Unternehmenskommunikation

Euroblog 2006: “Public Relations and social software” – Bericht Teil 2: Case Studies

20. März 2006 · von Jörg Hoewner · 3 Minute Lesedauer · 1 Kommentar

Autor: Jörg Hoewner (Fortsetzung) Danach gibt es weiter mit einigen Case Studies: Michael Schuster von der Wiener Agentur „Knallgrau“ stellte das Projekt Anarctica2005.com vor. Ein sehr interessantes Projekt, das von der Bank Austria gesponsert wurde. Dabei ging es darum, dass sich der Österreicher Wolfgang Melchior zu Fuß auf dem Weg zum Südpol gemacht hat und dabei live aus den einzelnen Etappen berichtet hat. Das Besondere war, dass die Berichte über ein Satellitentelefon abgegeben wurden und dann als Podcasts abgerufen werden konnten. Fragen der Nutzer, Feedback usw. wurde ebenfalls über das Telefon an den Abenteurer übermittelt. Laptops, PDA hätten bei Temperaturen bis zu -50 Grad schlicht den Geist aufgegeben. Ein schönes Projekt. Es generierte dabei über 32.000 Visits, 150.000 Page Impressions. Ca. 25% der Abrufe kamen via RSS. Da es 186 Kommentare gab zu 44 Posts (Casts?), komme ich auf eine Kommentarrate von 0,6% gemessen an den Visits. Simone Happ von T-Systems Multimedia Solutions in Dresden präsentierte das Projekt catablog.de, ein Corporate Blog, mit dem hauptsächlich Personen angesprochen werden sollten, die sich für E-Procurement interessieren. Im Gespräch mit Simone Happ wurde klar, dass eine transparente Unternehmenskultur und Rückendeckung durch einen CEO (oder sonstwie-Chef) mitentscheidend sein kann, wenn es darum geht, Unternehmen für das Relationship-Building zu öffnen. Der Medienwissenschaftler Steffen Büffel ging auf Weblog-Strategien von Printverlagen ein und nahm dabei die Blog-Strategie des „Trierischen Volksfreund“ (http://blog.intrinet.de) unter die Lupe. Der „Volksfreund“ betreibt nicht nur Journalisten-Blogs, sondern bietet den Lesern einen Blog-Hosting-Service an, den bisher schon 250 Menschen aus der Region nutzen. Neben der sehr schönen Präsentation war die anschliessende Diskussion interessant, bei der um folgende Fragen ging: Lässt sich über Leser-Involvement der Trend zurückgehender Abonnenten- und Leserzahlen umkehren? Wie lässt sich damit Geld verdienen? Wie sieht überhaupt die Zukunft der Tageszeitung aus? Steffen führt ein interessantes Blog namens „Media Ocean“. Den Abschluss des Freitags bildete der Vortrag von Trine-Maria Kristensen (http://www.socialsquare.dk/) und Børge Kristensen (Uni Kopenhagen): Hier ging es um Blog-Usability und die Frage, ob es generell blog-spezifische Usability-Issues gibt. Hier entzündete sich geradezu eine hitzige Diskussion, ob dem so sei (ohne die Frage am Ende auflösen zu können). Für mich habe ich mitgenommen:

  • Die Akzeptanz von Blogs durch „Normalo-Internet-Nutzer“ ist noch nicht soo berauschend.
  • Ein Grund könnte (!) sein, dass viele Blogs noch sehr stark wie für Spezialisten / Nerds gemacht daherkommen: Das Thema wird nicht ganz klar, bestimmte Funktionen wie „Trackbacks“, „Permalinks“ und „RSS“ tragen nicht unbedingt zur Allgemeinverständlichkeit bei.

Und weiter geht´s dann morgen…

Euroblog 2006: „Public Relations and social software“ – Bericht Teil 1

19. März 2006 · von Jörg Hoewner · 5 Minute Lesedauer · 1 Kommentar

Autor: Jörg Hoewner
Euprera (European Public Relations Research and Education Association) und die MFG Baden-Württemberg (vertreten durch Ansgar Zerfass) haben gemeinsam am 16./17. März in Stuttgart ein Symposium mit dem Titel „Public Relations and social software“ veranstaltet. Eine Reihe von Experten aus Wissenschaft und Praxis nutzten die Gelegenheit, um eine Auswahl von Studien, Einsichten und Fallbeispielen zu präsentieren und zu diskutieren.

Insgesamt hat mir die Veranstaltung sehr gut gefallen, vor allem die Diskussionen im Plenum und während der Pausen / am Abend waren sehr lebhaft und zum Teil sehr kontrovers. Ein bisschen fehlte mir die Ansprache von anderen Social Software-Anwendungen als Blogs, denn Blogs standen definitiv im Zentrum der Debatte, wenn auch hin und wieder Wikis und Wikipedia genannt wurden.

