Communications 4.0: Wird Cyber-PR Wirklichkeit? Und ist das überhaupt gut?
7. November 2016 · von Jörg Hoewner · 5 Minute Lesedauer · Keine Kommentare
Mit dem Beitrag „Communications 4.0 – der Aufstieg der kognitiven PR-Maschinen“ hat Armin Sieber skizziert, wie Kommunikationsarbeit in Zukunft durch Maschinenunterstützung weiterentwickelt wird (können wird?). In die Details und die einzelnen Lösungen wird noch einzugehen sein… Aber schauen wir uns zuerst die Begrifflichkeiten an: Neben dem Begriff „Cognitive PR“ sind noch weitere Begriffe für eine digitalisierte Kommunikationsarbeit im Umlauf, darunter „PR-Automation“, „Data-driven PR“ oder „Watson-PR“, benannt nach der von IBM entwickelten KI-Lösung. All diesen Begriffen gemein ist, dass sie den Fokus verstärkt auf die Werkzeug- bzw. Prozessebene der Kommunikationsarbeit legen. Will sagen: Anders als Modelle wie „Verständigungsorientierte Kommunikation“ (Burkart), „Two-sided communications“ (Grunig/Hunt) oder „Cluetrain-PR“ (Pleil) steht nicht die kommunikative Beziehung zu den Stakeholdern selbst im Vordergrund, sondern die (technisierte) Art und Weise, wie diese Beziehungen vorbereitet werden, zustande kommen und bewertet werden. Ich möchte gerne einen weiteren Begriff in den Raum werfen und dieser ist für „alte“ Online-PRler wie mich eher ein alter Hut, der allerdrings jetzt erst richtig Sinn macht: Der Begriff „Cyber-PR“ wurde ab Mitte / Ende der 1990er benutzt, als alternative Bezeichnung von Online-PR / Digitale PR / Online Relations. Er hat nicht die gleiche Verkehrsgeltung erlangt wie diese Begriffe, aber er war etwas aufmerksamkeitsstärker, weil er Assoziationen zu „Cyberspace“ geweckt hat… Das klang damals geheimnisvoll, ultramodern und es ließen sich Bücher und Agenturleistungen damit verkaufen. Gemeint war damit PR im Internet. Und damit passte der Begriff „Cyber“ eigentlich nur bedingt. Denn „Cyber“ kommt von „Cybernetics“. Mit „Kybernetik“ ist die „die Wissenschaft der Steuerung und Regelung von Maschinen, lebenden Organismen und sozialen Organisationen und wurde auch mit der Formel „die Kunst des Steuerns“ beschrieben.“ Kybernetische Anwendungen sind feedback-basiert, d.h. Teilergebnisse des Systems werden zur Steuerung des Systems neu eingespeist. Die gute, alte Internet-PR mit ihren Websites und Social Media nutzt jedoch diese Feedback-Mechanismen nur bedingt. Zwar werden User-Feedback oder Web Analytics zur Steuerung eingesetzt. Aber noch viel zu wenig, um schon von Kybernetik zu sprechen – Steuerungsentscheidungen werden nach wie vor vor allem von Menschen getroffen und am Ende in Handarbeit umgesetzt. Mit zunehmender Automatisierung, d.h. mit dem Einsatz von Algorithmen in Form von Künstlicher Intelligenz und mit daten-getriebener Automatisierung wird jedoch diese Verantwortung deligiert: Nicht die manuelle Recherche oder der Verstand entscheidet, wer Influencer ist, sondern intelligente Monitoringdienste schlagen vor, wer es ist (von den anderen, die durchs Raster fallen, wird man nie erfahren). Standard-Dialoganfragen in Communities werden durch Bots beantwortet und nicht mehr durch den Community Manager. Nicht der PR-Manager entscheidet, wo eine Content-Einblendung erfolgt, sondern Targeting-Algorithmen. Und die Ergebnisse in Form einer Erfolgskontrolle werden zur kontinuierlichen Optimierung verwendet. Und das alles zeitnah oder in quasi-Echtzeit. Das ist kybernetisch bzw. „Cyber-PR“. Ist diese kybernetische Form der Kommunikation, die Cognitive PR / Cyber PR im Wettbewerb zur Cluetrain-PR oder zu „two-sided“ communications zu sehen? Nein, denn sie ist ein Antwortversuch auf die Anforderungen, die sich aus der Cluetrain-PR ergeben. Aus einem symmetrischen und dialogischen Kommunikationsverhältnis ergibt sich, dass die Komplexität der Kommunikationsbeziehungen einer Organisation zu ihren Stakeholdern wächst und diese somit immer schwieriger zu bewerkstelligen ist. In der Theorie ist die automatisierte Kommunikation somit ein Enabler für Cluetrain-PR, indem sie vorgibt, die persönliche Beziehungsarbeit zu fördern, während an anderer Stelle eine Entlastung von vermeintlichen Routinen stattfindet bzw. Effizienzpotentiale gehoben werden. PR-Automatisierung als Heilsbringer? Was ich aus Praktikersicht nachvollziehen kann, wirft aus Stakeholder-Sicht große Fragezeichen auf: Ist so eine Kommunikation mit Bots und eine Interaktion mit Robot-Texten noch Kommunikation oder nur der Anschein einer Kommunikation (oder: Was hat das noch mit Cluetrain zu tun)? War der persönliche Austausch mit Community Managern auf irgendwelchen Facebook-Seiten nur eine Zwischenphase in der Social Media-Adoleszenz? Und wird man nun als Nutzer (oder „einfachen Kontaktaufnahmen“ von Journalisten, wie Joachim Klewes hier schreibt) mit bot-generierten Standardantworten abgespeist, wie weiland bei Telefonhotlines? Oder ist mir das als Nutzer egal, weil ich sowieso meine persönlichen Agenten losschicke, der sich mit den Bots rumärgern sollen. Wir sollten über die Antworten gut nachdenken.
