altvorderen jeglicher positiver Resonanz zum Trotz glauben, so viel Popularität passe nicht zu ihnen.
- Die, für mich etwas ernüchternde, Einsicht, dass absurderweise niemand von der Vielfalt im Social Web so sehr profitiert wie die Wannabe-Monopolisten – keine Netzwerkaktivität ohne Facebook, keine erfolgversprechende App an iPod vorbei.
Und schließlich: Ein Haufen Videos, Präsentationen etc. zur stART hier und hier (Social Media Newsroom).
Aktualisierung 14.10.: das Echtzeit-Archiv mit Blogposts, Bildern, Präsentationen etc hier: http://bit.ly/stART10