Während der Veranstaltung kam mir immer wieder eines meiner Lieblingszitate aus meiner Magisterarbeitszeit in den Kopf (aus einem für mich sehr einflussreichen Buch):

„The challenge is not to make statements but to ask questions. The imagologist does not trade securities, but trafficks in insecurities. When the currency of the realm is insecure, the economies of reflection are constantly shifting.“ (In: Mark C. Taylor / Esa Saarinen: Imagologies. 1994)

Oder: Ich habe nicht unbedingt viele Antworten mitgenommen, als viele entscheidende Fragen, die, da bin ich mir sicher, unsere Branche in den nächsten Jahren prägen werden…

Leider war ich zu bequem, um die Veranstaltung live zu dokumentieren, dafür versuche ich jetzt einmal die Highlights aus meiner Sicht zu skizzieren. Links zu den Vorträgen als PDF-Download werden übrigens nachgeliefert.
Nach einer kurzen Begrüssung begann Elisabeth Albrycht mit ihrer Keynote „Weblogs and participatory communications: A theoretical framework.“ Sie warf einige interessante Thesen und Fragen auf:

  • Wie können Blogs in Kommunikationsstrategien integriert werden? Das Problem: Unternehmen sind auf die neue partizipatorische Kommunikation in keiner Weise vorbereitet. Umweltinformationen werden gefiltert und führen dazu, dass Unternehmen an ihren Stakeholdern vorbeikommunizieren. Die Stakeholder kommunizieren aber – ob es das Unternehmen will oder nicht – über das Unternehmen, seine Produkte etc.. Das wiederum führt zu einem massiven Vertrauensverlust der Unternehmen (was sich ja auch nachweisenlässt), da die Wahrnehmungslücke nicht geschlossen wird (dazu auch mein Beitrag „Apple goes Intel: Kundenkommunikation goes wild„).
    Diese Fragen folgen daraus:
    Wie können Unternehmen (oder Organisationen) in solchen Netzwerkstrukturen Beziehungen aufbauen? Welche Rolle spielen dabei Open source-Prinzipien, wie das Geben und Nehmen von Benefits. „Ich trage etwas zur Community bei“ und gewinne daraus.
  • Die Frage wurde aufgeworfen, wie „Meme“ (siehe dazu Notizen von Elisabeth) in solchen Netzstrukturen diffundieren, welche Rolle spielen sie?
  • Welche (messbaren) Effekte haben solche dialogische Beziehungen? Unmittelbar nutzen Organisationen die Intelligenz von Netzen, um diese als Frühwarnsystem für Entwicklungen zu nutzen, um das Wissen zu nutzen oder um Dinge gemeinsam zu bearbeiten (Co-Creation). Die Frage: Bringt mir das Relationship Building neue Kunden? Was ist messbar? Zu ROIs von Blogs usw. gibt es nur anekdotische Erkenntnisse, nicht wirklich harte Fakten. Hier sind wir also genauso weit wie bei der ROI-Messung von Content-Angeboten.
  • Welche Rollen werden PR-Verantwortliche hier einnehmen in der Zukunft? Chief Networking Officers?

Elisabeth hat übrigens in ihrem CorporatePR-Blog eine Auswahl von Vorträgen kommentiert.

Swaran Sandhu und Philip Young (Uni Hohenheim bzw. University of Sunderland; Philip führt übrigens ein Blog namens „Mediations“) haben die Ergebnisse der Euroblog 2006-Studie vorgestellt und interpretiert. Es wurden knapp 600 PR-Profis über ihre Ansichten über Blogs als PR-Tool befragt. Über die Studie wurde in der Blogosphere schon viel berichtet, daher möchte ich nur auf einige auffällige Punkte eingehen:

  • Wichtige Hindernisse auf dem Weg zum Corporate Blog sind die Integration in eine Kommunikationsstrategie, das Problem, wie Diskussionen etc. kontrolliert werden können und die Frage, ob die Contentproduktion handlebar ist.
  • Viele legen eine Me-too-Haltung an den Tag (die anderen haben eins, also müssen wir auch eins bauen)
  • Ignoriert wird dagegen der Gedanke, dass Relationship Building über Bloggen auch wertvolles Wissen für Unternehmen generieren könnte.

Für mich ist dabei die Bottom-line: Das Verständnis ist in der PR noch nicht soo weit entwickelt (Nov 2005, Zeitpunkt der Umfrage, ist allerdings auch schon wieder was her): Es gibt zwar ein neues Tool, es nicht noch nicht klar, wie man es nutzen kann: Der Grundgedanke der Bildung von dialogischen Beziehungsnetzen passt einfach noch nicht in das vorhandene System „Public Relations“.
Morgen geht´s weiter…