Buchtipp: „Strategische Onlinekommunikation“ von Thomas Pleil / Olaf Hoffjann (Hg.)
16. September 2016 · von Jörg Hoewner · 5 Minute Lesedauer · 1 Kommentar
Untertitel: „Theoretische Konzepte und empirische Befunde“
Kurzverdikt: Pflichtlektüre
Im von Pleil / Hoffjann herausgegebenen Beitragsband kann man über 14 Beiträge sein Theoriewissen bezüglich Onlinekommunikation / Online-PR / PR aktualisieren bzw. auf den neuen Stand halten.
Im Buch werden drei Themenschwerpunkte gesetzt: Dialog, Risiko und Innovation, wobei die Teilüberschriften „Überschätzter Dialog“, „Überschätztes Risiko“ und „Überschätzte Innovationskraft“ eigentlich schon die Kernaussagen der einzelnen Beiträge zusammenfassen.
In „Überschätzter Dialog“ wird aufgezeichnet, wie Dialog als Zweck von Onlinekommunikation von Organisationen als Anspruchshaltung formuliert, aber nur selten eingelöst wird: Meist scheitert der Dialog daran, dass die von Organisationen ausgesendeten Signale bzw. Kommunikationsofferten eher informativ / monologisch ausgerichtet sind und daher wenig Anlass zu Dialog liefern.
In „Überschätztes Risiko“ wird auf die Shitstorm-Problematik eingegangen, bzw. den Shitstorm als wahrgenommenes Risiko. In den beiden Beiträgen werden tatsächlich empirische Befunde beigetragen, die die Risikowahrnehmung in Bezug auf Resonanzeffekte oder „Digital Spillover“-Effekte (Diffusion in die Massenmedien) stützen. Offen bleibt jedoch, inwieweit wirklich ein nachhaltiger Imageschaden oder gar ökonomischer Schaden verursacht.
Neu für mich war, dass der Begriff „Shitstorm“ in diesem Zusammenhang – ähnlich wie der Begriff „Handy“ – ein rein deutsches Konstrukt ist (bzw. von Sascha Lobo geprägt sein soll). In den USA wäre man vom Begriff eher konsterniert – der analoge Begriff hier heißt „Online Firestorm“. 😉
In „Überschätzte Innovationskraft“ wird auf die Diffusion von Social Media-Innovationen in Organisationen eingegangen: Inwieweit wird deren Einführung strategisch und systematisch angegangen wird. Weiterlesen →
Buchtipp: „Digital Storytelling“ von Dieter Georg Herbst / Thomas Heinrich Musiolik
31. August 2016 · von Jörg Hoewner · 2 Minute Lesedauer · 1 Kommentar
Untertitel: Spannende Geschichten für Interne Kommunikation, Werbung und PR
Kurzverdikt: Lesenswert und inspirierend
Das Thema „Storytelling“ ist en vogue, gerade in den letzten 2-3 Jahren ist das Angebot an Titel rund um „Digitales Storytelling“, „Storytelling für Unternehmen“, „Storytelling in Werbung und PR“ oder „Visuelles Storytelling“ sprunghaft angestiegen.
Insofern erwartet man nicht viel Neues, wenn man das kleine, 160S. umfassende Büchlein in den Händen hält. Komprimiert werden dementsprechend die Basics behandelt, also, was macht Geschichten aus? Wie ist ihr Aufbau, wie entwickelt mal eine Geschichte, etc..
Spannender wird es, wenn Herbst und Musiolik auf die Besonderheiten des digitalen Storytelling eingehen. Hier entwickeln sie ein einfaches, aber mächtiges Raster, dass einem hilft, strukturiert über das Thema nachzudenken: Weiterlesen →
Tipp: 67 Lieblingslinks für Agenturmenschen
22. Juni 2016 · von Verena Waldbröl · 10 Minute Lesedauer · 4 Kommentare
In einer Kommunikationsagentur wie K12 haben wir grundsätzlich alle dieselben Interessen: Wir wollen wissen, was sich in der Branche tut, wollen über Trends, Player und aktuelle Entwicklungen auf dem Laufenden bleiben. Wir sind aber nicht nur K12, sondern auch Redakteure, Kommunikationsberater, Grafik- und Webdesigner, Projektmanager, Social Media Manager und IT-Nerds. Wer uns in die Bookmarks und Postfächer schaut, kann sich stundenlang in spannende Online-Magazine vertiefen und hat sich am Ende einen recht guten Überblick über die Branche verschafft. Heute verraten wir unsere Lieblingslinks und -newsletter. Ergänzungen ausdrücklich erwünscht!
Neu im Team: Zehn Fragen an Arne Müller
7. Dezember 2015 · von Maike Liess · 2 Minute Lesedauer · Keine Kommentare
Fünf Jahre Einzelkampf mit globalem Lokalkolorit. Davor jahrelange Agenturarbeit im Zeichen der Freude am Fahren auf zwei und vier Rädern. In Düsseldorf – aber auch an so exotischen Orten wie Dubai, Bangkok, Peking, Seoul und Köln-Ehrenfeld.
Wo liegt deine Superpower? Weiterlesen →