Manuals: Häufig vergessene Kommunikationsmittel

14. März 2006 · von Jörg Hoewner · 2 Minute Lesedauer · 2 Kommentare

Autor: Jörg Hoewner

Ob fürs Auto, den MP3-Player, den Old-School-VHS-Videorecorder: Manuals, Bedienungsanleitungen, Arzneimittel-Packungsbeilagen sind ein notwendiges Mittel, um Basics und komplexe Tasks in der Bedienung eines Gerätes, von Handgriffen und Handlungen usw. zu vermitteln. Das Problem: Viele sind einfach schlecht gemacht: Unverständliche Übersetzungen, unverständliches Technik-Kauderwelsch, Ignorieren von relevanten Fragen. Wer kennt das nicht? Je nach Erfahrungen und Vorbildung von Anwendern kann das zum richtigen Problem werden.
Vielleicht sollten sich die Manualbastler ein paar Anregungen bei britischen Entwicklungshelfern holen. Inspirierend ist die Herangehensweise, aber auch die sehr visuelle Umsetzung. Für eine schwierige Manualzielgruppe: Analphabeten. Und zu komplexen Themen, wie z.B. Ackerbau, Zaunbauen. Die Schritte:

  1. Recherche (Feldstudie): Was muss eigentlich erklärt werden? Nicht vom Gegenstand, vom Menschen aus denken. Das scheint häufig zu fehlen.
  2. Illustration und Umsetzung: Ok, Standard, allerdings liegt hier der Fokus auf Visualisierung.
  3. Produktion: Ebenfalls Standard.
  4. Evaluation: Wie funktioniert eigentlich das Manual? Erfüllt es seinen Zweck? Wie kann man es verbessern?


Vodcasting in der Unternehmenskommunikation?

26. Februar 2006 · von Jörg Hoewner · 2 Minute Lesedauer · Keine Kommentare

Autor: Jörg Hoewner

Mit Interesse habe ich die Beiträge von Prof. Dr. Thomas Pleil („Vodcasting in der Unternehmenskommunikation“) und PR-Blogger Klaus Eck („Vodcasting im Trend“) über Vodcasting gelesen („Vodcasting“ ist im Prinzip „Podcasting“ mit Videos). Demnach sei Vodcasting ein absehbarer Trend in Marketing und Unternehmenskommunikation. Thomas Pleil bringt dazu anschauliche Anwendungsbeispiele wie Mitarbeitermagazin-Vodcasts, Schulungs-Vodcasts, etc..
Ich sehe in der Argumentation den Punkt und ich sehe auch viele Anwendungsmöglichkeiten.  Trotzdem bin ich einigermassen skeptisch, dass es sich gerade in PR-affinen Bereichen breit durchsetzen wird:

Vodcasting erfordert – wie Thomas Pleil schreibt – „ein kontinuierliches Angebot“, d.h. einen langen Atem. Nun ist Vodcasting im Vergleich zu Podcasting und erst recht zu Blogging wesentlich aufwendiger, möchte man professionell wirkende Ergebnisse erzielen. Wer mag sich – abgesehen von den vielen Funvideos – wirklich schlecht vertonte oder schlecht ausgeleuchtete  Mitarbeitermagazine oder Schulungsvideos reinziehen (auch wenn es Interaktionsmöglichkeiten gibt)? Professionalität ist hier teuer.  Und für ein kontinuierliches Vodcasting-Angebot multipliziert sich das. Kurzum: Das „Sustainability“-Problem, welches Blogs, Podcasts oder gute Periodika haben, verstärkt sich hier.

Daher wäre meine Trendprognose, dass Vodcasting eher eine Nischenanwendung werden wird und auch hier eher von finanziell gut situierten Unternehmen oder aber von besonders spezialisierten und engagierten Kommunikationsfachleuten genutzt wird.

Ich werde trotzdem bei passender Problemstellung versuchen, eine solche Lösung zu verkaufen. 😉

Ein „lebender“ Jahresbericht

17. Februar 2006 · von Jörg Hoewner · 2 Minute Lesedauer · Keine Kommentare

Autor: Jörg Hoewner

Nach dem „Persönlichen Jahresbericht“ bin ich auf eine weitere gute Idee gestossen: Den „Living annual report“. Die Idee stammt von „lgr“, der Knowledge & Research-Chefin von Burson-Marsteller.

Der Ansatz ist: Der Jahresbericht wird nicht mehr von Kommunikationsabteilungen oder Agenturen geschrieben, sondern von den (passenden) Mitarbeitern im Unternehmen selbst über eine entsprechende Plattform.

Warum sollte man das tun? Ein Argument dafür sind die Ergebnisse aus dem aktuellen Edelman Trust Barometer, Richard Edelman schreibt dazu:

„the most profound finding of the 2006 Edelman Trust Barometer is that in six of the 11 countries surveyed, the „person like yourself or your peer“ is seen as the most credible spokesperson about a company and among the top three spokespeople in every country surveyed. This has advanced steadily over the past three years.“

Ein Annual Report – trust enhanced version?

Ich bin gespannt, wann BM hierzulande den ersten „lebenden“ Jahresbericht vorstellen kann. Ich kann mir die Bedenken von Kommunikationsverantwortlichen und Vorständen lebhaft vorstellen…  Fände es aber gut, wenn ich positiv überrascht werde.
Verwandte Beiträge dazu:
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Trendwatch: Personal Annual Report